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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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flötete: »Es ist Ihnen
peinlich, Mr. Jackson, habe ich recht? Sie schämen sich, weil eine
Frau, die Ihre Mutter sein könnte, eine ärztliche
Untersuchung an Ihnen vornimmt?«
    »Warum verduften Sie denn nicht einfach?« entgegnete ich.
    Sie bekam große Augen, als
hätte sie eine plötzliche Eingebung. »Jetzt verstehe
ich. Sie schämen sich nicht, sondern haben Angst. Sie
fürchten sich in solchen Situationen.«
      Sie sagte etwas zu der Ärztin, die daraufhin
nickte, und beide hatten das Zimmer verlassen, bevor ich es
überhaupt mitbekam. Ich war nicht mehr müde, aber
verärgert und frustriert wie ein Schuljunge, der ohne jeden Grund
vor der Klasse bloßgestellt worden war.
      Ich hatte es gerade geschafft, mich wieder anzuziehen,
als Madame Ny in Begleitung des jungen Offiziers zurückkam. In der
Hand hielt sie einige Briefbogen, die sie dann auf den Schreibtisch
legte.
      Sie nahm einen Kuli und hielt ihn mir hin. »Unterschreiben Sie das bitte.«
      Es waren insgesamt fünf engbeschriebene Blatt
Papier, und alles in Chinesisch. »Sie werden mir das
Kleingedruckte noch vorlesen müssen«, bat ich sie.
»Hab' nämlich meine Brille nicht dabei.«
      »Es ist Ihr Geständnis«, schaltete
sich der junge Offizier ein. »Eine Schilderung Ihrer Zeit in
Vietnam als von den Amerikanern angeworbener Söldner.«
      Ich sagte ihm, was er mit dem Geständnis machen
solle, und drückte mich dabei so vulgär aus, daß er es
nicht kapierte. Aber Madame Ny hatte mich verstanden. Sie lächelte
etwas gequält.
      »Ich fürchte, das ist von den physischen
Gegebenheiten her nicht möglich, Mr. Jackson. Aber Sie werden
schließlich doch unterschreiben, das versichere ich Ihnen. Wir
haben Zeit, viel Zeit.«
      Sie verließ den Raum, und der junge Offizier
forderte mich auf, ihm zu folgen. Wir gingen durch den Regen über
den Hof in das eigentliche Kloster, ein Labyrinth aus endlosen
Gängen und ausgetretenen Steintreppen, die zu meiner
Überraschung allerdings elektrisch beleuchtet waren.
    Ein leiser Luftzug verriet
schließlich, daß wir im obersten Stockwerk angekommen sein
mußten, und plötzlich hörte ich ganz deutlich
Gitarrenklänge.
      Sie wurden immer deutlicher, je weiter wir gingen, und
dann begann eine tiefe, volle Stimme einen langsamen Blues zu singen.
      Zwei Wachtposten standen vor der schweren
Eichentür. Der junge Offizier holte einen großen, mindestens
dreißig Zentimeter langen Schlüssel hervor, steckte ihn ins
Schloß und drehte ihn mit beiden Händen um.
      Der Raum war größer, als ich es erwartet
hatte, und von einer einzigen Glühbirne erleuchtet. Auf dem
Steinboden lag eine Reisstrohmatte, an den Wänden standen zwei
hölzerne Liegen. St. Claire saß auf einer, die Gitarre auf
den Knien.
      Er hörte zu spielen auf. »Herzlich
willkommen. Ich hab' zwar nur eine bescheidene Behausung, aber
verglichen mit den anderen Unterkünften, die es hier gibt, ist es
die Luxus-Suite.«
      Ich war noch nie in meinem Leben so froh gewesen,
jemanden wiederzusehen. Er holte eine Packung amerikanischer Zigaretten
aus der Tasche. »Hast du Verwendung für so was?«
    »Offiziersration?«
      Er schüttelte den Kopf. »Im Moment sind sie
sehr nett zu mir. Es kann sein, daß sie mir einen Monat lang eine
Schachtel pro Tag geben, aber auch, daß sie ab morgen die
Lieferung einfach einstellen.«
    »Konditionierung nach Pawlow.«
    »Genauso ist es. Sie verfolgen ein
bestimmtes Ziel, und daran solltest du dich schnell gewöhnen. Sie
wollen dich an den Rand des Wahnsinns treiben, dich auseinandernehmen,
um dich dann wieder nach ihren Vorstellungen zusammenzusetzen. Sogar
die Psychologie ist bei ihnen marxistisch beeinflußt. Sie
glauben, daß jeder Mensch seine These, seine Stärken, und
seine Antithese, seine Schwächen, hat. Wenn sie die herausfinden,
machen sie alles, um sie zu fördern, bis sie schließlich der
dominierende Teil deiner Persönlichkeit sind. Wenn sie das
geschafft haben, fängst du an, an allem zu zweifeln, was dir
einmal was bedeutet hat.«
      »Aber bei Ihnen sind sie anscheinend nicht weit damit gekommen.«
      »Man könnte sagen, daß ich ziemlich
feste Prinzipien habe«, erwiderte er lächelnd. »Aber
sie versuchen es immer wieder, und mein Lehrer ist der beste von allen.
Chen-Kuen höchstpersönlich. Sein Name bedeutet übrigens
nichts anderes als ›Inquisitor‹.«
      »Ich habe meinen auch schon
kennengelernt«, sagte ich und erzählte ihm von Madame Ny und
meinen

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