Tödliche SMS (German Edition)
schlug ihr entgegen. Sie schloss die Augen.
Bitte, bitte, dachte sie. Mach, dass es schnell geht!
Sie spürte seinen Atem, ganz nah an ihrem Ohr. „Hast du eigentlich nicht mitbekommen, dass ich dich und Silke beobachtet habe? Von meiner Wohnung aus und auf der Straße?“
Sie schüttelte leicht den Kopf.
„Aber Silke hat es gewusst. Sie hat es die ganze Zeit über gewusst. Sie hat gewusst, dass sie nur eine Chance hat … Einmal war sie sogar in meiner Wohnung, wollte mit mir reden. Pah … reden … Sie hätte es einfach nicht tun dürfen.“
Kogler hatte sich wieder aufgerichtet, nahm das Messer von ihrem Bauch, legte es ihr an die Kehle, ritzte leicht in ihre Haut, fuhr mit der freien Hand über ihre Brüste. Sie fror, die Brustwarzen hatten sich aufgerichtet. Er keuchte. Ob es jetzt so weit war?
„Du bist die gleiche verlogene Hure wie Silke.“
Dann zog er das Messer mit schräg gestellter Klinge von ihrer Kehle tiefer über ihre Brüste und den Bauch, umkreiste ihren Nabel, glitt über ihre Scham, hielt inne, keuchte, fuhr über die Innenseite ihrer Oberschenkel. Sein Keuchen ging in erregtes Stöhnen über. Er genoss ihre Angst, sie trieb ihn vorwärts.
Ein fürchterlich brennender Schmerz ließ sie plötzlich einen jämmerlichen Laut unter dem Klebeband hervorwürgen. Sie riss die Augen auf, atmete flach, starrte ihn entgeistert an. Hatte er sie geschnitten? Sie reckte den Kopf, konnte nichts sehen, spürte lediglich etwas Warmes, Klebriges zwischen ihren Beinen. Wahrscheinlich ihr Blut. Er grinste bösartig.
„Es ist noch nicht so weit.“ Seine Stimme klang heiser.
Abrupt wandte er sich ab, setzte sich wieder auf den Fußboden, schnitt mit dem gleichen Messer, mit dem er sie Sekunden zuvor gequält hatte, die Torte an, nahm ein Stück, stopfte es sich in den Mund und leckte seine Finger ab.
Es waren kräftige, aber schlanke Finger. Bürohände.
Eine ganze Zeit lang herrschte Stille, nicht einmal die vorbeifahrenden Autos in der Amerlingstraße waren zu hören.
„Sie hat es dir ja sicherlich erzählt … dass sie und Gerhard immer wieder zu mir in die Wohnung gekommen sind.“
Die Erkenntnis traf sie mit voller Wucht. Michael Kogler war der Freund von Gerhard, der ihm und Silke die Wohnung zur Verfügung gestellt hatte. Die Werbeaufnahmen für die Post, das Gespräch vor dem Friedhof. Der Kreis schloss sich vor ihren Augen.
Aber warum dieser todbringende Hass?
Er füllte zwei Gläser mit Champagner, gab zwei Stück Kuchen auf einen Teller. Remo Bauers Worte kamen ihr in den Sinn: „GHB und Alkohol, eine tödliche Mischung.“ Vielleicht war es besser, an diesem Giftcocktail zu sterben als an einem Schnitt durch die Kehle. Ihr Atem ging flach und schwer, sie zitterte am ganzen Körper. Sie war nackt, wünschte sich, dass er das Leintuch über ihren Körper streifte, um sie ein bisschen zu wärmen. Auch, um ihre Nacktheit zu verdecken.
Stattdessen prostete er ihr zu. Er trank das erste Glas leer, schnappte sich das zweite und setzte an. Auch das trank er leer. Er hatte nicht vor, ihr mit Drogen versetzten Champagner einzuflößen, wie zuvor das Wasser. Er wollte, dass sie das Gemetzel bei vollem Bewusstsein mitbekommen würde.
Einatmen. Ausatmen.
„Ich habe Silke über Gerhard kennengelernt. Wir haben uns sofort angefreundet. Wir haben uns einfach gut verstanden, haben die gleichen Interessen gehabt“, erzählte er, während er beide Kuchenstücke aß.
Kaum hatte er den letzten Bissen in den Mund gesteckt, drehte er sich herum und streifte den Operationskittel über.
„In meiner Wohnung haben sie dann zum ersten Mal gefickt.“ Angeekelt spie er ihr das letzte Wort entgegen. „Von da an haben sie sich regelmäßig bei mir getroffen. Immer wiederhaben sie’s miteinander getrieben. Und ich musste mir das Gestöhne anhören. Nächtelang roch mein Polster nach ihr.“
Zeit war das Einzige, was ihr jetzt noch helfen konnte. Solange er mit ihr redete, würde er sie nicht töten.
„Es war an einem Sonntagmorgen. Sie war zwei Stunden früher gekommen, wir tranken Tee und ich gestand ihr meine Liebe.“ Kogler seufzte, dann fröstelte auch er bei der Erinnerung daran. „An diesem Sonntag haben wir zum ersten Mal miteinander geschlafen.“ Seine Stimme wurde sanft, kein Anzeichen mehr von Ekel. „Sie hat mich geliebt, nicht ihn. Und ich habe sie geliebt.“
Andrea war verblüfft. Silke hatte scheinbar schon mit fünfzehn Jahren dieselbe Leichtigkeit im Umgang mit Männern gehabt,
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