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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Mieter und Vermieter hatte.
    »Wann?«
    »In zehn, fünfzehn Minuten?«
    »Bis dann. Und danke.«
    Sowie ich aufgelegt hatte, führte ich einen kleinen Freudentanz auf, und meine Gedanken eilten bereits zu den praktischen Umzugsvorbereitungen. Zum Glück hatte ich in den drei Jahren, seit ich bei Kingman und Ives gelandet war, nie ganz ausgepackt, und das würde mir Zeit sparen. Schreibtisch, Stuhl, Bettcouch und der falsche Ficus. Das würde ruckzuck gehen. Ich konnte auf meinem eigenen Parkplatz fünf Meter vor der Bürotür parken. Ich konnte am Tisch auf der Holzveranda zu Mittag essen...
    Ich öffnete die Schranktür, hievte die obersten zwei Kisten heraus und suchte darin nach meinem Maßband, das ich ganz unten in der zweiten Kiste fand. Es war eines dieser stabilen Metalldinger, die so schnell zurückschnurren, dass sie einem den kleinen Finger absägen, wenn man nicht aufpasst. Ich steckte es in meine Umhängetasche, schnappte mir Schreibblock und Stift, vergewisserte mich, dass der Anrufbeantworter eingeschaltet war, schlüpfte in meinen Regenmantel und marschierte zu meinem nagelneuen Domizil hinüber. Mir war nach Hüpfen zu Mute, und ich fragte mich, ob Kinder das heutzutage überhaupt noch taten.

    Ich empfand bereits enormen Besitzerstolz, als ich vom hinteren Teil des Grundstücks aus die Einfahrt entlangtrottete. Obwohl ich den Bungalow von Lonnies Büro aus sehen konnte, musste ich halb um den Block, bevor ich die Gasse erreichte, die den Weg zum Haus abkürzte. Der gesamte Bungalow war hell erleuchtet, und indem ich ein einziges Mal in die Höhe hüpfte, konnte ich einen kurzen Blick auf den Steuerberater werfen, der das vordere Büro belegte. Ich würde mich bei ihm vorstellen müssen, wenn die Zeit es erlaubte. Ich bog um die Ecke und bemerkte eine gesetzt wirkende dunkelblaue Limousine, die vermutlich dem Steuerberater gehörte. Tommys schwarzer Pick-up stand zwei Lücken weiter.
    Als ich das Haus durch die Hintertür betreten hatte, streifte ich mir die Füße sorgfältig an der zottigen Fußmatte ab, die zu diesem Zweck dort lag. Die Tür zum hinteren Büro stand offen, und ich roch frische Farbe. Ich spähte hinein und entdeckte Tommy auf allen vieren, wie er gerade mit einem Pinsel und einer Dose weißer Latexfarbe den Fußleisten den letzten Schliff gab. Er warf mir ein kurzes Lächeln zu und setzte seine Arbeit fort. Er trug einen khakigrünen Overall, und erneut faszinierte mich seine lebhafte Ausstrahlung. Bei Tag glitzerten in seinem Haar Kupferreflexe, und die vielen hellen Sommersprossen verliehen seinem Teint Frische.
    »Hi«, sagte ich. »Wie geht’s?«
    »Bestens. Ich dachte, ich mache das hier lieber fertig, solange ich dazu komme. Ich habe gehört, Sie sind die neue Mieterin.«
    »Tja, es sieht ganz danach aus. Richard meinte, er würde sich hier mit mir treffen, um das Schriftliche zu erledigen.« Es hatte etwas Einnehmendes, dass sich seine Aufmerksamkeit auf die vor ihm liegende Arbeit richtete. So konnte ich seine Schultern bestaunen und den weichen roten Flaum auf seinen Unterarmen, wo er die Ärmel hochgekrempelt hatte. Ich sah die Falten an seinen Gelenken, wo ihm noch eine dünne Schicht weißer Farbe an der Haut klebte. Die Haare in seinem Nacken hätten geschnitten werden müssen und ringelten sich wild durcheinander.
    Er sah über die Schulter zu mir her. »Ich dachte schon, Sie seien wieder gegangen, weil Sie so still sind da hinten.«
    »Ich bin noch da.« Ich trat ans Fenster, nur um etwas zu tun. »Die Veranda ist toll.« Ehrlich, inzwischen fragte ich mich schon, ob er eine Freundin hatte.
    »Die habe ich selbst gebaut. Ich habe mir überlegt, ob ich ein Spalier anbringen soll, aber dann kam es mir übertrieben vor.«
    »So, wie es jetzt ist, ist es schön. Ist das Redwood?«
    »Ja, allerdings. Rein und pur. Ich mag keine billigen Materialien. Richard schimpft zwar immer, aber ich glaube, am Ende sparen wir dabei Geld. Bei was Billigem muss man doch im Endeffekt alles zweimal machen.«
    Ich wusste nicht, was ich dem hätte hinzufügen sollen. Ich kurbelte das Fenster auf und wieder zu. Beiläufig nahm ich den Telefonhörer ab. Das Freizeichen ertönte.
    »Müssen Sie telefonieren?«
    »Ich wollte nur wissen, ob es funktioniert. Ich werde mich wohl an die Telefongesellschaft wenden und es auf mich anmelden müssen.«
    »Wie geht’s Ihrem Freund?«
    »Gut.«
    Eine weitere Gesprächspause entstand, während Tommy den Pinsel in die Dose tunkte. »Hoffentlich

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