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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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kontaktiert«, sagte sie schließlich. »Er fragte, ob ich die Verteidigung für einige Personenübernehmen könnte. Aber es liegt nicht in meiner Hand zu entscheiden, welche Fälle die Kanzlei annimmt.«
    Ich hielt den Atem an, um sie nicht zu stören und einen erneuten Rückzug ihrerseits auszulösen.
    »Dann hatte er einige Fragen darüber, was passiert, wenn ein illegaler Einwanderer als Zeuge gegen eine kriminelle Organisation aussagt, ob er dann im Land bleiben darf. Ich sah keinen Grund, nicht auf die Fragen zu antworten – natürlich nur unter der Bedingung, dass er mich nicht zitierte.«
    »Und danach haben Sie ihn nicht wieder getroffen?«
    »Ich verstehe Ihre Fragen nicht«, sagte Sarah Rachid und rührte in ihrem Tee.
    Ich dachte fieberhaft nach und kam zu dem Schluss, es mit ihren eigenen Waffen zu versuchen. Gesetze und Formalitäten.
    »Ich nehme an, die Schweigepflicht betrifft alle Klienten, die Sie vertreten?«, fragte ich.
    »Alle, die von der Kanzlei vertreten werden«, korrigierte sie.
    »Aber Sie haben die Verteidigung der Menschen, von denen Patrick sprach, nie übernommen?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass er den offiziellen Weg gehen muss.«
    »Also gibt es eigentlich keinen Grund, der Sie daran hindert, mir von diesen Menschen zu erzählen«, stellte ich fest und goss etwas mehr Milch in meinen Kaffee. »Davon abgesehen, dass Sie mich für eine hoffnungslose, herumschnüffelnde Idiotin halten.«
    Der Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht. Sie nahm einige kleine Schlucke von ihrem Tee.
    »Mein Bruder hat ihm meinen Namen gegeben«, sagte sie, »obwohl er weiß, was ich von Journalisten halte. Die Medien übernehmen keine Verantwortung. Sie meinen, die Justiz sei zu umständlich, zu langsam. Sie vereinfachen und machen Druck, wollen etwas schreiben, bevor der Prozess überhaupt begonnen hat, verurteilen, bevor ein Urteil gefällt wurde.«
    »Also hat Ihr Bruder ... wie, sagten Sie noch, war sein Name?«
    »Den habe ich Ihnen nicht genannt.«
    »Aber er hatte ebenfalls Kontakt zu Patrick?«
    »Er arbeitet für eine Organisation. Sie helfen Flüchtlingen ohne Papiere, organisieren Kampagnen und solche Dinge. Es ist ihm nur schwer begreiflich zu machen, dass ich Juristin bin und keine von seinen Aktivistinnen.« Sie zog die Augenbrauen hoch und sah weg. »Soweit ich verstehe, waren diese Männer zu einer Zeugenaussage bereit, aber ich wollte keine näheren Details über sie wissen, das habe ich vollkommen deutlich gemacht.«
    »Welche Männer?«
    »Sie waren einem Arbeitgeber entkommen, der sie eingesperrt hatte. Patrick behauptete, es handelte sich um Sklavenarbeit, was rein juristisch betrachtet aber keine Straftat ist, sondern unter dem Begriff délit verzeichnet wird. Das ist ein Gesetzesverstoß, der strafbar ist, aber milder bewertet wird. Doch wenn die Geschichte wirklich wahr ist, könnte es Gründe geben, Anklage wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung, vielleicht sogar Mord zu erheben.«
    Ich starrte sie an.
    »Mord? Hat er das wirklich gesagt?«
    »Ich sagte ihm natürlich, dass er zur Polizei gehen müsse, wenn er einen solchen Verdacht hätte.«
    »Und, hat er es getan? Ist er zur Polizei gegangen?«
    »Mein Bruder hat ihm sicherlich davon abgeraten«, sagte sie. »Er traut der französischen Polizei nicht. Er hält sie für korrupt.«
    »Ist sie es denn?«
    »Man kann doch nicht das ganze System ablehnen, nur weil einzelne Individuen es missbrauchen. Die Justiz ist ein Fundament unserer Gesellschaft.« Sie zeigte mit dem Teelöffel auf den Ehering, den ich an meiner linken Hand trug. »Die Ehe, beispielsweise, ist in erster Linie eine juristische Konstruktion.«
    »Manche behaupten auch, es ginge dabei um Liebe«, sagte ich.
    Sarah Rachid winkte den Kellner herbei und bat um die Rechnung, wobei sie gleichzeitig ihre Aktentasche öffnete. Sie schrieb eine Telefonnummer auf einen Block, riss die Seite aus und legte sie auf den Tisch.
    »Ich schlage vor, Sie wenden sich an meinen Bruder. Der wird sich sicher gern mit Ihnen unterhalten. Arnaud ist ein Idealist.« Aus ihrem Mund klang das wie eine sexuelle Perversion.
    »Nur eine Sache noch«, sagte ich. »Hat Patrick Ihnen gegenüber einen Mann namens Alain Thery erwähnt?«
    »Warum fragen Sie?«
    »Dann vielleicht eine Firma namens Lugus ? Josef K.? Sagte er etwas von einem Hotel, das vor einigen Wochen niederbrannte?«
    Sie zählte akribisch Geld ab und legte es auf den Tisch – exakt ihren Teil der Rechnung plus zehn

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