Tödliche Mitgift
war alles in eine Katastrophe gemündet. Erst war Caterinas Schwägerin, diese Annegret, in einem Hotel in Perugia ermordet worden. Und als wäre das noch nicht grausam und entsetzlich genug, war dann auch Matthias, ihr Ehemann, ums Leben gekommen. Was genau passiert war, hatte Caterina am Telefon bei dem kurzen Gespräch nicht erzählen wollen. Eine verirrte Kugel, wohl aus der Waffe eines Carabiniere, und das würde wahrscheinlich dann auch noch vertuscht werden, dachte Rosa Fanelli fatalistisch. Es waren zu viele Schicksalsschläge auf einmal gewesen. Sie musterte ihre Tochter, das erschöpft aussehende Gesicht, und war zum ersten Mal in ihrem Leben froh, dass sie keine Enkelkinder hatte.
»Sieh mich nicht mit diesem Bernhardiner-Blick an, Mamma. Das steht dir nicht«, sagte Caterina grob.
»So sehr ich mich freue, dich hier zu haben, ich finde es zu gefährlich.«
»Gisberto hat alles genau durchdacht. Ich werde einen guten Anwalt haben, wenn ich mit der Polizei rede.«
»Dann weiß Gisberto also, dass du hier bist. Das ist immerhin etwas! Er wird nicht zulassen, dass sie dir etwas tun, cara. Meinst du, sie finden den Mann?«
»Wen?«
»Den Mörder deiner Schwägerin. Es ging hier durch die Lübecker Presse, weil sie doch eine angeheiratete Dreyling war.«
»Das ist mir egal. Annegret war eine dumme Nuss.«
Rosa Fanelli sah ihre Tochter befremdet an. »Sie war die Schwester deines Mannes, Kind.«
»Bla, bla, bla! Ich weiß, man soll nicht schlecht über Tote sprechen, aber diese Frau hat von Anfang an nur Probleme verursacht. Ohne sie und Bernhard Löwgen wäre übrigens alles fantastisch gelaufen …« Sie stockte.
»Was hat Bernhard mit der Angelegenheit zu tun? Warum wurde er da überhaupt mit hineingezogen?«, fragte Rosa Fanelli. Sie sah, wie sich Caterinas schönes Gesicht nun vor Wut verzerrte.
»Das brauchst du nicht zu wissen, Mutter. Matthias benötigte einfach seine Hilfe, das war alles.«
Rosa sah Bernhard Löwgen vor sich, einer der angenehmsten und besten Angestellten in der Werkstatt, die sie je gehabt hatten. Er war ein ruhiger, zuvorkommender und dabei talentierter junger Mann, den vor allem Francesco in sein Herz geschlossen hatte. Francesco, der sonst niemandem, der nicht zur Familie gehörte oder den er nicht seit zwanzig Jahren kannte, sein Vertrauen schenkte. Dem selbst Caterina immer ein wenig fremd geblieben war. Für ihren Mann war Berry eine Zeit lang fast der Sohn gewesen, den er nie bekommen hatte, dachte Rosa mit der altvertrauten Verbitterung. Nach Caterina hatte sie keine Kinder mehr bekommen können und deshalb all ihre Liebe und Zeit diesem einen Kind gewidmet. Vielleicht hatte sich Francesco hin und wieder ausgeschlossen gefühlt? Bernhard war zum rechten Zeitpunkt am rechten Ort gewesen und ihrem Mann wie der fehlende Teil seiner Existenz erschienen. Das passende Puzzlestück … Die Krankheit, die bei Berry kurz vor Abschluss seiner Ausbildung diagnostiziert worden war, hatte ihren Mann genauso getroffen wie Bernhard selbst. Narkolepsie, Rosa Fanelli verstand bis heute nicht, was genau das bedeutete, aber das Bedienen von Werkzeugen und Maschinen war offensichtlich zu gefährlich, wenn man an dieser Krankheit litt. Bernhard war immer schon von seltsamen Müdigkeitsattacken heimgesucht worden, und es war schlimmer geworden …
Sie sah die vor Erschöpfung zusammengesunkene Gestalt ihrer Tochter neben sich am Küchentisch lehnen und schämte sich für ihre abschweifenden Gedanken. »Es tut mir leid«, sagte sie, »alles, die ganze, schreckliche Geschichte. Und besonders dass Matthias nicht mehr da ist. Es muss furchtbar für dich gewesen sein.«
»Das ist es immer noch«, erwiderte Caterina leise.
»So schwer, dass du nicht mal mit mir darüber reden kannst?«
»Ja.« Und dann, mit veränderter Stimme: »Trotzdem danke, dass du mir helfen wolltest …«
»Ich schäme mich, wenn ich daran denke«, meinte Rosa, als sie sich an die ungewöhnliche Bitte ihrer Tochter erinnerte.
»Es hat ja sowieso nicht geklappt. Mach dir bloß keine Gedanken mehr darüber.« Caterina gab sich gleichgültig. »Aber es war alles so, wie ich es beschrieben hatte, oder?«
»Es war ein Kinderspiel«, antwortete Rosa. Erleichtert hörte sie, wie sich ein Schlüssel im Schloss der Haustür drehte.
»Weiß er davon?«, fragte ihre Tochter.
»Nein. Ich hatte ihm gesagt, dass ich einkaufen gehe, bevor ich nach Duvensee gefahren bin.« Hätte sie es Francesco erzählt, dann stünde sie
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