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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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schienen sich wie in
Zeitlupe nach oben zu bewegen und dann wieder nach unten zu sinken.
      »Doktor, er kommt wieder zu sich«, rief der Typ, der mich festhielt, über die Schulter.
      Seine Stimme hallte in meinem Kopf wider, ich schien
durch das Bad zu schweben, und dann stand Sean O'Hara in der Tür.
    Obwohl er Ire war, hatte er nicht die
üblichen verpopelten Gesichtszüge; mit seiner silbergrauen
Mähne sah er eher wie ein Schauspieler aus als das, was er in
Wirklichkeit war: nämlich einer der besten Psychiater in ganz
Europa.
      »Na, du alter Gauner?« begrüßte
ich ihn. »Immer noch damit beschäftigt, persönliche
Rache an den blöden Engländern zu nehmen, indem du ihnen
fünfzig Pfund pro Sitzung abknöpfst?«
      Er verzog keine Miene, was ungewöhnlich war, denn
er lachte sonst über jeden noch so schlechten Scherz, aber
irgendwie war alles recht seltsam. Sogar meine Stimme klang, als
gehöre sie einem Fremden.
      Er nahm meinen Bademantel vom Haken an der Tür
und hielt ihn mir hin. »Zieh ihn an, Ellis, mach keine
Schwierigkeiten, und komm mit.«
      Ich war ganz ruhig, hatte überhaupt keine Angst,
machte mir über nichts Gedanken. Ich schwebte über allem,
gefangen in diesem seltsamen, traumähnlichen Zustand.
      Sean wartete geduldig, bis ich meinen Kampf mit dem
Gürtel siegreich beendet hatte, und legte mir dann die Hand auf
die Schulter. »Also dann, bringen wir's hinter uns.«
      Im Wohnzimmer schien sich eine riesige Versammlung
eingefunden zu haben, alles Männer, die ich nicht kannte. Zwei
Hemdsärmlige knieten auf dem Boden und maßen irgend etwas
aus. Ein uniformierter Polizist stand in der Tür, ein Kamerablitz
flammte auf, und alle hörten auf zu reden.
      Ich wartete brav, während Sean leise mit einem
untersetzten, jedoch sehr lebhaft wirkenden dunkelhaarigen Mann mit
Goldrandbrille sprach, sich dann wieder mir zuwandte und mich am Arm
faßte.
    »Wir gehen jetzt ins Schlafzimmer, Ellis.«
    Dort hinter der halb geöffneten
Tür wartete das auf mich, was mich seit vielen Monaten in meinen
Träumen verfolgte, wovor ich mich gefürchtet hatte, was ich
jedoch nie hatte beschreiben können. Mein Mund war plötzlich
wie ausgetrocknet, ich spürte jeden Herzschlag, bekam keine Luft
mehr. Ich wollte stehenbleiben, doch Sean zog mich unbarmherzig weiter.
      Nachdem er mit dem Fuß die Tür auf
gestoßen hatte, war das erste, was ich sah, ein großer
roter Blutfleck an der weißgetünchten Wand.
      Ich drehte mich um, hielt mich an ihm fest, weil ich
den Boden unter den Füßen verlor. »Das darf nicht wahr
sein«, stammelte ich. »Ich dachte, es wär' ein
Alptraum.«
      »Es ist kein Alptraum, Ellis«, antwortete
er todernst. »Das ist tatsächlich passiert. Daran führt
kein Weg vorbei.«
    Er drängte mich zurück ins Zimmer.

    Sie führten mich in die Küche, setzten mich auf einen
Stuhl; irgend jemand reichte mir eine Tasse Tee. Ich trank einen
Schluck, aber es schmeckte wie Pisse; ich wankte zur Spüle und
übergab mich. Ein junger Polizist half mir zurück auf meinen
Stuhl. Dann kam Sean O'Hara mit dem Mann mit der Goldrandbrille herein.
    »Wie geht's dir, Ellis?« erkundigte er sich.
      »Ich glaub', ich leb' noch.« Wieder klang meine Stimme so, als käme sie von irgendwoher.
      Er holte eine kleine weiße Tablettenschachtel
aus der Tasche, öffnete sie und schüttete drei oder vier der
mir so vertrauten roten Kapseln in seine Hand.
      »Ich habe dich vor der Wirkung dieser Dinger
gewarnt. Sheila hat letzten Mittwoch dein Rezept für eine neue
Schachtel abgeholt. Einundzwanzig Stück. Nach dem zu urteilen, was
jetzt noch hier drin ist, mußt du zehn oder zwölf auf einmal
genommen haben. Wenn ich etwas später gekommen wäre,
wärst du jetzt tot.«
      »Was Mr. Jackson sehr wahrscheinlich auch damit
bezwecken wollte«, warf der Brillenträger ein. »Oder
war dem nicht so?«
    »Du weißt ja, daß
dieses ganze Gebiet hier dem Verteidigungsministerium
gehört«, fuhr Sean fort. »Das ist Superintendent Dix
vom Sonderdezernat, zuständig für Sicherheitsfragen.«
      Ich hatte leichte Schwierigkeiten, Dix deutlich zu
sehen, als ich ihm den Blick zuwandte. »Was wollen Sie damit
sagen? Daß ich Selbstmord begehen wollte, nachdem ich die zwei
umgebracht hatte? Ich hab' diese Scheißdinger nicht
genommen.«
      Ich schrie den letzten Satz so laut heraus, daß der junge Polizist an der Tür unruhig wurde.
      »Sie können sich also nicht
erinnern?« stellte Dix

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