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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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zusammengekniffenen Augen an, und sie wich vor ihm zurück; und als er sich auf sie zubewegte, wich sie noch weiter zurück. Das allein schon stellte ihn zufrieden. Es gefiel ihm zu sehen, welche Angst sie vor ihm hatte. Irgendwo in seinem Hinterkopf spukte der Gedanke herum, dass es eine herrliche und neue Erfahrung wäre, sie sich ihm gefügig zu machen, solange sie in dieser verschreckten und widerwilligen Stimmung war. Er könnte sie zwingen, das wusste er. Eine perfekte Methode hatte er bereits ersonnen – der Keim der Inspiration hatte seit Jahren in seinen Gedanken nur darauf gewartet, endlich zu sprießen. Die Idee war berauschend und erregend für ihn. Er hoffte nur, dass sie sehr fest und entschlossen an ihrem neuen Kurs festhalten würde. Denn je entschlossener sie wäre und je keuscher und reiner sie zu bleiben wünschte – oder eigentlich, je abstoßender er für sie geworden war –, desto reizender wäre die widerwillige Kapitulation, die er ihr gewiss würde aufzwingen können. Er wusste, dass es eine Methode gab (und er wusste, dass sie daran nicht gedacht hatte, sodass es eine Überraschung für sie sein würde), sie zu sofortiger demütiger Unterwerfung zu zwingen. Der Gedanke erregte ihn; die Vorfreude war köstlich. Er bohrte weiter, um herauszufinden, wie fest entschlossen sie war.
    »Du wirst verdammt noch mal tun, was ich dir sage«, knurrte er, Kopf und Kinn vorgereckt.
    »Nein!«, rief sie.
    » Doch , das wirst du!«
    »Nein. Das werde ich nicht!«
    Jetzt war er überzeugt, dass sie absolut entschlossen war. Umso besser. Bald schon wäre sie seine willfährige Sklavinund würde jeden Befehl gehorsam ausführen, den er ihr zu geben geruhte.
    »Jetzt hör mal gut zu«, sagte er. »Du bist ein Dummkopf. Ich könnte dich schlagen – und dich zwingen zu tun, was ich sag.«
    »Das darfst du nicht! Du darfst mich nicht zwingen!«
    »Oh, das darf ich also nicht, wie? Bist du dir da sicher, ja? Aber ich muss gar nicht dich schlagen. Oben ist ja noch die kleine Anne. Was ist denn mit der? So eine ordentliche Tracht Prügel heute Abend würde ihr sicher nichts schaden. Und mir würd’s auch nichts ausmachen, ihr eine zu verpassen. Soll ich raufgehen und sie holen? He?«
    »Ted!«
    Das war das Allerschrecklichste. Marjorie war kurz vor einer Ohnmacht – sie lehnte sich an die Wand, das Gesicht totenbleich. Sie wusste, dass Ted es tun würde – dass er Anne aus ihrem Bett zerren, sie ausziehen und verprügeln würde.
    »He?«, wiederholte Ted und sah sie an. »Komm her zu mir.«
    Sie machte den Mund auf, um zu schreien, doch aus ihrer trockenen Kehle drang nur ein kümmerliches leises Geräusch, nicht lauter als das Blöken eines neugeborenen Zickleins.
    »Komm her zu mir«, wiederholte Ted. Dies war die Stunde seines Triumphes. Er würde sich keinen Zentimeter auf sie zubewegen. Sie musste zu ihm kommen, auf ihren eigenen Beinen, unterwürfig.
    »Es ist deine letzte Chance«, drohte Ted. »Annes letzte Chance.«
    »A – a – ah!«, schrie Marjorie.
    Die Tür war gleich neben ihr, immer noch weit geöffnet. Noch war eine Flucht möglich. Beim ersten Schritt ergriffhysterische Angst Besitz von ihr. Sie entwich in den Flur, noch bevor sie wusste, dass sie es tun würde. Hinter sich hörte sie Teds Schritte. Sie stürmte zur Haustür, erreichte sie gerade noch rechtzeitig, und dann rannte und rannte und rannte sie durch die Straßen, in denen leichter Nieselregen fiel. Sie trug weder Hut noch Jackett. Ihre Augen quollen über von Tränen, und ihre Oberlippe war voll Schnodder, während sie immer weiterrannte, die abschüssige Simon Street hinunter, bis zur Abzweigung in die Dewsbury Road. Sie rannte schnell und blindlings. Und schlug auch nicht bewusst einen bestimmten Weg ein. Vielleicht wäre sie sogar immer so weitergerannt, wenn es nirgends Hoffnung auf Hilfe gegeben hätte. Doch so lenkten Gewohnheit und Instinkt sie dorthin, wo ihre Mutter war, wo George war, wo sie als Kind zu Hause gewesen war.
    Sie rannte lautlos, ohne dass die Absätze ihrer Schuhe aufs Pflaster schlugen, keuchend und schluchzend, aber so schnell wie ein Olympialäufer. Ein, zwei Fußgänger sahen sie vorbeilaufen, drehten sich um und starrten ihr nach. Doch sie war so rasch an ihnen vorbei, und es war so wenig zu gewinnen dabei, sie aufzuhalten oder ihr nachzurufen, dass sie sie verwundert rennen ließen und nichts taten.
    Der Riegel der Pforte war ihr seit Kindertagen vertraut. Ihre Hand fand den Türklopfer, ohne danach

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