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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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seicht im Watt brach, liefen kreischend Badende herum. Eine Möwe kreiste darüber, prachtvoll weiß vor dem blauen Himmel. Ein oberflächlicher Betrachter hätte keinen Unterschied gesehen zwischen George, mit seinem offenen Hemd und der grauen Flanellhose, und Marjorie, in ihrem Sommerkleid, und all den vielen anderen Urlaubspaaren, die sich vermutlich über die Preise für das Essen an der Küste oder den Kinofilm vom Abend zuvor unterhielten. Doch bei ihnen ging es um Leben und Tod.
    Marjorie saß mit der Hand auf dem Herzen da; all das Blau und Goldgelb um sie herum erschien ihr trist und wie grau verfärbt. Die schlimmste all ihrer Sorgen drang ihr jetzt mit aller Macht erneut ins Bewusstsein – eine Zeit lang hatte sie diese vor Aufregung, einen Liebhaber zu haben, schon beinahe vergessen. Ihr Ehemann war ein Mörder, der Mörder und Verführer ihrer eigenen Schwester. Und diese entsetzliche Tatsache war jetzt sogar noch entsetzlicher. Bedrohlich wie ein Eisberg vor einem Passagierschiff ragte sie plötzlich vor ihr auf. Panische Angst ergriff sie. Sie erschaudertevor Umständen, die viel zu mächtig waren, als dass sie sich dagegen zur Wehr setzen konnte, wie Gulliver in der Gewalt der Riesen. Angst – und Selbstmitleid – überwältigten sie. Tränen stiegen ihr in die Augen und rollten ihr die Wangen hinab. Von Schluchzern geschüttelt saß sie da mit dem Rücken zur Buhne. Der oberflächliche Betrachter hätte jetzt meinen können, einen Streit unter Liebenden mit anzusehen.
    Die Schluchzer brachten Ely wieder zu sich, der düster den Strand entlangstarrend dasaß.
    »Liebling!«, rief er, als er sich zu ihr umdrehte. »Wein doch nicht, Liebling. Bitte nicht. Letzten Endes wird schon alles gut werden. Wirklich. Ich schwöre es. Oh Liebling, ich kann es nicht ertragen, wenn du weinst.«
    Er streckte die Arme nach ihr aus, und sie sank ihm entgegen, und er küsste sie rasch verstohlen auf den Mund und die feuchten Wangen. Ihre Tränen schmeckten salzig – das bemerkte er sogar noch in diesem Augenblick.
    »Sag mir, dass du mich liebst, Liebling«, jammerte Marjorie.
    »Oh, ich liebe dich, Liebes. Mehr als alles auf der Welt.«
    »Egal, was auch geschieht, du wirst mich immer lieben?«
    »Natürlich, natürlich. Was auch geschieht.«
    Hastig küssten sie sich noch einmal, und dann machten sie sich los voneinander, weil sie sich erinnerten, an welch öffentlichem Ort sie waren. Der oberflächliche Betrachter hätte jetzt meinen können, dass die Liebenden sich wieder versöhnt hatten; doch wenn das die Hypothese gewesen wäre, die er zugrunde legte, wäre es ihm sicher schwergefallen, Derrick und seine Beziehung zu ihnen zu erklären, als der kleine Junge jetzt zu ihnen gerannt kam.
    »Mummy! Onkel! Kommt mal gucken, was wir gemachthaben, ich und Anne! Kommt mal gucken! Kriegen wir jetzt unser Eis?«
    Sie folgten ihm den Strand entlang, während er vor ihnen her hüpfte und hopste. Anne legte gerade letzte Hand an ein riesiges Rokokoschloss, kunstvoll ausgestattet mit Zinnen, Auffahrten und Seitenflügeln. Seetang, Muscheln und Kiesel waren alle zur Verzierung herbeigeschleppt worden. Und an einem Fahnenmast auf dem Schlossturm flatterte sogar eine steife Papierfahne. Anne grübelte noch über die Wirkung des Ensembles, mit einem in die Ferne gerichteten Blick in den Augen – mit dem Blick eines Kunstschaffenden, der soeben aus seinen Träumen erwacht.
    »Wunderschön!«, rief Marjorie. Nach acht Jahren der Mutterschaft war es ihr mittlerweile zur zweiten Natur geworden, diesen fröhlichen Ton anzuschlagen, wenn sie mit den Kindern sprach, egal, was sie selbst gerade litt. »Habt ihr das alles ganz allein gemacht?«
    »Ja!«, kreischte Derrick.
    »Natürlich«, sagte Anne. »Obwohl Derrick ja nicht so viel gemacht hat.«
    »Ich hab den Sandhaufen gemacht!«, protestierte Derrick.
    »Ich finde es einfach wundervoll«, warf Marjorie ein. »Diese Muscheln da an den Seiten sehen wirklich hübsch aus.«
    »Die hat Derrick gefunden«, gab Anne ehrlich zu.
    »Kriegen wir jetzt unser Eis?«, kreischte Derrick wild herumhüpfend und seine Schaufel schwingend.
    »Ja, Mummy?«, fragte Anne.
    Ihr ernster Ton war stärker ihrem Verlangen nach einem echten Beweis der Anerkennung ihres Talents geschuldet als einer Gier nach Süßem.
    »Ich glaube schon«, sagte Marjorie hilflos und warf George einen Blick zu.
    »Oh ja, aber natürlich«, sagte George. Er war nicht so geübt darin wie Marjorie, seine Gefühle in

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