Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
»Das Land der Illusionen!«
Deanna war etwas verwirrt und hielt sich an ihrem Glas Wein fest, Finn blieb bei Kaffee.
Sie befanden sich nicht gerade in einem Lokal, in dem man Hollywoodgrößen vermuten würde. Der bedrückt wirkende Klavierspieler spielte lustlos seinen Blues herunter, die Töne stiegen schwerfällig in die rauchgeschwängerte Luft. Wie Kate es sich gewünscht hatte, lag die Ecke, in die sie sich gesetzt hatten, im Halbdunkel. Auf dem durch Kerben verunstalteten Holztisch standen ihre Getränke neben einem angeschlagenen, bernsteinfarbenen Glasaschenbecher.
»Du hast ja eine weite Anreise in Kauf genommen, um zur Beerdigung eines Menschen zu gehen, den du gar nicht mochtest.« Deanna beobachtete, wie Kates gepflegte Fingernägel im Rhythmus der Klaviermusik auf den Tisch klopften.
»Ich war ohnehin schon in der Stadt. Aber auch sonst hätte ich die weite Reise gemacht.« Kate nippte wieder an ihrem Scotch, stellte das Glas beiseite. »Ich denke, du hast dir auch nicht viel mehr aus ihr gemacht als ich, aber da du sie gefunden hast, ist das alles für dich bestimmt ein wenig härter.« Kates Blick wurde weicher, als sie Deanna in die Augen schaute. »Wie ich gehört habe, war es nicht gerade ein schöner Anblick.«
»Ganz und gar nicht.«
»Ich wünschte, ich wäre an deiner Stelle gewesen«, flüsterte Kate. »Du warst immer schon zarter besaitet als ich, und
selbst nach allem, was dir Angela angetan hat und anzutun versuchte, hat sich daran nichts geändert. Ich weiß über diese Dinge einiges mehr, als du dir vielleicht vorstellen kannst«, fügte sie hinzu, als Deanna sie prüfend ansah«. »Auch einiges, was nie an die Presse gelangt ist. Angela prahlte gerne.« Kate neigte ihr Glas in Finns Richtung. »Dich hat sie gehaßt, weil du nicht direkt angesprungen kamst, wenn sie mit den Fingern schnippte. Genau deswegen hatte sie dich aber bei sich haben wollen. Sie dachte, Deanna wäre ihr in jeder Hinsicht in die Quere gekommen, und hätte alles getan, um sie zu beseitigen.«
»Das ist nichts Neues.« Da Kates Glas leer war, bestellte Finn ein neues. Er war zu dem Schluß gekommen, daß ihr Bericht noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen würde.
»Das sollte jetzt nicht nur eine kleine Einleitung sein.« Kate reckte sich, doch die so geschmeidige Bewegung war Ausdruck ihrer Nervosität. »Vermutlich wird es dich nicht weiter überraschen, zu erfahren, daß Angela einiges an Kosten und Mühen auf sich genommen hat, um diese Sache aus deiner Vergangenheit auszugraben, Deanna. Du weißt schon, diese Vergewaltigung. Natürlich ging der Schuß voll nach hinten los.« Ihre Lippen formten sich zu einem wunderschönen Lächeln. »Das war bei einigen ihrer Projekte der Fall, und mit ›Projekte‹ bezeichnete sie ihre Erpressungsversuche.« Eine Weile saß Kate einfach nur mürrisch da, die Finger klopften, klopften, klopften. »Rob Winters war eines ihrer Projekte; Marshall Pike ein anderes.« Sie würdigte die Kellnerin keines Blickes, sondern schob das Glas beiseite, als es vor ihr abgestellt wurde. »Und es gab noch viele mehr. Die Namen würden dich erstaunen. Sie hat einen Privatdetektiv namens Beeker auf die Leute angesetzt. Er ist aus Chicago. Angela hat ihn unablässig damit beschäftigt, Informationen zu ihren Projekten zu besorgen und die entsprechenden Unterlagen zusammenzutragen. Es hat mich fünftausend Dollar gekostet, Angelas Sekretärin zur Preisgabe dieses Namens zu bewegen. Doch wie man weiß, hat alles seinen Preis. Ich hatte meinen«, ergänzte sie leise.
»Soll das heißen, daß Angela Leute erpreßt hat, indem sie
Geld verlangte, um ein Geheimnis für sich zu behalten?« Deanna beugte sich vor.
»Gelegentlich. Meistens wollte sie irgendwelche Gefälligkeiten dafür, daß sie bestimmte Geheimnisse wahrte. Auch ›Gefälligkeit‹ ist einer der Begriffe, die sie in diesem Zusammenhang immer benutzt hat.« Geistesabwesend griff Kate in die Plastikschüssel mit der Nußmischung. »›Kannst du mir einen kleinen Gefallen tun, meine Liebe? Dann werde ich diese pikante Information auch für mich behalten.‹ ›Ihre Frau hat Probleme mit Drogen, Senator? Keine Angst, wenn Sie mir eine kleine Gefälligkeit erweisen, werde ich kein Sterbenswörtchen davon an die Öffentlichkeit gelangen lassen.‹ Wer hat mehrere Grammys gewonnen und war das Opfer eines Inzests? Welcher beliebte Fernsehstar hat Verbindungen zum Ku-Klux-Klan? Dazu brauchte man nur Angela zu befragen. Sie hatte es
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