Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung
sich auf Kanthers Einladung eingelassen.
Nur würde er den Ablauf dieser Zusammenkunft zu seinen Gunsten ändern.
*
Kanther hatte nichts bestellt. Trotzdem steuerte der Barmann im Kombucha zielstrebig auf ihn zu und reichte ihm ein schnurloses Telefon. »Herr Kanther? Ein Anruf für Sie.«
Ratlos starrte er zuerst das Telefon, dann den Mann an. Wer wusste, dass er sich um diese Zeit schon in dem Lokal befand? Die Polizei hatte er erst für halb vier herbestellt, oder sie ihn, aber was machte das schon für einen Unterschied. Er hatte sich eine Stunde mit Rittka alleine verschafft. Jetzt war es zwei Uhr nachmittags.
Rittka kannte seinen Aufenthaltsort. Die Panik stieg in Kanther hoch, raubte ihm den Atem. Er nahm das Telefon und meldete sich.
»Hallo, Martin?«
Er erkannte die zitternde Stimme nicht gleich.
»Ich habe unseren Termin leider … vergessen. Aber Herr …« Im Hintergrund eine Männerstimme.
»… Herr Rittka war so freundlich, mich abzuholen. Wir sind schon so gut wie auf dem Weg.«
Es ist Suse. Rittka ist bei ihr.
Kanthers Gedanken überschlugen sich. Sie wird sich zu Tode ängstigen. Was hat er vor? Warum ist er in die Agentur gefahren? Natürlich hatte er seiner Agentin nichts von dem geplanten Treffen mit Rittka erzählt. Er hatte ihren Namen nur als Vorwand benutzt, um ihn anzulocken. Diese Sache ging nur Rittka und ihn an.
Wenn er es recht bedachte, hatte er ihren Namen Rittka gegenüber auch gar nicht erwähnt. Woher wusste er von Suse?
Kanthers Versuch, Ordnung in das gedankliche Chaos zu bringen, wurde jäh unterbrochen.
»Soll ich … Frau Winter vom … Börsenverein anrufen, soll sie auch noch an der Besprechung teilnehmen?«
Was redet sie da? Was für eine Frau Winter vom Börsenverein?
Ach ja, Nora Winter. Er hatte sie und die Tatsache, dass Wilfried ihr Vater war, an diesem denkwürdigen Morgen Suse gegenüber erwähnt. Aber im Beisein von Rittka konnte sie kaum fragen, ob sie die Polizei einschalten sollte.
»Nein«, erwiderte er und bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Frau Winter ist bereits infor…« Ganz kurz ertönte wieder die männliche Stimme im Hintergrund, dann brach die Verbindung ab.
Kanther sprang vom Stuhl auf und brachte dem Barmann das Telefon zurück. Er musste sich mit beiden Händen am Tresen festhalten, weil er Angst hatte, die Knie würden unter ihm nachgeben.
Die Sache begann, aus dem Ruder zu laufen. Und das, bevor sie richtig begonnen hatte .
Hinter dem jungen Mann, der mit lauten Schlägen das nasse Kaffeemehl aus dem Siebträger klopfte, befanden sich lange Reihen mit Flaschen. Sie trugen die handelsüblichen Bezeichnungen: Whisky, Weinbrand, Trester, Likör – allesamt hochwirksamer Stoff.
Kanther fühlte sich elend wie ein Delinquent auf dem Weg zum Schafott. Er sah sich misstrauisch um. Dann warf er alle Hemmungen über Bord und bestellte einen doppelten Kognak.
*
Statt zum vereinbarten Treffpunkt zu fahren, hatte der Schüler Kanthers Agentin in ihrem Büro aufgesucht, um sie abzuholen. Eine Machtdemonstration, die dem Mentor deutlich machen sollte, wer die Kontrolle über den ›kreativen Prozess‹ innehatte.
Erst hatte sie sich überrascht gezeigt. Unverbindlich. Er hatte den Zweck seines Besuchs genannt und zugesehen, wie sie die Fassung verlor. Sie wusste, wer er war, Kanther hatte es ihr offenbar gesagt. Frau Pollock entschuldigte sich, ein kurzes Telefonat, sie käme sofort. Er ignorierte die Einladung ihrer Sekretärin, im Vorzimmer Platz zu nehmen, sondern folgte Pollock in ihr Büro, ein Raum, der annähernd die Größe eines Ballsaals aufwies, mit einem modernen Kronleuchter an der Decke. Pollock sah sich gehetzt nach ihm um, machte aber keine Anstalten, ihn hinauszuwerfen.
Er schloss die Tür hinter sich und während sie wie versteinert dastand, diktierte er ihr ruhig, was sie zu sagen hatte. Es war nicht nötig, ihr zu drohen.
Sie wählte eine Nummer, fragte nach Kanther. Entschuldigte sich dafür, das Treffen vergessen zu haben. Erwähnte eine Frau Winter vom Börsenverein.
Er hätte nicht erklären können, warum, aber die Nennung des Namens Winter wirkte wie ein Stromschlag auf ihn. Vor sich sah er die junge Frau, der er bis zum Polizeipräsidium und danach bis zu ihrer Wohnung gefolgt war. Eine Welle der Erregung ergriff ihn. Er trat einen Schritt vor, Pollock hatte ihm den Rücken zugedreht. Mit dem Hörer am Ohr schien sie auf eine Antwort zu warten.
Keine Polizei, wollte er sagen, aber er brachte nur ein
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