Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
miteinander auskommen, Cassie, dessen bin ich mir sicher.«
Es fiel Deanna schwer zu glauben, daß die Nachrichtenredaktion tatsächlich hinter ihr lag, insbesondere jetzt, wo sie sich in den Schneideraum gezwängt hatte und sich eine Aufzeichnung ansah.
»Wie lang ist der Beitrag jetzt?« fragte sie.
Jeff Hyatt, der für den Filmschnitt zuständig war, blickte auf die Digitaluhr auf der Konsole. »Eine Minute fünfundfünfzig Sekunden.«
»Verdammt, das ist immer noch zu lang. Wir müssen wohl weitere zehn Sekunden herausschneiden. Laß es noch einmal zurücklaufen, Jeff.«
Sie beugte sich in ihrem Drehsessel vor wie eine Läuferin an der Startlinie und wartete, bis er den Film wieder abfahren ließ. Der Bericht über einen vermißten Teenager, der wieder zu seinen Eltern zurückgekehrt war, mußte in den vorgegebenen Zeitrahmen hineinpassen. Vom Verstand her war Deanna das klar; rein gefühlsmäßig wollte sie jedoch auf keine einzige Sekunde verzichten.
»Hier.« Jeff klopfte mit einem kompetenten Finger gegen den Bildschirm. »Diese Stelle, wo sie im Hof auf und ab gehen, könnte wegfallen.«
»Wie die Eltern sie zwischen sich genommen haben und sich an den Armen fassen, zeigt doch gerade ihre Gefühle bei diesem Wiedersehen.«
»Das gehört aber nicht zu den Nachrichten.»Er schob seine Brille hoch und lächelte entschuldigend. »Obwohl es eine schöne Szene ist.«
»Schön«, murmelte sie flüsternd.
»Außerdem wird dieses Gefühl, endlich wieder zusammen zu sein, auch in dem Teil mit dem Interview deutlich, bei dem sie alle auf der Couch sitzen.«
»Es ist einfach eine gute Szene.«
»Fehlt nur noch ein Regenbogen über ihnen.«
Deanna drehte sich um, als sie Finns Stimme hörte, und warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ich hatte gerade keinen zur Hand.«
Trotz ihrer offensichtlichen Verärgerung kam er auf sie zu, ließ die Hände auf ihre Schultern sinken und sah sich mit den beiden die Aufzeichnung bis zum Ende an. »Ohne diese Szene ist der Beitrag eindrucksvoller, Deanna«, meinte er. »Wenn du sie diesen gemeinsamen Spaziergang machen läßt, schwächst du das Interview und die Gefühle, die du eigentlich einfangen willst, ab. Außerdem ist es ein Bericht für die Nachrichten, und nicht der Film der Woche.«
Er hatte recht, aber dadurch wurde es nur noch schwerer, es zu akzeptieren. »Nimm es raus, Jeff.«
Während Jeff das Band hin und her spulte, Schnitte machte und die Zeiten festsetzte, saß sie mit verschränkten Armen da. Das war einer ihrer letzten Beiträge für die CBC-Nachrichten, und ihr Selbstwertgefühl und ihr Stolz wollten, daß es an ihm nichts auszusetzen gab.
»Ich muß noch den Sprechertext lesen«, sagte sie und warf Finn einen vielsagenden Blick zu.
»Tu einfach so, als wäre ich nicht hier«, schlug er vor.
Als Jeff fertig war, nahm sie sich einen Augenblick Zeit, ihren Text zu studieren. Die Stoppuhr in der Hand nickte sie und begann zu lesen.
»Der schlimmste Alptraum aller Eltern fand heute morgen sein glückliches Ende, als die sechzehnjährige Ruthanne
Thompson, die seit acht Tagen vermißt wurde, wieder zu ihrer Familie in Dayton zurückkehrte…«
Die nächsten Minuten hatte sie Finn tatsächlich vergessen und arbeitete mit Jeff daran, den Beitrag zu vervollkommnen. Irgendwann bedankte sie sich bei dem Cutter und stand zufrieden auf.
»Gute Arbeit«, bemerkte Finn, als er mit ihr den Schneideraum verließ. »Der Beitrag ist solide gemacht, beschränkt sich auf das Wesentliche und spricht die Gefühle an.«
»Spricht die Gefühle an?« Sie blieb stehen und versuchte, seinen Blick aufzufangen. »Ich hätte nicht gedacht, daß das für dich überhaupt zählt.«
»Wenn es zu den Nachrichten gehört, zählt das. Wie ich hörte, beziehst du nächste Woche ein Büro weiter oben.«
»Da hast du richtig gehört.« Sie bog in den Nachrichtenraum ab.
»Gratuliere.«
»Danke, aber vielleicht wäre es besser, sich die Glückwünsche bis nach der ersten Sendung aufzusparen.«
»Ich habe das Gefühl, daß du das mit Bravour schaffen wirst.«
»Komisch, ich auch. Hier zumindest.« Sie tippte gegen den Kopf. »Mein Bauch hat allerdings seine Zweifel.«
»Vielleicht bist du ja nur hungrig.« Beiläufig wickelte er sich eine ihrer Locken um den Finger. »Wie wäre es, wenn wir essen gehen?«
»Essen gehen?«
»Ab sechs hast du doch frei. Ich habe auf deinem Plan nachgeschaut. Mein nächster Termin ist morgen früh um acht. Dann muß ich ein Flugzeug nach
Weitere Kostenlose Bücher