Tödliche Option
damit er bleibt, aber er wäre sowieso nicht weggegangen. Ich rufe dich
nicht deswegen an. Ich kenne Seth Sedlet und seinen Bruder Sean.
»Wirklich? Woher?«
»Frag nicht. Sie sind Piraten. Sie
übernahmen die erste Firma für die ich gearbeitet habe, und stießen sie Stück
für Stück ab. Sie werden Rosenkinds Aktivposten verkaufen und die Firma
auslöschen — was an sich nicht schlimm ist, nur daß Wall Street immer kleiner
wird. Wenn sie Rosenkind auflösen, haben wir einen Ort weniger, wo wir Makler
herausholen können.«
»Gut, sie haben ein Angebot vorgelegt, aber
vielleicht bekommen sie Rosenkind nicht.«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen, Schatz.
Rosenkind hat ein Cash-flow-Problem.«
»Wer hat das nicht?«
»Bist du auf dem Weg in die Stadt?«
»Ich möchte nur zu Ende Kaffee trinken und die Times überfliegen.« Sie hörte ein Telefon läuten. »Wo bist du?«
»Im Büro natürlich. Wo sollte ich sonst sein? Du
kennst doch Jake, er geht gern früh raus.«
Smith las normalerweise die Fachpresse nicht.
Sie überließ es Wetzon, sie über das Geschehen an der Wall Street auf dem
laufenden zu halten, während Smith Wetzon über die Gesellschaftsnachrichten aus W, das Wetzon dumm fand, ins Bild setzte.
»Sag mir eins, Smith. Was macht Jake
eigentlich?« I
»Warum bist du so zu mir, Wetzon? Jake ist ein
wunderbarer, fürsorglicher Mann. Er hat einen hohen Preis gezahlt für das, was
er getan hat. Er bekommt im September seine Lizenz zurück, und er...«
»Sag bitte nicht, er steigt wieder ins Geschäft
ein.«
»Kleines, sei nicht naiv. Er ist nie
ausgestiegen.«
Wetzon legte den Hörer auf, aß das Brötchen mit
großen wütenden Bissen auf und stellte das Geschirr in die Spülmaschine.
Natürlich hatte Donahue nie aufgehört. Wie konnte sie nur so naiv sein?
Es war erstaunlich, was in Wall Street akzeptiert wurde, selbst nach dem Crash
und dem Skandal mit den Insider-Geschäften.
Gerade vor drei Monaten hatte sie wider bessere
Einsicht Bruce Pecora, einen Börsenmakler mit zwei Kundenklagen und einem
anhängigen Gerichtsverfahren, bei einer großen Firma untergebracht, nachdem sie
den begierigen Geschäftsführer über alle Vorbehalte gegenüber dem Makler
informiert hatte. Bruce war tatsächlich von beinahe jeder anderen Firma an der
Wall Street abgelehnt worden. Nur zwei Jahre im Geschäft, und er brachte es
brutto auf 350 000 Dollar. Wie war das möglich? Was für eine Frage. Ein Konto
von hunderttausend Dollar hatte in einem einzigen Jahr sechsunddreißigtausend
Dollar an Provisionen gebracht. Er hatte eine Alles-oder-nichts-Mentalität.
Aber das Headhunter-Geschäft ging nur noch
schleppend, weil die Makler im Hinblick auf einen Wechsel ängstlich waren, und
die Produktion war zurückgegangen, weil die Kunden im Hinblick auf den Markt
ängstlich waren. Smith hatte sie überredet, Pecora ohne Bedenken anzubieten.
»Irgendjemand wird ihn haben wollen«, sagte sie, »und wie verdienen uns schöne
fünfundzwanzigtausend. Und ist er erst dort, dann ist es deren Problem.«
»Mein Gott, Smith, wenn etwas schiefgeht, wirft
es ein schlechtes Licht auf uns.«
»Dieser Junge ist eine Zeitbombe, die kurz davor
ist zu explodieren«, sagte ein Geschäftsführer zu Wetzon. »Wir passen bei ihm.«
Mike Norman, der die Loeb-Dawkins-Filiale im
Rockefeller Center leitete, hatte sie angerufen und dringend um Makler gebeten.
»Haben Sie niemanden für mich? Machen Sie schon, schicken Sie mir Makler.«
»Ich habe einen, aber er macht Arger, Mike.
Gerichtsverfahren, Beschwerden von Kunden. Hitzköpfig.«
»Wie sind seine Zahlen?«
»Drei-fünfzig, zweites Jahr.«
»Phantastisch. Wann kann ich ihn sehen?«
»Er macht Arger, Mike.«
»Ich kann mit ihm umgehen, Wetzon, überlassen
Sie ihn einfach mir.«
Berühmte letzte Worte. Am Tag vor dem Bankett
für Goldie Barnes hatte Loeb Dawkins Bruce Pecora auf Vorschlag der New Yorker
Börse in Urlaub schicken müssen. Es sah ganz so aus, als werde die Börse
Pecoras Lizenz einziehen.
Wetzon hatte sich furchtbar gefühlt,
verantwortlich.
Und Smith hatte sie angeschnauzt: »Mike ist alt
genug. Er wußte, was er tat. Und wir haben unser Geld.«
Das Telefon läutete wieder, als sie gerade aus
der Tür war und das Sicherheitsschloß abschloß. Sie zögerte, dann drehte sie
den Schlüssel um und sprang zum Telefon. Zu spät. Der Automat schaltete sich
ein. Na gut, laß die Maschine laufen und antworten. Es war wahrscheinlich eine
Telefonumfrage oder
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