Tödliche Mitgift
konnte ihn nicht loslassen, um zu telefonieren und Hilfe anzufordern, weil sie ihn keine Sekunde unbeaufsichtigt lassen wollte. Irgendwie musste sie den Kerl zur Questura befördern, wenn sie nicht vorher einer Polizeistreife über den Weg lief …
Eigentlich wollte sie am liebsten sofort eine größere Distanz zwischen ihn und sich selbst legen, denn sein Körpergeruch war atemberaubend. Er rührte sich nicht. Fast glaubte sie, in dem ihr zugewandten Auge ein triumphierendes Glitzern zu erkennen. Seine Niederlage schien ihm nicht besonders viel auszumachen. Er wusste anscheinend genau, was er von ihr wollte … also machte sein Angriff nur unter einer Voraussetzung einen Sinn …
»Löwgen!«, fuhr sie ihn an, »Sie sind Bernhard Löwgen!«
Die Türklingel schrillte durch die Wohnung, als Matthias Nowak aus der Dusche trat. Er schlang sich ein Handtuch um die Hüften und öffnete die Badezimmertür einen Spalt breit. »Caterina? Wer kann das sein? Kannst du an die Tür gehen und nachsehen? Ich bin noch im Bad …«
Sie machte sich nicht die Mühe, auf eine seiner Fragen zu antworten, aber er hörte ihre Absätze über den Boden klappern, als sie durch den langen Flur zur Wohnungstür ging.
Nach einem kleinen Moment, in dem sie wahrscheinlich durch den Spion nach draußen gesehen hatte, hörte er, wie sie die Kette und den Sicherheitshebel zurückschob und die Tür öffnete.
»Caterina, mia cara! Du siehst bezaubernd aus. Habt ihr schon gefrühstückt? Ich habe ein paar Brioches mitgebracht!«
Matthias Nowak schnaubte leise. Es war Rizzo, Caterinas Patenonkel, und er war allem Anschein nach zum Frühstück gekommen! Das war eine deutliche Missachtung sämtlicher Vorsichtsmaßnahmen, die sie sich selbst auferlegt hatten. Noch wütender als dieser Verstoß machte ihn allerdings die Tatsache, dass ihm nun die ruhige erste Stunde des Tages, die er morgens so genoss, durch Rizzos Anwesenheit verdorben werden würde. Es war die Stunde, in der Caterina für sie beide Kaffee kochte und sie einfach schweigend zusammensaßen. Dann war es fast so wie früher. Sobald sie aber beide den Mund aufmachten, um Dinge zu bereden, und sei es auch nur, wer von ihnen neue Getränkekisten besorgte, waren die Vertrautheit und das winzige Quäntchen ehelichen Glücks dahin.
Nowak warf einen Blick in den Spiegel und war zufrieden mit dem, was er sah. Er strich sich sein nasses Haar aus dem Gesicht, musterte die gut entwickelten Muskeln, die sich unter seiner Haut abzeichneten, und den flachen Bauch. Er dachte an Gisberto Rizzo, aufgeschwemmt von übertrieben gehaltvollen Abendmenüs und reichlich Wein und Spirituosen, an sein Gesicht mit den ausgeprägten Tränensäcken, das umrahmt wurde von lockigem, mittlerweile silbergrauem Haar, und er fühlte sich stark und sehr wohl bei der Aussicht, ihm in der Verfassung gegenüberzutreten.
Caterina und Rizzo standen an dem Tresen mit der schwarzen Granitplatte, die die Küchenzeile vom Essbereich abtrennte, und hatten jeder ein großes Glas Latte Macchiato vor sich stehen. Den konnte Caterina unmöglich so schnell für Rizzo gezaubert haben … der Mistkerl trank seinen Kaffee!, erkannte Matthias. »Moin, Gisberto,« sagte er und zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Ah – Matthias! Buongiorno. Ich habe euch ein paar Brioches mitgebracht.«
»Danke. Aber wir hatten doch vereinbart, dass wir uns nicht hier treffen. Wahrscheinlich stehen jetzt unten schon die Bullen vor der Haustür und leiten alles brühwarm an ihre Vorgesetzten weiter.«
»Nein. Ich bin schließlich kein Anfänger. Außerdem ist es so wichtig, dass ich ein gewisses Risiko in Kauf genommen habe – Telefonieren kommt ja noch weniger infrage. Ich habe Neuigkeiten, von einem meiner Informanten bei der Polizei …«
»Was für Neuigkeiten«, fragte Caterina angespannt.
»Sie haben gestern Nacht Bernhard Löwgen aufgegriffen. Er scheint sich die ganze Zeit in Perugia aufgehalten zu haben. Jetzt befindet er sich seit ein paar Stunden in Polizeigewahrsam.«
»So ein Mist! Berry – bei der Polizei!« Nowak ließ sich auf einen der Barhocker sinken.
»Meint ihr, er gesteht …?«, fragte Caterina leise.
»Den Mord an Annegret? Wenn er es war, werden sie es über kurz oder lang aus ihm herausquetschen. Er soll in einem ziemlich schlechten Zustand sein, hat anscheinend die ganze Zeit über auf der Straße gelebt.«
»Wer soll es denn sonst gewesen sein?«, rief Caterina aufgebracht aus und warf einen kurzen Blick zu Matthias
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