Tödliche Mitgift
Löwgen nicht schleunigst wieder auftaucht, werde ich alles daransetzen, einen Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung zu bekommen.«
»Sehen Sie da irgendwelche Schwierigkeiten, Frau Korittki?«
»Ja«, sagte Pia nachdenklich, »es ist eigentlich gar nicht unser Fall.«
Zurück im Polizeihochhaus, versuchte Pia Kontakt zu den Beamten in Umbrien aufzunehmen. Nach etlichen Fehlversuchen gelang es ihr, eine Kollegin aus Perugia an den Apparat zu bekommen, die mit dem Fall im Guarini Palace Hotel betraut war und zudem auch noch gut Deutsch sprach.
»Meine Mutter ist Deutsche«, erklärte Commissaria Vittoria Sponza bereitwillig. »Sie ist in den späten Sechzigern in Cattolica, einem Badeort an der Adria, hängen geblieben, weil sie meinen Vater kennengelernt hat. Ich bin in Cattolica aufgewachsen, bis es mich aus beruflichen Gründen nach Perugia verschlagen hat. Ich freue mich, dass Sie anrufen. Sie unterstützen unsere Ermittlungen in Deutschland? Wir hängen hier, ehrlich gesagt, ziemlich in der Luft. Der ganze Fall ist äußerst kompliziert.«
Sie tauschten sich über ihre bisherigen Ermittlungsergebnisse aus.
»Ich habe erfahren, dass sich der Bruder unseres mutmaßlichen Opfers wahrscheinlich auch in Perugia aufhält. Sein Name ist Matthias Nowak«, erklärte Pia.
»Das wäre ja großartig. Eine sichere Identifizierung ist das, was wir jetzt am nötigsten brauchen«, sagte Vittoria Sponza. »Wo können wir diesen Matthias Nowak finden? Im Guarini ist er jedenfalls nicht abgestiegen.«
»Er soll eine private Unterkunft haben, zusammen mit seiner Frau Caterina Nowak. Ihre Eltern stammen übrigens auch aus Italien. Ihr Mädchenname ist Fanelli.«
»Haben Sie die Adresse der beiden?«
»Nur eine Telefonnummer.« Pia gab die Nummer weiter, die Rosa Fanelli ihr notiert hatte.
»Also gut. Wir werden jetzt alles daransetzen, diesen Bruder ausfindig zu machen. Sie hören von mir, wenn wir ihn gefunden haben.«
Pia zweifelte nicht daran.
»Noch besser wäre es natürlich, wenn Sie vor Ort sein könnten, wenn wir Bernhard Löwgen oder den Bruder der Ermordeten befragen«, sagte die Commissaria.
»In Perugia?«, fragte Pia. »Daran bin ich natürlich auch interessiert. Aber bis das Ersuchen um Amtshilfe über die Staatsanwaltschaften unserer beider Länder offiziell ist, haben Sie Ihre Befragungen wahrscheinlich schon längst abgeschlossen.«
»Das lässt sich bestimmt auch anders regeln. Sie wären uns hier sehr nützlich, Signora Korittki. Sie kennen die Familie des Opfers und das dazugehörige soziale Umfeld. Je enger wir zusammenarbeiten und je mehr Informationen wir austauschen, desto schneller werden wir den Fall abschließen können. Ich kann bei den anstehenden Befragungen mit Deutschen zwar als Dolmetscher für meine Kollegen fungieren, aber für die Zwischentöne haben Sie mehr Gespür. Was meinen Sie?«
»Ich werde das abklären und mich bei Ihnen melden, sobald ich Näheres weiß«, versprach Pia, von der Zuversicht von Commissaria Sponza, was ihre mögliche Zusammenarbeit in Perugia betraf, schon fast infiziert.
»Sehr gut. Ich werde Ihnen dann sofort ein Hotelzimmer buchen lassen und einen Fahrer zum Flughafen schicken.«
So weit sind wir aber noch nicht, dachte Pia, musste aber lächeln. Sie mochte Menschen, die die Dinge vorantrieben. Sicherlich, so abwegig war das Vorhaben gar nicht. Es passierte gelegentlich, dass Kollegen aufgrund einer Ermittlung ins Ausland reisten, wie vor einiger Zeit nach England oder kürzlich nach Polen. Es war allerdings unverhältnismäßig viel Papierkram damit verbunden, und die anfallenden Kosten … Pia war sich nicht sicher, wie Gabler auf diesen Vorschlag reagieren würde. Er würde bestimmt einen Eimer voll Einwände haben, den er über ihrem Kopf auskippen würde. Oder aber – und dieser Gedanke war beunruhigend – die Verwicklung der Dreylings in den Mordfall in Italien setzte ungeahnte Kräfte bei der Polizei in Bewegung.
9. Kapitel
H atte ich nicht ausdrücklich gesagt, dass die Ermittlungen in dem Perugia-Fall mit Feingefühl und äußerster Vorsicht angegangen werden müssen?«, fragte Gabler, als er Pia auf dem Rur kurz vor ihrem Büro antraf.
»Gibt es ein Problem?« Sie versuchte, nicht schuldbewusster zu klingen, als sie sich fühlte. Also eigentlich gar nicht schuldbewusst, denn bisher hatte sie ihres Wissens in kein Schlammloch gegriffen, um einen Haufen Unrat ans Tageslicht zubefördern.
»Die Dreylings haben sich darüber beschwert,
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