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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Hand
entgegen.
    „Ihr Jahrgang ist wohl von Geburt ziemlich
frech, was?“ sagte ich. „Sie können Ihre Hand wieder wegstecken, und kommen Sie
mir nicht mit der Bewunderungstour! Zuerst machen Sie mich lächerlich, und
dann... ,Sehr erfreut“! Nein, nein, mein Freund!“
    Galzat wurde rot. Verlegen senkte er den Blick.
Mit bebender Stimme setzte er zu einer Verteidigungsrede an. Entschuldigte sich
beinahe, den falschen Baron entlarvt zu haben. Es sei wirklich nur Zufall
gewesen, ein glücklicher Zufall. Doch er fragte sich inzwischen, ob man ihn
wirklich als „glücklich“ bezeichnen könne. Jetzt erwarte man von ihm wahre
Wunder. Seine Zeitung schlachte seinen Erfolg natürlich aus. Und was den
geklauten Slogan angehe, dafür trage ganz allein die Chefredaktion des Crépu die Verantwortung. Er, René Galzat, sei dagegen gewesen und finde das unfair.
(Ich, Nestor Burma, wiederum fand den Ausdruck „unfair“ für einen Journalisten
recht sonderbar!) Doch er habe sich fügen müssen. („Das tägliche Steak, Sie
verstehen!“) Und jetzt müsse er im Auftrag seiner Zeitung die neuen Fälle in Angriff
nehmen: den Mord an dem russischen Taxifahrer, den Diebstahl der Perlenkette
der Engländerin und die Entführung des Börsenmaklers. Also wirklich, hätten die
Leute sich nicht woanders als in Frankreich umbringen, berauben oder entführen
lassen können?! Der Journalist gestand mir, daß er sich am liebsten mit einer
ungefährlichen Krankheit ins Bett legen würde. Mit irgend etwas, das ihn für
ein paar Monate außer Gefecht setzen und außer Reichweite seines Chefs bringen
würde...
    „Und das wollen Sie sich jetzt hier bescheinigen
lassen?“ fragte ich.
    „Wo denken Sie hin!“ Resigniert hob er die
Schultern. „Wenn mich mein Chef auf etwas ansetzt, muß ich recherchieren, ob
ich will oder nicht... Nein, ich bin wegen dem Mord an dem Russen hier.“
    „Ach! Ist der Arzt in die Sache verwickelt?“
    Galzat lachte amüsiert auf.
    „Nein. Er ist ein Freund meines Vaters, deshalb
wende ich mich an ihn. Ich brauche nämlich Informationen über eine ganz
bestimmte Art von Verletzung. Mir ist da so eine Idee gekommen...“
    Er teilte mir seine Idee spontan mit, um zu
beweisen, wie fern ihm der Gedanke lag, mich aus dem Rennen zu werfen. Na ja,
seine Idee war eher etwas vage. Ich hatte den Eindruck, daß Reboul recht hatte:
Der Journalist schwamm tatsächlich... oder er tat nur so.
    Wir waren bereits Freunde geworden-na ja,
beinahe jedenfalls — , als aus einem Nebenraum laute Stimmen zu uns drangen.
Also, wenn Dr. Blouvette-Targuy alle seine Patienten so abkanzelte...
    „Wie oft soll ich Ihnen das noch sagen?“ hörte
man die ärgerliche Stimme eines Mannes. „Ich lege keinen Wert mehr auf Ihren
Umgang! Haben Sie verstanden?“
    „Das ist bestialisch“, jammerte eine Frau. „Oh,
Phil...“
    „Ich bitte dich jetzt zu gehen“, sagte eine
andere Frau. „Das muß am Haus liegen“, bemerkte ich. „Ich hab Sie eben genauso angeschnauzt.“
    Der Streit, dessen unfreiwillige Ohrenzeugen wir
geworden waren, wurde plötzlich durch heftiges Türenschlagen beendet.
    Einen Augenblick später kam der Arzt zu uns. Wie
sein außergewöhnlicher Name kam mir auch sein Gesicht irgendwie bekannt vor.
Vielleicht hatte ich den Mann mal im Kino gesehen, als jugendlichen Liebhaber.
Denn auch wenn er schon weit über vierzig war, so mußte man ihn dennoch als
bildhübsch bezeichnen. Seine dunklen, leuchtenden Augen besaßen eine enorme
Ausdruckskraft. Dadurch kam seine vornehme Blässe nur um so mehr zur Geltung.
Ich hatte den Eindruck, daß der Arzt soeben heftig erregt gewesen war. Nach der
Szene, deren Ende wir miterleben durften, war das auch nicht schwer zu erraten.
    „Guten Tag, René“, begrüßte er den Journalist
und drückte ihm die Hand. „Wie geht’s dir?“ Er wandte sich mir zu und streckte
auch mir die Hand entgegen, ein nicht mehr ganz so strahlendes Lächeln auf den
Lippen. „Und Sie, Monsieur Burma? Arbeiten Sie beide zusammen? Nach dem, was
die Zeitungen schreiben, sind Sie doch eher Rivalen!“
    Woher kannte er mich? Ich war sprachlos.
    „Sie wissen nicht, wo Sie mich hinstecken
sollen?“ lachte er. „Für einen bekannten Detektiv... Ich habe vor einigen
Jahren mal Ihre Dienste in Anspruch genommen.“
    „Aber natürlich!“ rief ich. „Jetzt erinnere ich
mich.“
    Leider erinnerte ich mich an gar nichts.
    „Nun, was verschafft mir die Ehre?“
    „Monsieur war vor mir hier“, sagte ich und

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