Tödliche Mitgift
hinüber. »Der Kerl hat Annegret angehimmelt … und sie hat ihn immer wieder hingehalten. Da ist er irgendwann ausgetickt …«
»Caterina«, sagte Nowak entnervt, »nicht schon wieder diese Geschichte! Ich kann immer noch nicht glauben, dass Berry … zu so etwas fähig ist. Hat er sonst noch was gesagt, Gisberto?«
»Wohl nicht.« Rizzo starrte mit gerunzelter Stirn auf den Milchschaum in seinem Glas. Er hatte noch nicht einen Schluck getrunken und wirkte trotz seines jovialen Gehabes verstört. »Noch ist Berry nämlich gar nicht richtig befragt worden. Gestern Abend ist nicht mehr viel passiert; sie haben ihn nur eingelocht. Aber heute wird es losgehen, und wir müssen im schlimmsten Fall davon ausgehen, dass er unser Vorhaben verrät. Wenn er Annegret ermordet hat, dann weiß er, dass er von uns nichts mehr zu erwarten hat. Er wird versuchen, uns die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, und nebenbei unser Geschäft mit Georg Regner auffliegen lassen. Aber mal angenommen, er hat es nicht getan …«
Caterina schnaubte verächtlich, doch Matthias Nowak beachtete sie nicht weiter.
»Ja?«
»Dann wird er seine Karten anders ausspielen. Er wird wissen wollen, ob er noch seinen Anteil erwarten darf. Wenn er davon ausgeht, hält er vielleicht die Klappe und konzentriert sich darauf, Hinweise auf Annegrets Mörder zu liefern …«
»Das glaube ich nicht. Nicht, nachdem er sich tagelang vor uns versteckt hat«, sagte Caterina und füllte neues Wasser in den Espressokocher.
»Hast du jemanden, der uns über Berrys Aussagen auf dem Laufenden hält?«, fragte Nowak.
»Nein. So weit gehen meine Kontakte dann auch nicht«, erklärte Gisberto Rizzo widerstrebend. »Aber wir haben schließlich vorgesorgt. Das Lager eins ist leer geräumt, die Ware steht in Lager zwei bereit, ein sicherer Ort, von dem Berry nichts weiß. Außerdem habe ich erfahren, dass Georg Regner gestern Vormittag hier angekommen ist. Wir können die Übergabe jetzt zügig abwickeln und von hier verschwinden. Dann muss Berry allein sehen, wie er klarkommt.«
»Das ist ziemlich gewagt«, wandte Matthias Nowak ein, dem bei dem Gedanken flau wurde, dass Berry vielleicht gerade jetzt in dem Vernehmungsraum saß, in dem er gestern auch gesessen hatte, und der Polizei ihren gesamten Plan verriet. Dann würden innerhalb kürzester Zeit die Bullen wieder vor seiner Tür stehen.
»Deshalb bin ich hier«, sagte Rizzo selbstgefällig. »Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass Berry nicht vor neun Uhr befragt wird. Ihr unternehmt jetzt einen Tagesausflug an den Trasimenischen See und spielt harmlose Touristen. Ihr dürft alles, nur nicht auffallen. Heute Abend übergeben wir unsere Ware an Regner, kassieren die Kohle und sind weg.«
»Das klingt so, als könnte es nicht klappen«, sagte Caterina über den Lärm hinweg, den das Aufschäumen der Milch verursachte.
Nowaks Magen krampfte sich zusammen. Wenn seine Frau an etwas zweifelte, das ihr Patenonkel von sich gab, musste es schon einen triftigen Grund dafür geben. Normalerweise war sein Wort für sie Gesetz.
»Wir machen es genauso«, antwortete Rizzo mit harter Stimme. »Ihr seid heute Abend am Lager zwei pünktlich um elf Uhr zur Stelle. Wenn ihr es schafft, der Polizei so lange aus dem Weg zu gehen, sehe ich keinerlei Schwierigkeiten. Den Fluchtweg habe ich bereits organisiert. Ihr könnt euch da auf mich verlassen.«
»Dein Wort in Gottes Ohr …«, murmelte Matthias Nowak.
Rizzo stand abrupt auf. »Ich gehe jetzt. Beeilt euch, ihr habt nur bis neun Uhr Zeit, von hier zu verschwinden. Danach garantiere ich für nichts mehr. Gut möglich, dass Berry unseren ursprünglichen Plan verrät – obwohl ihm klar sein dürfte, dass er dann tot ist.«
Rizzos letzter Satz hing noch wie ein übler Geruch in der Luft, als Caterinas Patenonkel längst die Wohnung verlassen hatte.
Matthias Nowak sah auf die Uhr: Es war jetzt kurz nach sieben, nicht mehr genügend Zeit, um ihre Abreise gut und glaubhaft zu organisieren, aber doch zu viel Zeit, um einfach aufzugeben. Er sah auf seine nackten Arme auf der Granitplatte hinunter, die sich mit einer Gänsehaut überzogen hatten.
18. Kapitel
W em sind Sie denn auf die Zehen getreten?« Vor einer halben Stunde hatten ihr Vittoria Sponza und sogar Stefano Carlini freudestrahlend zu ihrem »Fang« in der letzten Nacht gratuliert. Nun kam ihr die Commissaria mit misstrauischer Miene auf dem Gang entgegen und hielt sie mit sanfter Gewalt am Oberarm fest.
Pia
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