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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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nicht abgehauen sein sollte! Kommen
Sie, Grégoire!“
    Im Schweinsgalopp rannten wir die Treppe des
Polizeigebäudes Quai des Orfèvres Nr. 36 hinunter.

Bekannte
Gesichter
     
    Thomas Jannet mußte seinen Butler nach einem
brillanten und erfolgreichen Plädoyer in einem Rauschgiftprozeß geschenkt
bekommen haben. Ein kleines gelbes Männchen mit Schlitzaugen im aufgeschwemmten
Gesicht öffnete uns die Tür. Mit seinem geheimnisvoll-verschlagenen Blick hätte
er wunderbar in eine Arbeit über Asiaphobie gepaßt, Titel: Schurkereien des
Orients.
    Der Butler führte uns direkt zum Hausherrn, der
ganz alleine seine Mahlzeit einnahm. Florimond Faroux ging ohne Umschweife zum
Angriff über.
    „Ich möchte von Ihnen wissen“, begann er im
Kasernenton, „wo Sie die Nacht verbracht haben, Jannet!“
    „Langsam, langsam“, erwiderte Maître Jannet
zuckersüß, „auf eine so grob formulierte Frage könnte ich nur genauso grob
antworten, Inspektor. Andererseits weiß ich nicht, was die Kripo mein Nachtleben
angeht. Aber... Ich will mal nicht so sein und Ihnen, höflich, wie ich bin,
antworten: In meinem Bett hab ich die Nacht verbracht.“
    „Genug der schönen Worte! Wir befinden uns hier
nicht in einer Gerichtsverhandlung. Kann das jemand bezeugen?“
    „Daß wir uns nicht in einer Gerichtsverhandlung
befinden?
    „Reden Sie keinen Quatsch! Daß Sie die Nacht in
Ihrem Bett verbracht haben, natürlich!“
    „Ich muß mich doch sehr wundern“, säuselte der
Anwalt. „Ihre Art, ein Verhör zu führen... Aber ich bin von Natur aus geduldig.
Fragen Sie meinen Butler.“
    „Verhören Sie den Chinesen“, befahl Faroux
Grégoire, der daraufhin das Zimmer verließ. Dann fragte der Inspektor den
Dicken: „Kennen Sie den Fuchs?“
    Jannet strich sich gelassen Konfitüre mit einem
Löffel aufs Brot.
    „Wenn ich alleine mit Ihnen wäre, Inspektor,
wäre ich nicht so ruhig. Sie sehen aus wie von allen guten Geistern verlassen.
Gott sei Dank ist Nestor Burma hier, und er ist kein richtiger Flic.“
    „Sie haben nicht auf meine Frage geantwortet“,
beharrte Faroux. „Kennen Sie den Fuchs?“
    „Nein, ich hatte nicht die Ehre. Wer ist das?“
    „Der Mann, den Sie gestern abend bei Lucius
getroffen haben. Falls Sie nicht wissen, wer Lucius ist: Er hat ein Bistro in
der Rue de Douai.“
    „Oh, vielen Dank! Aber Ihr Fuchs muß sich
irren... Fragen Sie doch Ihren Kollegen.“
    Grégoire war soeben wieder ins Zimmer gekommen.
Fragend reckte Florimond Faroux ihm seine Schnurrbarthaare entgegen.
    „Der Butler behauptet, Monsieur hätte das Haus
gestern abend nicht verlassen“, berichtete Grégoire.
    „Ich glaube kein Wort von dem, was der Chinese
sagt“, brummte Faroux. „Völlig wertlos, die Aussage! Oder schläft er mit Ihnen
zusammen in einem Bett?“
    Jannet seufzte.
    „Auf solche Unverschämtheiten antworte ich
nicht. Zufälligerweise war ich gestern abend unpäßlich...“
    „Unpäßlich“, wiederholte Faroux. „Soso!“
    „Ja, unpäßlich. Chang hat mir zweimal Tee ans
Bett gebracht. Ich nehme an, er hat Ihnen das auch gesagt, Monsieur...
Grégoire?“
    „Hat er“, bestätigte der Kleiderschrank. „Der
Butler hat das gleiche ausgesagt wie Monsieur.“
    „Na prima!“ rief der Anwalt. „Ich glaube, damit
wäre der Fall erledigt.“
    „Ganz im Gegenteil!“ ereiferte sich Faroux. „Ich
würde Ihrem Mandanten Tanneur gerne ein paar Fragen stellen. Komisch, daß er
nicht mit Ihnen zusammen frühstückt. Sollten Sie so wenig demokratisch sein,
oder... sollte er gar nicht mehr hier im Hause sein, Ihr Schützling? Sie wissen
doch, er muß sich zu unserer Verfügung halten.“
    „Hoffentlich weiß er das auch“, entgegnete
Jannet. „Ja, Inspektor, Sie irren sich nicht: Monsieur Tanneur ist nicht hier.“
    Dem Inspektor platzte der Kragen.
    „Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“ schrie er.
„Haben Sie ihm gestern nicht Ihre Gastfreundschaft angeboten?“
    „Hab ich, hab ich. Ich dachte, es wäre
unzumutbar für den armen Teufel, nach Hause zu gehen und sich den
Verdächtigungen seiner Nachbarn auszusetzen. Nun, er hat sich dafür
entschieden, an seinen heimischen Herd zurückzukehren. Sicher ist er dort,
Chang könnte...“
    „Lassen Sie mich mit Ihrem verdammten Chinesen
in Ruhe! Vor dem Haus steht einer meiner Männer, und er hat keinen Fred Tanneur
herauskommen sehen.“
    Jannet zuckte die Achseln.
    „Ich habe nicht über die berufliche Eignung
einiger Pariser Polizisten zu befinden“, sagte er.

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