Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
um zu überprüfen, ob jemand eine Nachricht für sie hinterlassen hatte. Während sie das Band abhörte, schlüpfte sie aus ihren schwarzen Satinpumps heraus und bewegte die verkrampften Zehen. Sie mußte lachen, als sie Frans Stimme hörte, die mögliche Namen für das Baby aufzählte. Da fiel ihr Blick auf den Umschlag in der Nähe der Wohnungstür.
Seltsam, dachte sie. Hatte der schon dagelegen, als sie hereingekommen war? Sie ging zurück und blickte durch den Türspion nach draußen, bevor sie sich bückte, um den Brief aufzuheben.
Er war mit einem Siegel verschlossen und mit keinerlei Aufschrift versehen. Verwirrt unterdrückte sie ein weiteres Gähnen, riß den Umschlag auf und faltete ein einzelnes Blatt Schreibpapier auseinander.
In dunkelroter Farbe war nur ein einziger getippter Satz darauf zu lesen:
Deanna, ich verehre dich.
Sechstes Kapitel
N och dreißig Sekunden, dann sind wir auf Sendung!«
»Das schaffen wir.« Deanna glitt auf dem Aufbau des Nachrichtenstudios neben Roger in ihren Sessel. In ihrem Kopfhörer hörte sie die hektisch durcheinanderredenden Stimmen aus dem Regieraum. Etwa einen Meter entfernt gab der Aufnahmeleiter mit lautem Geschrei bekannt, welche Informationen ihm noch fehlten, und tänzelte auf seinem Platz hin und her. Einer der Kameramänner rauchte träge und plauderte mit einem Bühnenarbeiter.
»Noch zwanzig Sekunden. Herrje!« Roger wischte sich die feuchten Handflächen an seinen Knien ab. »Wer hat Benny denn nur auf die tolle Idee gebracht, den Beitrag noch mit Musik zu untermalen?«
»Das war ich.« Etwas kleinlaut lächelte Deanna zu ihrem Kollegen hinüber.
»Mir kam der Gedanke, als ich mir diesen Beitrag vor der Sendung ansah, und ich verwarf ihn auch wieder. Aber der Beitrag wird damit wirklich perfekt.« Jemand bedachte sie im Kopfhörer mit irgendwelchen Obszönitäten, und ihr Lächeln wirkte auf einmal ein wenig gequält. Wieso mußte für sie nur immer alles perfekt sein? »Ich konnte wirklich nicht ahnen, daß er auf diese Weise darauf reagieren würde.«
»Noch zehn gottverdammte Sekunden!« Roger warf einen letzten flüchtigen Blick in den Handspiegel. »Wenn wir jetzt irgendwelche Pausen überbrücken müssen, dann werde ich das dir unterjubeln, Süße.«
»Das kriegen wir schon hin.« Das Kinn trotzig nach vorne gereckt, war sie sich gewiß, daß das Ergebnis für sich sprechen würde. Das Fluchen im Regieraum verwandelte sich in
ein infernalisches Jubelgeschrei. »Sie haben es geschafft.« Nach einem kurzen, selbstgefälligen Blick in Rogers Richtung drehte sie ihr Gesicht wieder zur Kamera.
»Guten Tag. Wir begrüßen Sie zum Mittagsmagazin . Mein Name ist Roger Crowell.«
»Und ich bin Deanna Reynolds. Letzten Freitag befanden sich an Bord von Flug 1129 von London nach Chicago insgesamt zweihundertvierundsechzig Menschen. Heute früh kam noch einer dazu, denn um fünf Uhr fünfzehn erblickte Matthew John Carlyse das Licht der Welt. Er ist der Sohn von Alice und Eugene Carlyse, die beide in der Unglücksmaschine saßen. Obwohl der kleine Matthew sechs Wochen zu früh kam, brachte er gesunde fünf Pfund auf die Waage.«
Als der Beitrag lief und während das schmachtende »Mein Baby, mein Baby« zu hören war, gab Deanna einen erleichterten Seufzer von sich und grinste den Monitor an. Das war ihre Idee gewesen, rief sie sich ins Gedächtnis zurück. Und der Beitrag war perfekt. »Tolle Bilder.«
»Nicht schlecht«, mußte Roger zugeben und konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, als das Bild auf dem Monitor die winzige Gestalt zeigte, die sich mit protestierendem Geschrei im Brutkasten krümmte. An seinem Deckchen waren zwei kleine Tragflächen befestigt. »Sie sind das Magengeschwür fast wert.«
»Die Carlyses haben ihren Sohn nach Matthew Kirkland benannt, dem Piloten, der Flug 1129 Freitagnacht trotz eines Maschinenschadens heil auf dem Flughafen O’Hare zu Boden brachte. Mr. Carlyse sagte, weder bei ihm noch bei seiner Frau würde der Rückflug nach London Ende des Monats Besorgnis hervorrufen. Vom kleinen Matthew gab es dazu keinen Kommentar.«
»Nun zu weiteren Meldungen …«, begann Roger seine Überleitung zum nächsten Beitrag.
Deanna blickte auf ihren Text und ließ noch einmal ihr Lesetempo Revue passieren. Als sie wieder hochschaute, entdeckte sie hinten im Studio Finn. Er schaukelte auf seinen Fersen nach hinten und hatte die Daumen in die Vordertaschen
seiner Jeans eingehakt, gab ihr jedoch mit einem Kopfnicken zu
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