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Tödliche Mitgift

Tödliche Mitgift

Titel: Tödliche Mitgift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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Mailbox angesprungen.
    »Schade«, sagte Marten und rührte Zucker in seinen Espresso, »was du mir von ihm erzählt hast, klang doch nett.«
    »Nett?« Sofort war sie wieder da, die in ihr lauernde Wut, der Wunsch, sich für die vielen sinnlosen Fragen und Zweifel, die sie nach seinem Verschwinden gequält hatten, an ihm zu rächen. »Diese herablassende Art, mit mir zu sprechen, kannst du dir sparen, Marten.«
    »Es war nicht die Spur herablassend gemeint. Verdammt, ich wollte nur ausdrücken, dass du diese Beziehung nicht einfach aufgeben solltest, nur weil es ab und zu Probleme mit deiner Arbeit gibt, oder?«
    »Und du? Pflegst du irgendwelche Beziehungen?«
    Seine Miene verdüsterte sich. Oder war es nur das schwindende Tageslicht, eine verfrüht einsetzende Dämmerung durch sich am Himmel zusammenballende Gewitterwolken? Ein erster Regentropfen klatschte auf Pias Handrücken. Sie spürte, wie das Wasser zur Seite abperlte, es kitzelte, aber sie bewegte sich nicht. »Fast unmöglich, in meinem Job. Was soll ich einer Frau denn erzählen, wer ich bin? Kennt sie meine wahre Identität, ist sie in Gefahr und gleichzeitig ein Sicherheitsrisiko für mich. Und unter meiner Legende? Eine Person, wie ich sie als Martin Techow und Regners Mitarbeiter verkörpert habe, ist ein Mensch, den ich eigentlich niemandem ernsthaft zumuten könnte. Jedenfalls keinem, dem ich meinerseits Vertrauen schenken oder den ich gar lieben wollte …«
    »Das klingt nach einem richtig blöden Spiel.«
    »Es ist so, wie sie es mir von Anfang an geschildert haben. Ich habe mich bewusst dafür entschieden. Zumindest ist es …«
    »Was denn, ich sterbe vor Neugierde?«, warf sie sarkastisch ein. Das Bild, das er von seinem Leben malte, kam ihr absurd vor.
    »… niemals langweilig.« Ein weiterer Regentropfen fiel auf Pias Hand. Marten warf einen prüfenden Blick gen Himmel. Einer der Kellner räumte eilig die Tische ab und klappte die Sonnenschirme ein. Ohne es zu bemerken, waren sie inzwischen die letzten Gäste draußen. »Wollen wir auch reingehen?«, fragte er.
    »Nein.« Sie hatte keine Lust, sich in die stickige Wärme des Restaurants zu begeben und sich den dicht gedrängt sitzenden Menschen dort zu nähern. Der auffrischende Wind und das bedrohliche Donnergrollen waren ihr nicht unangenehm. Endlich Luft.
    »Ich werde rasch drinnen bezahlen«, sagte Marten, »hier draußen ist niemand mehr.«
    Die Regentropfen klatschten nun in regelmäßigen Abständen auf das ausgetrocknete Straßenpflaster. Pia nickte. Ein Blitz zerriss den Abendhimmel und tauchte die Fassaden der umliegenden Gebäude kurzzeitig in helles Licht. Sie stand auf und ging ein paar Schritte auf den Platz hinaus. Der langsam einsetzende Regen kümmerte sie nicht. Pia genoss es, den Wind durch den dünnen Stoff ihrer Kleidung hindurch zu spüren, und wandte ihr Gesicht gen Himmel. Sie hatte das Gefühl, als müssten die Regentropfen verdampfen, bevor sie ihre Haut berührten. Was reizte sie daran, sich wieder mit Marten Unruh einzulassen, und sei es auch nur für ein paar Stunden? Gekränkte Eitelkeit, weil Hinnerk sie vielleicht mit ihrer Schwester betrog? Oder war es die alte offene Rechnung, das Gefühl, diese Geschichte irgendwie zu einem Abschluss bringen zu müssen? Pia betrachtete die wohlproportionierte, schmucklose Fassade der Kirche Santo Spirito, die diesem Stadtviertel von Florenz seinen Namen gegeben hatte, als könnte sie dort eine Antwort finden. Erschufen die Menschen deshalb so großartige Bauwerke, weil ihnen ihr Leben bei näherer Betrachtung wirr und unbedeutend erschien? Rührte die Sehnsucht nach Schönheit und Ordnung daher, dass das eigene Schicksal bloß von Zufällen und unkontrollierbaren Launen bestimmt wurde? Mit etwas Glück stand Santo Spirito auch in hundert Jahren noch anmutig an Ort und Stelle, unbeeinflusst davon, ob sie, Pia Korittki, sich hier und jetzt so oder anders entschied. Fest stand allerdings, dass sie sich entscheiden musste.
    »Pia?« Durch das zunehmende Pfeifen des Windes und das fast unablässige Donnergrollen hatte sie nicht gehört, dass Marten wieder zurückgekommen war. Er stand nun direkt neben ihr.
    »Gehen wir zu mir oder zu dir?«, fragte sie, ohne ihn dabei anzusehen.
    Er schnaubte leise. »Wo ist ›zu dir‹?«
    »Hier in Florenz?« Sie sah auf ihre Armbanduhr, es war schon nach zehn Uhr, und zuckte mit den Schultern. »Unter dem Ponte Vecchio.«
    Das Hotel, in dem Marten ein Zimmer reserviert hatte, bot eine

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