Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
daß Loren von Telefonen, Computertastaturen und Monitoren umgeben war, sobald er hinter dem Schreibtisch Platz nahm.
Als erfahrener Hacker war er in der Lage, sich jede gewünschte Information geschickt und rasch zu beschaffen, ob es sich dabei um die Anzeigenpreise für irgendein Produkt von Delacort bzw. dessen Konkurrenten oder um den aktuellen Umrechnungskurs von Dollar in Yen handelte.
Eines seiner Hobbys bestand darin, für eine Tochtergesellschaft seines Konsortiums Computerspiele zu entwerfen und zu programmieren.
Mit zweiundfünfzig hatte er das unaufdringliche, ästhetische Äußere eines Mönchs mit einem langen, hageren Gesicht und schmaler Statur. Sein Verstand besaß die Schärfe eines Skalpells.
Hinter seinem Schreibtisch sitzend, betätigte er gerade einen Knopf an seiner Fernbedienung. Einer der vier Fernsehbildschirme leuchtete auf. Mit sanftem und nachdenklichem Blick nahm er einen kleinen Schluck von seiner Cola und schaute Deanna Reynolds zu.
Er hätte sich das Band auch ohne den Anruf von Barlow James angesehen, denn Loren warf zumindest einen flüchtigen Blick auf alles, was über seinen Schreibtisch wanderte. Ob er sich aber auch ohne Barlows zusätzliche Empfehlung so schnell Zeit dafür genommen hätte, war zweifelhaft.
»Attraktiv«, sprach er mit einer Stimme von der Weichheit und Kühle morgendlichen Schnees in sein Miniaturdiktiergerät. »Gute, kehlige Stimme. Auftreten vor der Kamera exzellent. Kraftvoll und begeistert. Sexy, aber nicht bedrohlich. Hat guten Kontakt zum Publikum. Fragen aus dem Drehbuch wirken nicht wie vorher festgelegt. Wer schreibt für sie? Das sollte ich herausfinden. Bei der Produktion selbst läßt sich noch einiges verbessern, insbesondere hinsichtlich der Beleuchtung.«
Er schaute sich die ganzen fünfzig Minuten an, spulte das Band gelegentlich zurück, studierte Standbilder und sprach die ganze Zeit seine kurzen Kommentare in das Diktiergerät.
Nach einem weiteren tiefen Schluck aus der Cola-Flasche lächelte er. Er hatte Angela von einer unbedeutenden lokalen Berühmtheit zu einem landesweit beachteten Phänomen aufsteigen lassen.
Und so etwas konnte er noch einmal tun!
Mit einer Hand stellte er ein Standbild von Deannas Gesicht auf dem Bildschirm ein, mit der anderen betätigte er die Sprechanlage. »Shelly, nehmen Sie bei der CBC mit Deanna Reynolds von der Nachrichtenabteilung in Chicago Kontakt auf und machen Sie einen Termin. Ich würde sie gerne so früh wie möglich hierherbitten.«
Deanna war es gewohnt, sich bezüglich ihrer äußeren Erscheinung Sorgen zu machen. Vor der Kamera zu stehen bedeutete, daß ein Teil der Arbeit sich darum drehte, gut auszusehen. Häufig legte sie ein wunderschönes Kostüm, das ihr gefiel, nur deswegen wieder weg, weil der Schnitt oder die Farbe sich nicht für das Fernsehen eigneten.
Doch sie konnte sich nicht erinnern, jemals größere Qualen bezüglich des Eindrucks, den sie machte, durchgestanden zu haben als bei der Vorbereitung auf ihr Treffen mit Loren Bach.
Sogar als sie bereits im Empfangsbereich vor seinem Büro saß, kritisierte sie sich noch im nachhinein für ihre Entscheidungen.
Das marineblaue Kostüm, das sie gewählt hatte, war viel zu streng. Ihr Haar offen zu tragen, wirkte zu leichtfertig. Sie hätte ausgefalleneren Schmuck tragen sollen. Oder gar keinen.
Sich auf Kleidung und Frisur zu konzentrieren, war eine gewisse Hilfe. Sie wußte, daß sie in dieser Hinsicht gewöhnlich recht zimperlich war. Aber das bedeutete auch, daß sie nicht zwanghaft daran denken mußte, was dieses Treffen für ihre Zukunft bedeutete.
Alles oder nichts, dachte sie, als ihr Magen sich verkrampfte.
»Mr. Bach möchte Sie jetzt sehen.«
Deanna nickte nur. Ihr schnürte sich die Kehle zu, als wäre sie in einen Schraubstock eingeklemmt. Sie hatte Angst, daß jedes Wort, das sich ihr entrang, nur noch ein Piepsen war.
Die Dame, bei der sie sich angemeldet hatte, öffnete die Türen, und Deanna trat in Lorens Büro.
Er saß hinter seinem Schreibtisch, ein dünner Mann mit schrägen Schultern und einem Gesicht, das Deanna an einen Apostel denken ließ. Sie kannte Fotos und Fernsehausschnitte von ihm und hatte ihn sich viel größer vorgestellt. Wie dumm von mir, dachte sie. Ich müßte doch nun wirklich wissen, wie sehr sich das von den Medien erzeugte Bild von der Wirklichkeit unterscheidet.
»Miss Reynolds.« Er stand auf und streckte ihr über den geschwungenen Schreibtisch hinweg seine Hand
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