Tödliche Nähe
Raubüberfall.« King nickte nachdenklich, noch immer ging er aufmerksam den Bericht durch.
»Richtig.«
Der Sheriff atmete langsam aus und legte die Mappe beiseite, eher er ihr in die Augen schaute. »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus, dass Sie immer noch an der Sache dran sind – wenn es um meine Cousine ginge, könnte ich vielleicht auch nicht loslassen. Und ich verstehe auch, warum Sie bei diesem Fall stutzig geworden sind. Aber das muss nicht zwangsläufig etwas zu bedeuten haben. Es gab sehr stichhaltige Beweise für Carsons Schuld.«
Nia legte den Kopf schief und hielt seinem Blick stand. »Ich habe mich auch ein bisschen darüber informiert, was hier so gelaufen ist. Law Reilly wurde verprügelt, und jemand hat es so aussehen lassen, als wäre seine Geliebte die Täterin. Dabei könnte das Mäuschen keiner Fliege was zuleide tun.«
»Geliebte … Mäuschen …« Ezra schüttelte den Kopf. »Anscheinend sprechen Sie von Hope. Sie ist nicht seine Geliebte. Und die Frau mag vielleicht still sein, aber sie ist kein Mäuschen.«
Nia bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Hören Sie einfach zu, okay? Jemand hat also die Leiche meiner Cousine auf Reillys Grundstück gelegt. Für mich ist es ziemlich eindeutig, dass jemand die Polizei an der Nase herumführen will – oder zumindest wollte – ,um so möglichst viele Menschen in die Scheiße zu reiten. Woher wollen wir wissen, dass die Sache mit Carson nicht auch einfach Teil dieser Masche ist?«
Stumm und ausdruckslos schaute Ezra sie aus seinen grünen Augen an.
Und obwohl er nichts sagte, sah sie etwas in seinem Blick.
Er hatte ein ziemliches Pokerface, doch sie besaß eine gute Menschenkenntnis … Und den Ausdruck in seinen Augen kannte sie.
Er war beunruhigt – weil sie recht haben könnte.
5
Vor lauter Unruhe ließ Law Lena und Roz allein im Bistro weiterfrühstücken und machte sich auf den Weg zum Postamt. Dabei hatte er dort eigentlich gar nichts zu erledigen. Hope war früh am Morgen bereits auf der Post gewesen. Aber im Bistro hielt er es nicht mehr aus. Er musste einfach raus aus dem Gedränge – die halbe Stadt schien sich heute dort versammelt zu haben.
Roz plapperte die ganze Zeit von verschiedenen Hochzeiten, die im Inn anstanden, und Lena redete ununterbrochen über Menüzusammenstellungen. Wenn er noch mehr banales Gerede über Rosen, Sektfrühstück und Ähnliches über sich ergehen lassen musste, würde er Gehirnblutungen bekommen.
Was vielleicht längst geschehen war.
Normalerweise konnte er die beiden einfach ausblenden, unterhielt sich mit Carter oder ließ die Gedanken schweifen, stellte Überlegungen zu einem seiner Bücher an oder sonst etwas – Himmel, früher einmal hatte es ihm schon gereicht, nur neben Lena zu sitzen.
Doch die Zeiten hatten sich geändert. Verdammt, nichts war mehr wie früher, und das nicht bloß, weil sie nun verheiratet war, oder weil er kapiert hatte, dass er gar nicht in sie verliebt war.
Er fühlte sich ganz kribbelig, und er wusste nicht genau, weshalb.
Derartig kribbelig, dass er sich weder aufs Schreiben noch auf irgendetwas anderes konzentrieren konnte.
Er war kribbelig … ganz unruhig, so als säße er auf einem Ameisenhaufen.
Auf der Höhe des Sheriffbüros schaute er gedankenverloren auf. Manchmal erwartete er fast, Nielson herauskommen zu sehen. Ob er sich wohl je daran gewöhnen würde, dem Kerl nicht mehr zu begegnen?
Doch als er gerade den Blick abwenden wollte, stutzte er.
Guckte noch einmal genauer hin.
Verdammt!
Das war sie .
Nia.
Nia Hollister.
Großer Gott …
Ihm stockte der Atem. Gleichzeitig fing sein Herz wie wild an zu schlagen. Verdammt! Heilige Scheiße. Was zum Teufel …
Da erst bemerkte er, dass Ezra neben ihr herging.
Fast im selben Moment nahm dieser ihn wahr und schaute sofort an ihm vorbei zum Bistro. Ein dunkler Ausdruck lag in den Augen des Mannes – Law konnte ihn nicht ganz deuten. Sorge? Angst?
Zur Hölle … Was kümmerte ihn Ezra. Sie war hier. Was machte sie in Ash?
Als die beiden vor Law stehen blieben, starrte er sie einfach nur an, blickte stumm in diese hellgoldenen Augen.
»Hallo, Law.« Ezra schenkte ihm ein knappes Lächeln. »Bist du auf dem Weg zurück ins Bistro?«
Law zuckte mit den Schultern. »Wollte gleich wieder reingehen. Sie unterhalten sich immer noch über irgendeine große Hochzeitsfeier, die ansteht.« Er musste aufhören, sie so anzustarren. Sie vermied es sorgfältig, ihn anzusehen, doch obwohl er sich damit
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