Tödliche Saturnalien
allen öffentlichen Ämtern ausschließen.«
»Selbst Helden haben zu Listen gegriffen, um besonders unangenehme oder tollkühne militärische Abenteuer zu umgehen«, gab er mir zu bedenken. »Odysseus hat so getan, als wäre er verrückt, und Achilles hat sich als Frau verkleidet.«
»Die Leute denken sowieso schon, daß ich verrückt bin«, gab ich zurück. »Und als Frau verkleidet würde man mich wahrscheinlich bloß für eine von Clodias seltsamen Freundinnen halten.«
»Dann gehen mir, fürchte ich, die Vorschläge aus«, meinte Asklepiodes. »Warum willst du eigentlich nicht gehen? Vielleicht ist es ja ganz interessant, und eine Gegend voller johlender Wilder kann auch nicht gefährlicher sein als Rom in unruhigen Zeiten.«
»Ja, warum nicht? Soll ich Caesar vorschlagen, daß du die Expedition als Stabsarzt begleitest?«
»Hier muß ich dich leider verlassen«, sagte er, sich abrupt abwendend. »Ich muß Vorbereitungen treffen, den armen Marcus Celsius zu operieren.« Und mit diesen Worten verschwand er in Richtung der sublicischen Brücke.
Ich schlenderte zum Forum weiter, wo Rom langsam, aber zittrig auf die Beine kam. Die meisten Betrunkenen waren wie zum Leben erweckte Leichen aufgestanden und in irgendwelche düsteren Ecken davongetorkelt, wo sie sich weiter ihrer Genesung widmeten. Die öffentlichen Geschäfte kamen nach und nach wieder in Gang, wenn auch mit einiger Verspätung. Überall schwenkten Staatssklaven lustlos, aber beharrlich ihre Besen und Mobs, um die Flurschäden zu bereinigen.
Ich suchte diverse Basilicae auf und fragte herum, bis ich schließlich in der Basilica Opimia landete, wo mehrere der designierten Praetoren in einer Besprechung letzte Vorbereitungen für die Ordnung ihrer Gerichtshöfe trafen. Einige von ihnen hatten bereits die Amtstracht ihres curulischen Magistrats, die Toga mit dem purpurnen Streifen, angelegt, andere warteten damit bis zum Beginn des neuen Jahres.
Ein Sklave zeigte mir den Mann, den ich suchte. Er war einer der Streifenträger, groß, mit zerklüfteten Gesichtszügen und schütterem, angegrautem Haar, das steif von seinem Kopf abstand. Seine Hakennase wurde von der Art kalten, blauen Augen flankiert, in die man nicht über den Rand eines Schildes blicken mochte. Ich trat vor und sprach ihn an.
»Lucius Flavius?« fragte ich, ohne mich mit seinem offiziellen Titel aufzuhalten, da er sein Amt noch nicht angetreten hatte.
»So ist es«, sagte er. »Ich glaube nicht, daß wir uns je getroffen haben.«
»Ich bin Decius Caecilius Metellus der Jüngere«, stellte ich mich vor.
»Das macht dich zum Sprößling einer vornehmen Linie«, erwiderte er. Seine Begeisterung für die Meteller hielt sich spürbar in Grenzen.
»Ich untersuche die Umstände, die zu Metellus Celers Tod geführt haben«, erklärte ich. »Wie ich gehört habe, hattest du einige bemerkenswerte Konfrontationen mit ihm.«
»Das war im letzten Jahr«, gab er zurück. »Ich bin vollauf damit beschäftigt, mich auf das kommende vorzubereiten. In dessen Auftrag ermittelst du?«
»Im Namen des Tribun Metellus Pius Scipio Nasica und …«
»Ein Tribun ist kein curulischer Beamter«, unterbrach er mich, »und kann deshalb auch keinen Iudex ernennen.«
»Es handelt sich um eine informelle Ermittlung auf Wunsch meiner Familie«, informierte ich ihn. »Unter ihnen auch Metellus Nepos, der deine Kooperationsbereitschaft sehr zu schätzen wüßte.«
Das ließ ihn innehalten. »Ich kenne Nepos. Er ist ein guter Mann.« Solange beide Pompeius unterstützten, würden sie Kollegen bleiben. Flavius legte eine Hand auf meine Schulter und führte mich in eine abgelegene Nische des riesigen, widerhallenden Gebäudes. »Ist es wahr, daß Nepos im kommenden Jahr für ein Konsulat kandidieren will?«
»So ist es.«
Er rieb sein stoppeliges Kinn. Offenbar hatte auch er es heute morgen nicht gewagt, sich in die Hände eines Barbiers zu begeben. »Es wird ein Jahr werden, in dem es wichtig ist, einen Mann wie ihn in diesem Amt zu haben – wenn er gewinnt.«
»Er wird gewinnen«, erklärte ich ihm. »Wenn ein Meteller als Konsul kandidiert, bekommt er das Amt für gewöhnlich auch. So ist es seit mehr als zwei Jahrhunderten gewesen.«
»Nur zu wahr«, sinnierte er. »Also gut. Was willst du wissen?«
»Ich habe gehört, daß es bei deinen Auseinandersetzungen mit Celer auch zu öffentlicher Gewaltanwendung gekommen ist?«
»Nicht jedesmal, aber hin und wieder schon«, erwiderte er. »Was ist daran
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