Tödliche Option
herausgefunden?«
Er lächelte. »Na, das klingt schon mehr nach dem
Häschen, das ich kenne und liebe. Ich rief Dwayne an. Er nahm an dem Jazzkurs
teil, den ich vor drei Jahren am Y gab.«
»Bei dir kann man sich darauf verlassen, daß du
überall bist und jeden kennst.«
»Ich sage doch auch immer, daß es nur dreißig
Menschen auf der Welt gibt, Schatz.« Er hielt inne und wurde ernst. »Hör zu,
Häschen, Dwayne sagt, daß Ellie in schlechter Verfassung ist — daß sie sehr
deprimiert ist und trinkt. Wir wissen nicht, was wir vorfinden werden. Er will
uns bei ihr treffen.«
»Meinst du, sie ist selbstmordgefährdet,
Carlos?«
»Hoffen wir, daß Dwayne sich irrt.«
»Mein Gott, Carlos.« Sie umarmte ihn. »Ich bin
dir so dankbar.«
»Ich weiß, daß das eine dumme Frage ist,
ausgerechnet an dich, Häschen, aber willst du dich da wirklich hineinziehen
lassen?«
»Sie bat mich, ihr zu helfen, Carlos.«
»Ich wußte, daß es eine dumme Frage war.«
Der Fahrpreis betrug genau vier Dollar. »Laß mich«,
sagte Wetzon, »ich kann’s absetzen.« Als sie im Geldbeutel zwei Vierteldollar
als Trinkgeld suchte, sah sie die zerrissenen Papierschnipsel, die sie in
Ellies Make-up-Beutel gefunden hatte. Du bist mir ein schöner Detektiv,
Wetzon, dachte sie, über sich selbst verärgert. Sie hatte ein Gedächtnis
wie ein Sieb. Als sie nach Carlos aus dem Taxi stieg, nahm sie sich fest vor,
an die Schnipsel zu denken und sie später zusammenzusetzen.
Ein großer Jogger in glänzenden grauen Shorts,
mit einer Mütze verkehrt herum auf dem Kopf und einem Atemschutz vor Mund und
Nase, bog aus der 71. Street in die West End Avenue ein, ohne auf den Verkehr
zu achten, und rannte dann in mäßigem Tempo auf das Lincoln Center zu. Er war
nicht der einzige, der unterwegs war; diese Jogger achteten fanatisch darauf,
keinen Tag auszulassen, ob bei Regen, Graupelschauern, Schnee, Hagel oder
vergifteter Luft.
Ellie wohnte in einer georgianischen roten
Backsteinvilla in einer der schönsten Straßen der West Side. Die Häuser zu
beiden Seiten der Straße waren sehr gepflegt, mit Kästen an den Fenstern, in
denen trotz der Hitze die Blumen üppig wuchsen, Türklopfern aus Messing,
massiven Eichentüren und Bleiglasfenstern. Einige waren frisch getüncht und
hatten blau angestrichene Fensterrahmen. Bis auf das leise Brummen der
Klimaanlagen, die vor vielen Fenstern hingen, war die Straße still.
Dwayne erwartete sie nicht vor dem Haus. »Was
jetzt?« Wetzon sah Carlos an, der die Schultern hob.
Zwei genau gleiche Haustüren auf Straßenniveau
in einem kleinen gepflasterten Hof, jede mit einer Gittertür davor, wiesen
daraufhin, daß zwei Parteien in Ellies Haus wohnten. Die rechte Tür stand einen
Spalt offen.
»Die linke«, sagte Carlos hinter ihr. Und
tatsächlich, als sie die Tür öffnete, las sie E. Kaplan auf dem
Briefkasten neben der Klingel. Ein Schirmständer aus Bambus mit zwei
zusammengerollten Schirmen stand in einer Ecke des winzigen Vorraums.
»Wir müssen wohl auf Dwayne warten.«
»Er müßte längst hier sein. Er wohnt nur
achtundzwanzig Straßen weiter unten, Manhattan Plaza.« Carlos runzelte die
Stirn. »Probieren wir, ob sie antwortet.« Er drückte auf den Summer, aber sie
hörten kein antwortendes Geräusch aus der Wohnung. Er wartete, drückte noch
einmal auf den Summer. Nichts. Kein Lebenszeichen. Wetzon wippte nervös.
Sie sahen einander an, jeder die Gedanken des
anderen lesend.
»Ich bin beunruhigt, Carlos. Verdammt! Wo zum
Kuckuck ist Dwayne?« Wetzon rüttelte an der inneren Tür. »Ellie!« Sie klopfte
noch einmal, stärker jetzt!
»Moment mal.« Carlos drehte den Messingknauf.
Die Tür ging auf. Genau wie kürzlich, bei Luwisher Brothers. Die Tür war nicht
abgeschlossen.
Jetzt hatte sie wirklich Angst. Vielleicht war
jemand eingebrochen und hatte Ellie verletzt.
»Mann«, sagte Carlos, während er hineinspähte.
Die Wohnung roch muffig; es herrschte totale Dunkelheit. Er reichte Wetzon die
Hand, und sie traten ein. Irgendwo surrte eine Klimaanlage, ohne etwas
auszurichten.
»Weißt du, was du vorhast?« flüsterte sie.
»Ich improvisiere. Warum flüstern wir?« Er ging
weiter und zog Wetzon hinter sich her. Die Außentür schlug zu. »Merde. Jetzt ist unser Licht weg.«
»Ich kümmere mich darum.« Sie ging zurück und
machte die Tür auf. Das Tageslicht erzeugte einen staubigen Dunst in der
kleinen Diele.
Jemand stöhnte.
»Ellie!« schrie Wetzon.
Carlos fand den runden Dimmerknopf
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