Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
verletzen. »Mein bester Freund am College, Pete Whitney! Wir hatten es einmal beide auf dasselbe Mädchen abgesehen, uns eines Nachts sinnlos besoffen und versuchten, die Sache mit unseren Fäusten auszutragen. Ich schlug mich ziemlich gut. Dann beschlossen wir, daß das Mädchen das alles gar nicht wert war, und soffen weiter.«
Seine Stimme klang gleichgültig und distanziert. Es war die Stimme des Nachrichtensprechers. »Das war das letzte Mal, daß ich mich besoffen habe. Pete scherzte immer, das sei der Ire in mir: zu saufen oder mich zu schlagen oder mich aus allem herauszureden.« Finn erinnerte sich daran, wie er damals gewesen war – wütend, rebellisch, streitlustig und fest entschlossen, in absolut keinem Aspekt seinen kühlen und kultivierten Eltern ähnlich zu sein. »Ich bin heute wirklich alles andere als ein Säufer und habe mittlerweile herausgefunden, daß Worte im allgemeinen bessere Waffen sind als Fäuste. Pete schenkte mir das hier.« Finn zog das keltische Kreuz unter seinem Hemd hervor und schloß seine Hand darum. »Er war mein engster Freund und das nächste an Familie, was ich jemals gehabt habe.«
War, dachte Deanna und verspürte ihre Sehnsucht nach ihm.
»Wir vergaßen das Mädchen. Sie war bei weitem nicht so wichtig für uns wie die Beziehung, die wir zueinander hatten. Wir leerten noch eine Flasche. Mein Auge war geschwollen und sah aus wie eine faule Tomate, daher warf ich ihm meine Autoschlüssel hin, kletterte auf den Beifahrersitz und kippte weg. Wir waren zwanzig und wir waren dumm. Völlig besoffen in ein Auto zu steigen, hieß für uns nicht viel. Wenn du zwanzig bist, lebst du noch ewig. Doch für Pete war es bald vorbei.
Ich kam wieder zu mir, als ich ihn schreien hörte. Und das war es dann. Ich hörte ihn schreien, und als nächstes wachte ich mitten zwischen diesen vielen Lichtern und Menschen
auf. Ich fühlte mich, als hätte mich ein Lastwagen überfahren. Pete war zu schnell in eine Kurve gerast und hatte irgendeinen Pfosten gerammt. Wir waren beide aus dem Wagen geschleudert worden. Ich kam mit einer Gehirnerschütterung, einem Schlüsselbeinbruch, einem gebrochenen Arm, Schnittwunden und Prellungen davon, Pete war tot.«
»Ach, Finn.« Sie warf ihm die Arme um den Hals und drückte ihn an sich.
»Da es mein Wagen war, dachten sie, ich hätte am Steuer gesessen. Sie wollten mich wegen fahrlässiger Tötung verklagen. Mein Vater kam dazu, aber als er da war, hatten sie bereits etliche Zeugen gefunden, die Pete hinter dem Lenkrad gesehen hatten. Das machte ihn natürlich auch nicht wieder lebendig und änderte nichts daran, daß ich betrunken, ausgesprochen dumm und in verbrecherischer Weise leichtsinnig gewesen war.«
Seine Finger schlossen sich noch fester um das silberne Kreuz. »Ich habe diese Sache nie verheimlicht, Deanna, erinnere mich allerdings nur sehr ungern daran. Komisch, heute abend, als wir bei Angelas Beerdigung auftauchten, habe ich an Pete gedacht. Petes Begräbnis war auch das letzte Begräbnis, auf dem ich gewesen bin. Seine Mutter hat immer mir die Schuld gegeben, und ich konnte ihren Standpunkt verstehen.«
»Du bist aber nicht gefahren, Finn.«
»Macht das denn wirklich einen Unterschied?« Er blickte sie an, wußte aber bereits die Antwort. »Genausogut hätte es mich erwischen können. Mein Vater hat den Whitneys eine Abfindung gezahlt, und damit war die Sache erledigt. Mich hat man nie wegen irgend etwas belangt, und man machte mich auch nicht für den Unfall verantwortlich.«
Er vergrub sein Gesicht in Deannas Haaren. »Aber natürlich trug ich Verantwortung, genausoviel Verantwortung wie Pete. Der einzige Unterschied besteht darin, daß ich noch lebe und Pete tot ist.«
»Der Unterschied besteht darin, daß du eine zweite Chance bekommen hast und er nicht.« Sie schloß ihre Hand über seinen Fingern, so daß sie beide das Kreuz umschlossen hielten. »Das tut mir so leid, Finn.«
Ihm tat es auch unendlich leid. Er hatte sein ganzes Leben als Erwachsener damit verbracht, zu dem Mann zu werden, der er jetzt war, und hatte das nicht nur für sich getan, sondern auch für Pete. Und er trug das Kreuz jeden Tag als Talisman und als Erinnerung.
»Angela hätte keine Schwierigkeiten gehabt, diese Geschichte wieder auszugraben«, meinte Finn. »Sie hätte dem Ganzen sogar den Anstrich geben können, das Geld der Familie Riley und die Machtposition meines Vaters hätten das Ergebnis der Ermittlungen beeinflußt. Aber damit hätte sie
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