Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
Erfahrungen des Durchschnittszuschauers beziehen.«
»Und Sie sehen sich selbst als Wortführerin dieses Durchschnittszuschauers?«
Sie lächelte wieder. An dieser Stelle konnte sie sich ganz sicher sein. »Ich bin die Durchschnittszuschauerin. Wenn mich eine Sondersendung im Kulturprogramm des PBS interessiert, sehe ich sie mir an. Allerdings werde ich auch überglücklich sein, mir einen Barhocker zurechtzurücken und Ein himmlisches Vergnügen zu verfolgen. Meine erste Tasse Kaffee am Morgen verbringe ich mit der Chicago Times und Kirk Brooks bei Der fröhliche Wecker . Und wenn ich keinen frühen Termin habe, gehe ich mit Die Abend-Show ins Bett, es
sei denn, an jenem Abend spricht mich Arsenio mehr an.« Jetzt grinste sie und nahm einen kleinen Schluck. »Und dessen schäme ich mich nicht.«
Loren lachte und leerte seine Cola. Sie hatte ein ziemlich genaues Bild seiner eigenen Fernsehgewohnheiten gezeichnet. »Ich habe gehört, Sie hätten schwarz für Angela gearbeitet?«
»Das stimmt nicht ganz, denn meine Arbeit für Angela hatte weder die Form noch die Struktur dafür. Und ich habe von ihr dafür auch nie Geld bekommen. Es war eher eine Art Zusatzausbildung.« Deanna versuchte, sich ihre Gefühle nicht an ihrer Stimme anmerken zu lassen. »Und ich lernte eine ganze Menge von ihr.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Loren schwieg eine Weile, dann legte er die Handflächen aneinander und fuhr fort: »Es ist kein Geheimnis, daß Delacort nicht gerade glücklich darüber ist, Angela verloren zu haben. Und alle, die etwas mit dieser Sache zu tun haben, werden auch wissen, daß wir ihr gegenüber nicht unbedingt Wohlwollen empfinden.« Seine Augen wirkten im Kontrast zu seiner blassen Haut dunkel wie Onyx. Ja, ein Apostel, dachte Deanna wieder, allerdings nicht einer, der fröhlich zu den römischen Löwen gegangen wäre. »Mit ihren Kenntnissen und Leistungen wird sie jedoch den Markt weiter beherrschen. Und wir sind nicht soweit, ihr mit einer anders aufgemachten Talk-Show diese Spitzenposition bei den landesweit ausgestrahlten Sendungen streitig machen zu können.«
»Aber Sie können doch andere Sendungen dagegensetzen«, meinte Deanna. Loren hielt inne und runzelte die Stirn. »Treten Sie doch mit Quizsendungen, Familienserien und Wiederholungen, die hohe Einschaltquoten garantieren, gegen sie an, je nach der demographischen Struktur der jeweiligen Zuschauer.«
»Das wäre tatsächlich eine Idee. Ich hatte schon erwogen, bei ein paar Zweigsendern der CBC auszuprobieren, wie eine andere Talk-Show laufen würde.«
»Mehr brauche ich auch nicht«, meinte sie ruhig, nahm dabei jedoch die Colaflasche in beide Hände, damit sie nicht
wackelte. Jetzt will ich es wissen, beschloß sie. »Um anzufangen.«
Vielleicht waren es ja persönliche Gründe, grübelte Loren. Aber was macht das schon? Wenn er Deanna Reynolds dazu nutzen konnte, Angela einen kleinen Teil ihrer Zuschauer abspenstig zu machen, würde er sich auch die Unkosten leisten können. Schlug das Projekt fehl, würde er es als Erfahrung verbuchen. Aber wenn seine Rechnung aufging, wenn er Deanna soweit bringen konnte, daß die Sendung ein Erfolg wurde, würde die Befriedigung darüber die Werbeeinnahmen um ein Vielfaches an Wert übertreffen.
»Haben Sie einen Agenten, Miss Reynolds?«
»Nein.«
»Dann besorgen Sie sich einen.« Der Blick seiner dunklen milden Augen wurde durchdringender. »Es ist mir eine Freude, Sie bei Delacort willkommen heißen zu dürfen.«
»Sag es noch einmal«, verlangte Fran.
»Ein Vertrag über sechs Monate.« Ganz gleich, wie viele Male sie das laut aussprach, die Worte hatten für Deanna immer noch einen ausgesprochen fröhlichen Klang. »Wir machen die Aufnahmen hier bei der CBC, eine Sendung am Tag, fünf Tage die Woche.«
Auch nach zwei mit Verhandlungen gefüllten Wochen fühlte sich Deanna immer noch ganz benommen, als sie durch Angelas ehemaliges Büro wanderte. Außer den pastellfarbenen Wänden, dem Teppich und der Aussicht auf Chicago war dort nichts mehr geblieben, was an ihre Vorgängerin erinnerte. »Gemäß der Vereinbarung mit der CBC werde ich während der Probezeit dieses Büro und zwei andere nutzen können. Wir werden von zehn Zweigsendern im Mittelwesten übernommen und laufen live in Chicago, Dayton und Indianapolis. Bis zur Premiere im August haben wir sechs Wochen Zeit, um alles auf die Beine zu stellen.«
»Du hast es wirklich geschafft!«
Mit einem halbherzigen Lachen drehte sich
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