Tödliche Gier
verkaufen. Verleiten ist, wenn die Cops jemanden dazu anstiften, die Gesetze zu brechen. Ich ermuntere sie nicht zum Stehlen. Das haben sie bereits getan.«
»Aber sie werden den Braten riechen. Du erwähnst einen Juwelier. Sie versetzen das Zeug, und kurz darauf werden sie verhaftet und ins Gefängnis geworfen? Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Dann ist es zu spät. Dann sitzen sie bereits hinter Gittern.«
»Und wenn sie eine Kaution stellen? Sowie sie rauskommen, machen sie sich auf die Suche nach dir.«
»Ach komm, Henry. Halt mich nicht für ganz bescheuert. Ich platze ja nicht damit heraus und sage: >He, hat vielleicht irgendjemand gestohlenen Schmuck, den er an diesen Kerl verhökern will?< Ich lasse mir eine Geschichte einfallen, etwas Plausibles.«
»Wie zum Beispiel?«
»Ich weiß es nicht. Den Teil habe ich mir noch nicht ausgedacht.«
Grimmig lehnte sich Henry zurück und starrte mich an. »Wie oft haben wir schon ein derartiges Gespräch geführt? Du kommst mit einem hirnrissigen Plan an. Ich bestürme dich, die Finger davon zu lassen, aber du ziehst los und tust es. Du findest jedes Mal eine Ausrede, um dein Verhalten als vernünftig hinzustellen.«
»Das tut jeder.«
»Um so schlimmer«, entgegnete er. »Ich sage es dir einmal, und ich schwöre, dann erwähne ich es nie wieder. Lass es sein. Misch dich nicht ein. Es ist nicht deine Sache.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich es tue.«
»Wie willst du überhaupt den Safe finden? Dazu musst du ja ins Haus kommen.«
»Tommy ist schon einmal mit mir hinaufgefahren. Ich brauche ihn nur zu überreden, mich noch einmal mitzunehmen.«
»Was er auch tun wird — in der Hoffnung, dir an die Wäsche gehen zu können.«
»Damit werde ich schon fertig.«
»Aber warum willst du das Risiko eingehen? Ich finde, du solltest mit keinem der beiden allein sein.«
»Ich möchte ja nicht leichtfertig klingen, aber ich habe schon wesentlich Schlimmeres mit wesentlich weniger Rechtfertigung getan.«
»Allerdings.«
»Henry, ich verspreche dir, dass ich nichts überstürze. Ich habe mir noch nicht mal überlegt, was ich sage... du weißt schon, vorausgesetzt, ich nehme den Auftrag an.«
»Warum willst du dir das antun? Du kannst dein Geld auch auf andere Weise verdienen.«
»Hier geht es nicht um Geld. Ich finde nur, dass niemand ungestraft mit Mord davonkommen darf.«
»Das ist doch nicht deine Aufgabe. Wenn die Polizei genügend Beweise hätte, wären die Heveners schon damals festgenommen und verurteilt worden. Es gab eben keine Beweise. So funktionieren die Gesetze. Halt du dich da raus. Bitte.«
»Weißt du was? Die Sache reizt mich aus genau demselben Grund, aus dem es dich reizt, Rosie zu helfen. Weil du nicht widerstehen kannst. Pass auf, wir machen es so: Du willst, dass ich mich da raushalte? Dann halt du dich aus Rosies Angelegenheiten raus, und wir sind quitt.«
»Es ist weder illegal noch gefährlich, einer kleinen alten Dame dabei zu helfen, die Arztrechnungen ihrer Schwester zu bezahlen.«
Da hatte er Recht, aber ich weigerte mich, es einzusehen. »Hör auf. Es reicht. Lassen wir die Streiterei. Du kümmerst dich um dein Leben und ich mich um meines.«
»Du hast Recht. Es geht mich nichts an. Tu, was du willst.«
»Spiel nicht den Beleidigten. Darum geht es nicht. Ich glaube nur, du machst dir zu viele Sorgen.«
»Und du nicht genug!«
Es war drei Minuten nach elf, als ich Henrys Haus verließ und zu meiner Wohnung hinüberging. Wir hatten einen oberflächlichen Versuch unternommen, unsere Differenzen beizulegen, doch es war nichts gelöst worden. Mir war beklommen und niedergeschlagen zu Mute und ihm vermutlich auch. Ich schloss die Tür auf, ging hinein und legte meine Tasche ab. Dann stellte ich den Fernseher an und schaltete das Nachrichtenmagazin auf KEST ein, das jetzt gerade gesendet wurde. Ich hatte die Anmoderation zu der Geschichte verpasst, aber ich kam gerade rechtzeitig zum aktuellen Beitrag: »...der silberne Mercedes-Benz, der heute Abend aus dem Brunswick Lake geborgen wurde, ist zweifelsfrei als das Fahrzeug des bekannten ortsansässigen Arztes Dowan Purcell identifiziert worden, der seit dem 12. September vermisst wird. Detective Paglia von der Polizei Santa Teresa wollte nicht bestätigen...« Zu dem Kommentar der Reporterin kamen mehrere Bilder: eine Ansicht des Hügels neben dem Stausee, ein Bild von Crystals Ankunft mit dem Auto, ein Passbild von Dr. Purcell, gefolgt von einer Aufnahme des Hauses der Familie in
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