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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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irgendwelche Vollmachten besessen. Jetzt, wo er weg ist, können sie alles auf ihn schieben.«
    »Hat er irgendjemand anders erzählt, was er wusste?«
    »Zumindest hat er das nie erwähnt.«
    »Aber warum ist er zu Ihnen gekommen? Soweit ich Sie verstanden habe, kannten Sie ihn doch gar nicht so gut.«
    »Er wollte, dass ich ihm helfe. Er nahm an, dass ich nichts zu verlieren hätte.«
    »Glauben Sie, er hat Joel und Harvey gesagt, was er vorhatte?«
    »Wenn er klug war, nicht. Ich weiß, dass er an diesem Tag mit Joel zu Mittag gegessen hat, aber er hat mir weiter nichts darüber erzählt.«
    »Ich verstehe das nicht. Wenn so viele Stellen im Einsatz waren, warum ist er dann nicht erwischt worden?«
    Sie zuckte die Achseln. »Das meiste, was sie einreichen, ist legal, und dort, wo die Zahlen falsch sind, sieht alles andere gut aus. Sie führen Standarddiagnosen und Standardbehandlungen an. Sie passen auf, dass sie die Grenzen nicht in flagranter Weise überschreiten. Es ist, wie wenn man sich bei einem Wettrennen absichtlich zurückhält. Sie wissen, wie weit sie gehen können, bevor die Warnsignale aufleuchten.«
    »Aber die Warnsignale haben aufgeleuchtet. Können Sie sich denken, warum?«
    »Irgendjemand muss sich telefonisch beschwert haben, weil ich in meiner letzten Woche dort mit dem Buchprüfer gesprochen habe, und das meiste, was ich ihm sagte, hatte er bereits in seinen Akten.«
    Die falschen Rechnungen für Klotilde mussten auch zu diesen Machenschaften gehören. »Ich habe einige Informationen, die nützlich sein könnten, und ich kann mir gern Anfang der Woche die Unterlagen ansehen, falls die Zeit reicht.«
    »Das wäre gut. Ich spreche ihn bald wieder, dann kann ich es ihm ausrichten.«
    »Noch etwas, das mir unklar ist: Warum sind sie das Risiko eingegangen, Rechnungen für bereits verstorbene Patienten auszustellen?«
    »Passen Sie auf: Sie haben es mit kommunalen, einzelstaatlichen und bundesweiten Regierungsstellen zu tun. Werden Sie gefasst, sagen Sie >hoppla< und geben das Geld zurück. Glauben Sie etwa, die Regierung würde wegen ein paar hundert Dollar an >Irrtümern< eine Strafverfolgung einleiten?«
    »Nein, wohl kaum. Was wissen Sie über Harvey Broadus und Schwester — wie heißt sie doch gleich? — Pepper Gray?«
    »Er hat seine Frau Celine ihretwegen verlassen und ist dann wieder zu seiner Frau zurückgekehrt, habe ich gehört.«
    Ich musterte sie aufmerksam und fragte mich, ob sie mir wohl die Frage beantworten würde, die mir gerade in den Sinn gekommen war. »Waren Sie diejenige, die sich telefonisch bei Medicare beschwert hat?«
    »Das war jemand anders.«
    »Wer?«
    »Ich bin mir nicht sicher, aber ich vermute, sie war es.«
    »Pepper?«
    »Ja.«
    »Pepper war diejenige, die sie verpfiffen hat?«
    »Tja, überlegen Sie doch mal. Als Harvey ihre Beziehung abgebrochen hat, war sie in der idealen Position, um sie zu denunzieren. Mir ist aufgefallen, dass Peppers Name oder ihre Initialen am häufigsten auf Belegen für fragwürdige Sach- oder Dienstleistungen aufgetaucht sind. Vermutlich hat sie die Kontrollabschnitte vom Fußboden aufgesammelt. Warum hätte sie ihn weiterhin schützen sollen, nachdem er sie hat sitzen lassen?«
    »Tja, also zurzeit sind sie jedenfalls ganz dicke.«
    »Tatsächlich? Das wundert mich. Stellen Sie sich nur vor, in welcher Zwickmühle sie steckt, wenn er erfährt, was sie getan hat...« Sie ließ den Gedanken in der Luft hängen, unterstrichen von einem kaum wahrnehmbaren Lächeln.

    Auf dem Nachhauseweg hielt ich am Büro, um ein paar Karteikarten mitzunehmen. Ich hatte zwei frische Päckchen in der Schreibtischschublade und wollte die Notizen übertragen, die ich in mein Spiralheft gekritzelt hatte. Ich fuhr die Dave Levine bis zur Capillo hinunter und bog links ab. Als ich an der State Street vorbeikam, sah ich, dass die Innenstadt von Santa Teresa verlassen im Regen dalag. Es war nach achtzehn Uhr an einem Samstag, und die meisten Einzelhändler hatten geschlossen. Ihre Fenster waren erleuchtet, aber die Innenräume lagen im Dunkel und strahlten gerade genug Helligkeit aus, um wilde Einbrecherbanden abzuschrecken. Ich bog in die Einfahrt, die unter Lonnies Haus verlief, und parkte auf dem schmalen Parkplatz dahinter.
    Ich stieg aus und schloss die Tür ab. Über die hintere Mauer hinweg konnte ich sehen, dass Licht aus dem Haus auf der anderen Seite der Gasse kam. Ich konnte es nicht lassen, einen Blick zu dem Büroraum hinüberzuwerfen, den ich vor

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