Tödliche Option
und drückte
darauf. Nichts.
Ein leises Angstgefühl beschlich Wetzon.
»Die Sicherungen müssen durchgebrannt sein.«
Carlos’ Stimme hatte ihren lebhaften Rhythmus verloren.
Nicht ungewöhnlich, sagte sich Wetzon streng, wenn an jedem
Fenster eine Klimaanlage läuft und die Leitungen aus der Zeit vor dem Zweiten
Weltkrieg stammen. Sie schoben sich an der Wand entlang.
Sie kamen an eine Öffnung, vielleicht ein
gewölbter Durchgang. Von hier schien die Dunkelheit undurchdringlich. Eine
Diele unter Carlos’ Füßen quietschte laut. Er rief: »Ellie?« und Wetzon hörte
die Unsicherheit aus seiner Stimme heraus.
Erneut drang ein Stöhnen aus der Dunkelheit.
Seine Rückenmuskeln spannten sich unter ihrer Hand. Die Diele quietschte wieder.
Warum zögerten sie? Sie waren doch zu zweit. Gott sei Dank hatte er sie nicht
allein gehen lassen. Aber Ellie hörte sich schrecklich an. »Gehen wir zu ihr,
Carlos«, drängte sie flüsternd.
Er drehte sich um. »Häschen...« Sie spürte seine
Angst. »Könnte sein, daß wir nicht allein sind. Wir sollten vorsichtig sein. Du
bleibst hier, und ich gehe weiter. Wenn mir etwas passiert, lauf weg.«
»Auf keinen Fall! Wir gehen zusammen.«
Sie spürte, wie er die Schulter hochzog. Er schob
sich weiter vor, aber ihre Hand war von seiner Schulter geglitten. Entschlossen
tastete sie sich vorwärts, wobei ihre Hände Bilderrahmen berührten und sie
zweifellos schief zurückließen. Sie schienen sich in einem Gang zu befinden,
der in ein größeres Zimmer führte. Carlos blieb abrupt stehen, und sie stieß
einen leisen Schrei aus, als sie mit ihm zusammenstieß.
»Warte hier«, sagte er bestimmt. »Keinen Schritt
weiter. Ich gehe in die Diele zurück, mal sehen, ob ich den Sicherungskasten
finde.«
Sie blickte über seine Schulter. Es war
pechschwarz.
»Okay«, sagte sie. Er ging an ihr vorbei, und
sie hörte ihn in die Diele gehen. Wenn sie nur ein Streichholz... Halt. Sie
hatte in der Oak Bar eine Schachtel mitgenommen — oder doch nicht? Sie
kramte in ihrer Handtasche und fand eine Streichholzschachtel. Ungeschickt
versuchte sie, nach Gefühl ein Streichholz anzuzünden. Sie würde sich
vermutlich selbst in Brand setzen. Sie kratzte ein Streichholz über die Seite
der Schachtel, und ein schwaches Flämmchen flackerte auf. Voller Freude hielt
sie es vor sich und ließ es beinahe fallen. In dem gewölbten Durchgang zu einem
sehr geräumigen Wohnzimmer lag ein Körper mit ausgebreiteten Armen auf dem
Teppich.
»Ellie!« Wetzon ließ die Handtasche fallen und
sprang vor. Das Streichholz ging aus. Unter ihren Sandalen knirschte etwas. Sie
hörte Carlos in dem anderen Zimmer an den Schaltern herumfummeln, aber es ging
kein Licht an.
Ellie stöhnte wieder. Wetzon zündete ein neues
Streichholz an. »Ellie, ich bin da. Alles in Ordnung.«
Sie ließ sich neben Ellie auf die Knie fallen
und spürte einen scharfen Schmerz im Knie, als etwas durch ihren Rock ins
Fleisch schnitt. Als sie das Streichholz höher hielt, sah sie, daß der Fußboden
mit scharfen Glasscherben bedeckt war. Der Schnitt brannte. Das Streichholz
erlosch. Sie spürte warmes Blut auf dem verletzten Knie. Sie bückte sich,
berührte Ellies Schulter, streifte mit den Fländen klamme Stengel und Blüten,
fühlte die feuchte Kleidung und erstaunlich starke Muskeln. Sie streckte die Hand
aus und strich über Ellies Haar, hielt inne, rieb die Finger gegeneinander und
erkannte die klebrige Nässe von Blut.
»Alles in Ordnung?« rief Carlos.
»Ja«, log sie. »Ellie, können Sie sich
aufsetzen? Nein, warten Sie.« Wetzon stand auf. Mit den Sohlen der Sandalen
über den Boden schlurfend versuchte sie, die größten Glassplitter von Ellies
Körper wegzuschieben. »So, jetzt, versuchen Sie es, Ellie. Ich helfe Ihnen.«
Sie zündete noch ein Streichholz an. Im
flackernden Licht konnte sie Ellies blasse Haut und schlanke muskulöse Beine
sehen. Was zum Teufel hatte sie an? Shorts. Irgendwie hatte sie sich Ellie nie
in Shorts vorgestellt. Ellie stöhnte wieder und rollte auf die Seite. Wetzon
beugte sich über sie, um zu helfen.
In diesem Augenblick leuchteten Porzellanlampen
auf und verbreiteten ein weiches Licht im Zimmer.
Wetzon blickte auf Ellie hinunter, doch die
Gestalt auf dem Boden war gar nicht Ellie. Es war Dwayne.
Ein Schrei brach aus ihr heraus und nahm
ihr den Atem. »Um Himmels willen, Dwayne!« Wetzon hockte sich neben ihn, wobei
sie vor Schmerzen im Knie zusammenzuckte.
»Geht es Ihnen gut?
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