Tödliche Jagd
Sean
O'Hara mit seinen Spritzen und Beruhigungsmitteln hier
andüst.«
»Ist sie jetzt allein im Haus?« erkundigte
sich St. Claire stirnrunzelnd. »Das ist unter diesen
Umständen nicht so gut. Außerdem finden wir bestimmt nicht
heraus, warum die hier sind, wenn wir noch länger hier
herumhängen. Ich muß unbedingt telefonieren.«
»Was tun, sprach Zeus?«
»Du rennst zum Alfa und läßt den Motor an. Ich geb' dir Feuerschutz und komm' nach.«
Er robbte im Graben ein Stück weiter und gab
drei, vier Schüsse in das Schilf ab. Ich wartete nicht ab, ob sie
erwidert wurden, erwartete es auch eigentlich nicht. Ich lief geduckt
zum Alfa, warf die Flinte auf den Rücksitz und kroch ans Steuer.
Ich rief St. Claire, startete den Motor und legte den
Gang ein. Er feuerte eine lange Salve in das Schilf, lief dabei los und
ließ sich kurz darauf auch schon auf den Beifahrersitz neben mir
fallen. Ich fuhr sofort los und beschleunigte dabei so stark, daß
die Hinterräder riesige Dreckfontänen hochschleuderten.
Ich raste mit achtzig über den
Feldweg, ziemlich riskant bei diesen Witterungsverhältnissen,
verminderte die Geschwindigkeit auch nicht, als wir die seitlich nicht
durch Geländer gesicherte Brücke über den Hauptarm des
Flusses überquerten. Nur wenige Minuten, nachdem wir die Stelle,
wo wir in den Hinterhalt geraten waren, verlassen hatten, erreichten
wir das Haus. Ich sprang sofort aus dem Wagen und rannte, Sheilas Namen
rufend, zur Haustür, St. Claire dicht hinter mir.
Ich weiß nicht, was geschah, als ich durch die
Haustür ging; ich kann mich nur noch schwach daran erinnern,
daß ich die Stufen ins Wohnzimmer mit dem Kopf voraus
hinuntersegelte und entsprechend hart landete.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf der Couch, besser gesagt,
mir kam es vor, als schwebte ich. Wieder einmal hatte ich das
Gefühl, daß die Seele sich vom Körper gelöst
hatte, ich physisch nicht mehr existierte.
Mir schien sich der Magen umzudrehen; mir war so
übel wie noch nie. Ich wälzte mich auf die andere Seite, fiel
dabei von der Couch auf den Fußboden und mußte mich
übergeben.
Eine Zeitlang lag ich so da. Ich spürte etwas
Hartes unter mir, das mir weh tat, und nachdem ich mich hochgerappelt
hatte, sah ich, daß es meine Schrotflinte war. Ich hob sie auf,
benützte sie als Stütze, denn ich konnte mich kaum auf den
Beinen halten.
Die Tür zum Schlafzimmer stand offen; drinnen
brannte Licht. Ich rief nach Sheila, wollte es zumindest, doch kein
Wort kam über meine Lippen. Dann schwankte ich auf die offene
Tür zu.
Dort im Schlafzimmer, das hatte ich im Gefühl,
wartete etwas Schreckliches auf mich, dem ich jedoch nicht entrinnen
konnte. Ich wurde fast magisch zur Tür hingezogen.
Das erste, was ich sah, war ein großer roter
Fleck auf der weißgetünchten Wand. Sheila lag mitten im
Zimmer, nackt bis auf ein Bettlaken, das um ihr linkes Bein geschlungen
war; es sah aus, als hätte sie sich darin verfangen beim Versuch,
wegzulaufen. Ihr Hinterkopf war völlig zertrümmert.
St. Claire lag auf dem Rücken quer
über dem Bett, ein Knie angezogen, ebenfalls nackt bis auf die
›Hundemarke‹, die er aus alter Gewohnheit nie abnahm.
Aber es war nicht St. Claire, wie ich erkannte, als
ich näher hinging. Ich konnte überhaupt nicht erkennen, wer
es war, denn dieser Jemand hatte kein Gesicht mehr, sondern nur noch
die blutige Masse, die nach mehreren, aus nächster Nähe
abgefeuerten Schrotschüssen übriggeblieben war.
Ich wandte mich ab, wollte davonlaufen, bemerkte dann,
daß ich die Flinte immer noch in der Hand hatte, und warf sie mit
einem Wutschrei weg. Jemand stand in der Tür und beobachtete mich,
doch um wen es sich handelte, konnte ich nicht mehr feststellen, denn
mir wurde schwindelig und alles um mich herum versank im Dunkel.
Beim Tauchen im Meer vor Cornwall hatte ich einmal Schwierigkeiten
mit dem Ventil der Sauerstoffflasche und schaffte es gerade noch so bis
an die Oberfläche. Genauso war es jetzt wieder: Ich kämpfte
mich mit aller Kraft in kaltem Wasser auf einen hellen Lichtfleck zu.
Ich schaffte es schließlich, an die
Oberfläche zu kommen, und sah, daß ich nackt unter der
Dusche stand und ein stämmiger Kerl mit kurzen Haaren und einer
Boxernase mich im eiskalten Wasserstrahl festhielt.
Ich versuchte, mich loszureißen, mußte
allerdings feststellen, daß ich überhaupt keine Kraft in den
Armen besaß. Meine Hände und Arme
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