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Tödliche Schatten (Romantik-Thriller / Unheimlich) (German Edition)

Tödliche Schatten (Romantik-Thriller / Unheimlich) (German Edition)

Titel: Tödliche Schatten (Romantik-Thriller / Unheimlich) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon de Winter
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ein, daß sie ja keineswegs zu ihrem Vergnügen nach Granada gekommen war, und sie suchte sich ein Taxi.
    "Sprechen Sie englisch?" fragte sie den Fahrer.
    "Selbstverständlich, Miß", erwiderte er und verlud ihr Gepäck im Kofferraum.
    "Ich möchte nach Granada, ins Hotel Boabdil."
    "Bitte." Er hielt ihr die Fondtür auf. "Ihr Wunsch ist mir Befehl." Sein Lachen zeigte ein mehr als fehlerhaftes Gebiß.
    Cynthia setzte sich ins Taxi. Sie hatte absichtlich dasselbe Hotel gewählt, in dem auch ihr Bruder hatte absteigen wollen. Aus ihrem Reiseführer wußte sie, daß dieses Hotel nach dem letzten Maurenfürsten benannt worden war, der auf der Alhambra residiert hatte.
    Schon bald lag Granada vor ihnen. Die Vorstadt erwies sich als enttäuschend häßlich. Entlang der Straße gab es Werkstätten und Fabriken. Es herrschte ein fast unbeschreiblicher Lärm. Doch dann erreichten sie die Neustadt, und Cynthia begann etwas vom Zauber der Blüte Andalusiens zu spüren.
    Der Wagen bog von der Hauptstraße ab, fuhr über eine Brücke, und sie befanden sich mitten in der Altstadt mit ihren winzigen Gassen und dem Fluß, der sie in zwei Teile teilte. Hoch oben auf den Hängen leuchteten die Mauern der Alhambra in einem satten Rot.
    "So, da wären wir." Der Taxifahrer hielt vor einem großen, nach außen unscheinbaren Gebäude, das noch aus der Maurenzeit zu stammen schien. Seine einzige Zierde war der imposante Eingang. Der Name des Hotels stand in leuchtenden Buchstaben über ihm.
    Cynthia entlohnte den Fahrer und wollte ihr Gepäck gerade ins Hotel tragen, als es ihr auch schon von einem Pagen abgenommen wurde. Sie folgte dem jungen Burschen zur Rezeption.
    "Haben Sie inzwischen etwas von Mister Moore gehört?" fragte sie den Portier, während sie das Anmeldeformular ausfüllte.
    "Nein, bis jetzt nicht, Miß Moore", erwiderte er. "Wie ich Ihnen bereits am Telefon sagte: Ihr Bruder hatte sich zwar ein Zimmer reservieren lassen, hat sich aber niemals bei uns gemeldet."
    "Da kann man nichts machen." Die junge Frau nahm ihren Zimmerschlüssel in Empfang und fuhr zusammen mit dem Pagen zum dritten Stock hinauf. Wenig später betrat sie ihr Zimmer. Nach dem unscheinbaren Äußeren des Hotels hatte sie keinen derartigen Luxus erwartet. Es kam ihr vor, als sei sie mitten in einen Palast geraten.
    Nachdem Cynthia dem Pagen ein Trinkgeld gegeben hatte, schloß sie die Tür. Sie trat auf den Balkon hinaus und blickte zur Alhambra empor. Schon als Kind hatte sie sich gewünscht, irgendwann die Alhambra zu sehen. Jetzt fragte sie sich, warum sie nie auf die Idee gekommen war, nach Spanien zu fliegen.
    Langsam ließ sie ihren Blick über die gewaltigen Hügel gleiten, bis sie den Generalife entdeckte, dessen weltberühmte Gärten jedes Jahr Hunderttausende von Besuchern anzogen. Wenn sie Cedric gefunden hatte, blieb ihr vielleicht etwas Zeit, sich Granada und seine Sehenswürdigkeiten anzusehen. Sie hoffte es.
    Die junge Frau setzte sich auf das Bett und breitete den Stadtplan aus, den sie noch in London gekauft hatte. Das Haus der deMurillos lag im Albayzin lag, dem malerischsten Viertel Granadas. Von ihrem Hotel aus waren es vielleicht zehn Minuten zu Fuß. Sie überlegte, ob sie die Familie noch an diesem Nachmittag aufsuchen sollte. Was sprach dagegen?
    Cynthia entledigte sich ihrer Reisekleidung. Sie wollte duschen und sich etwas anderes anziehen. Sorgfältig hängte sie ihr Kleid über einen Bügel. Plötzlich fiel ihr wieder Brian ein, und ihr wurde bewußt, daß sie ihn vermißte. Sie konnte das nicht verstehen; immerhin kannten sie sich kaum, und sie hatte bis jetzt auch sehr gut ohne ihn leben können. Aber die Stunden, die sie gemeinsam im Flugzeug verbracht hatten, schienen sie bereits geprägt zu h aben.
    Du mußt verrückt sein, sagte sie sich, einfach verrückt. Wütend auf sich selbst, suchte sie das Bad auf. Ein Mann war wirklich das letzte, was ihr fehlte. Nein, sie mußte den Kunsthistoriker vergessen. Es gab wichtigere Dinge auf der Welt als einen Brian McA rthur.
     
    6. Kapitel
     
    Das Haus der deMurillos lag in einer schmalen Seitenstraße gegenüber eines völlig verwilderten Gartens, der zu drei Seiten von verfallenen Gebäuden umgeben war. Mit seinen glatten, fensterlosen Mauern machte es den Eindruck einer Festung. Es wirkte wie eine Trutzburg, die sich ein Herrscher errichtet hatte. Ein hohes verwahrlostes Gebäude, das auf der rechten Seite an diese Mauern grenzte, schien ebenfalls zum Anwesen zu gehören.

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