Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
stand etwas von Selbstbeweihräucherung.«
»Das ist aber doch ihr Stil.«
»Die Runde in ihrem Penthouse für die Kamera und ihr Gesäusel über New York waren schon ein bißchen dick aufgetragen. Außerdem war sie selbst häufiger im Bild als ihre Gäste.« Cassie zuckte mit den Achseln und grinste. »Ich habe mitgezählt.«
»Das wird sie nicht leicht hinnehmen können.« Deanna legte die Kritiken beiseite. »Aber sie wird sich rasch wieder fangen.« Mit einem warnenden Blick auf Cassie fuhr sie fort: »Ich hatte meine Probleme mit ihr, aber trotzdem wünsche ich keinem einen solchen Verriß.«
»Ich ebenfalls nicht. Aber ich möchte auch nicht, daß sie Ihnen Schaden zufügt.«
»Kugeln prallen von mir ab«, meinte Deanna trocken. »Aber jetzt sollten wir Angela vergessen. An mich wird sie heute morgen bestimmt als allerletztes denken.«
Angelas erster Wutanfall angesichts der Kritiken hatte einen Schneesturm aus zerrissenem Zeitungspapier zur Folge. Der Boden ihres Büros war mit Papierfetzen bedeckt. Während sie auf und ab lief, schob sie das Zeitungspapier mit den Füßen vor sich her.
»Diese Scheißkerle werden mit diesen Angriffen gegen mich nicht ungestraft davonkommen.«
Dan Gardner, der neue Produktionsleiter für Angela , besaß die Klugheit, zu warten, bis sich bei ihr der schlimmste Sturm verzogen hatte. Er war dreißig Jahre alt und mit seinem gedrungenen, muskulösen Körper wie ein Mittelgewicht gebaut. Seine konservative Frisur paßte zu seinem jungenhaften Gesicht, dem die blauen Augen und das sanft gefurchte Kinn eine besondere Note gaben.
Er hatte einen scharfen Verstand und ein einfaches Ziel: auf dem schnellstmöglichen Weg bis nach ganz oben zu kommen.
»Angela, jeder weiß doch, daß man auf diese Kritiken nichts geben kann.« Er goß ihr eine beruhigende Tasse Tee ein. Wie schade, daß die Strategie, keine Vorschau auf die erste Sendung ihrer Talk-Show zu erlauben, nicht aufgegangen war, dachte er. »Diese Trottel zielen mit ihren schäbigen Angriffen immer auf die, die an der Spitze stehen. Und genau dort stehst du auch.« Er reichte ihr die Tasse aus feinem Porzellan. »An der Spitze.«
»Und da gehöre ich verdammt noch mal auch hin.« Tee schwappte in die Untertasse, was machte das schon? Wut war besser als Tränen, das wußte sie. Niemand, absolut niemand würde die Genugtuung haben, zu sehen, wie verletzt sie war. Sie war so stolz gewesen, hatte mit ihrem neuen Zuhause geprotzt, ihr Leben mit dem Publikum geteilt.
»Affektiertes Getue« hatten sie es genannt.
»Und wäre nicht dieser verdammte Krieg, hätten die Einschaltquoten das auch gezeigt«, fauchte sie weiter. »Die blöden Zuschauer kriegen einfach nicht genug von diesem Scheiß. Tagein, tagaus werden wir mit diesen Nachrichten bombardiert. Warum fegen wir dieses verdammte Land nicht einfach von der Landkarte und sind es ein für allemal los?«
Angela war den Tränen gefährlich nahe, schaffte es aber, sie zu bezwingen, und nippte am Tee wie an einer Medizin.
Sie hatte das Verlangen nach einem Drink.
»Das tut uns nicht weh. Deine Sendung hat in fünf Märkten direkt vor den Sechs-Uhr-Nachrichten ihre Position verstärken können. Und letzte Woche waren die Zuschauer von deiner Außenübertragung vom Luftwaffenstützpunkt Andrews hellauf begeistert.«
»Ich habe es satt!« Sie schleuderte die Teetasse gegen die Wand, Scherben flogen durch die Luft, Tropfen spritzten über die Seidentapete. »Und von diesem dreckigen Miststück in Chicago, das versucht, meine Einschaltquoten in den Keller zu drücken, habe ich auch allmählich die Nase voll.«
»Die ist doch nur eine Eintagsfliege.« Der Wutausbruch hatte ihn nicht einmal zusammenzucken lassen. Er hatte ihn kommen sehen, und jetzt, wo er vorbei war, konnte er sicher sein, daß sie sich wieder beruhigen würde. Und sobald sie sich wieder beruhigt hatte, würde sie sehr bedürftig sein.
Seit etlichen Monaten kümmerte er sich jetzt um Angelas Bedürfnisse.
»In einem Jahr kräht kein Hahn mehr nach ihr, du hingegen bist dann immer noch die Nummer eins.«
Sie setzte sich hinter den Schreibtisch, lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Sie ließ nach. Nichts schien so zu laufen, wie sie es geplant hatte, als sie ihre Produktionsgesellschaft gründete. Gut, sie hatte jetzt das Sagen, aber es gab so viel zu tun, so viele Anforderungen, so viele, viele Möglichkeiten zu scheitern.
Doch ein Scheitern war völlig undenkbar, mit einem Scheitern könnte
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