Tödliche Täuschung
ist…«
»Was?« fragte sie. »Was ist es, William?«
»Delphine Lambert«, antwortete er.
Sie blinzelte. Sie hatte keine Ahnung, was er meinte. Sie hätte die Wahrheit niemals erraten.
»Delphine Lambert«, wiederholte er. »Ich bin mir fast sicher - was mich betrifft, bin ich mir sogar ganz sicher -, dass sie und Dolly Jackson ein und dieselbe Person sind.«
Sie rang nach Luft. »Das ist absurd! Dolly Jackson war… nun…« Sie brach ab. Er konnte in ihren Augen sehen, dass sie darüber nachdachte. »Nun… sie… warum? Wie kommen Sie auf diese Idee?«
»Wenn Sie Delphine gesehen hätten und dann diesen beiden Mädchen begegnet wären, würden Sie das nicht fragen. Als Samuel starb, brachte Dolly Jackson die beiden Mädchen in ein Waisenhaus und verschwand, um ihre Situation zu verbessern und sich wieder zu verheiraten. Sie war ziemlich hübsch und obendrein ehrgeizig - und sie hatte Erfolg. Sie heiratete Barton Lambert, der ihr bot, was sie anstrebte.«
Sie sah ihn an, und langsam verstand sie den tieferen Sinn seiner Worte.
»Aber sie wagte es nicht, ihm Kinder zu schenken«, fuhr er fort. »Sie hatte bereits zwei missgebildete Kinder zur Welt gebracht, daher adoptierte sie ein Kind - ein perfektes Kind -, und bereitete es auf die perfekte Ehe vor.«
Hester antwortete nicht, aber ihr Gesicht spiegelte Entsetzen und Mitleid wider.
Die Tür wurde geöffnet, und Perdita kam atemlos hereingestürzt.
»Martha sagt, Sie hätten die Mädchen gefunden! Sie sind jetzt unten in der Küche!«
Widerstrebend ließ Monk Hester los, erstaunt, dass es ihn nicht mehr in Verlegenheit brachte, in einer solchen Situation entdeckt zu werden.
Perdita nahm mit einem überraschten Blick sein schmutziges Aussehen wahr. Noch vor einem Monat wäre sie schockiert gewesen. Jetzt machte sie sich nur Sorgen.
»Ist es wahr? Haben Sie es geschafft?«
»Ja«, antwortete Monk. »Ich habe sie gerade noch vor Mädchenhändlern retten können, die sie mit dem Schiff nach Übersee bringen wollten.« Er schaute zu Boden, wo sich eine Pfütze zu seinen Füßen gebildet hatte. »Es tut mir Leid. Ich bin fast in den Fluss gefallen.« Er lächelte verlegen.
»Sie müssen ja vollkommen durchgefroren sein!« rief sie.
»Ich werde Ihnen ein heißes Bad bereiten lassen. Danach können Sie sich einige von Gabriels Sachen ausleihen. Und dann müssen wir uns überlegen, was wir mit den Mädchen anfangen.«
»Können Sie sie für irgendeine Arbeit hier im Haus einsetzen?« Hester ließ ihren Blick zwischen Perdita und Monk hin und herwandern. »Wäre das möglich?« Eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen.
Bevor Perdita antworten konnte, schritt Monk ein.
Hester hatte die beiden Mädchen nicht gesehen. Sie hatte keine Vorstellung von deren Missbildungen und ihrer Taubheit , machte sich keinen Begriff von der Vernachlässigung und Misshandlung, denen sie ein Leben lang ausgesetzt gewesen waren. Ihr Dasein hatte sich in Tavernen, Kneipen und Bordellen abgespielt.
»Man kann sie nicht so einfach…« Wie konnte er das formulieren? Hester beobachtete ihn voller Sorge. »Sie sind…« Er blickte auf seine schmutzigen Kleider hinab und sah dann Perdita an. Es hatte keinen Sinn, es mit etwas anderem als der Wahrheit zu versuchen. »Sie haben ihr Leben in Kneipen und Bordellen verbracht! Sie sind taub - und sie sind missgebildet.«
Perditas Gesicht zeigte zuerst Entsetzen und schließlich Mitleid. Sie hob das Kinn. »Nun, wir haben zurzeit nicht viel Gesellschaft. Dies hier könnte das geeignete Haus sein, um solchen Menschen Arbeit zu geben.« Aus ihren Worten sprachen weder Zorn noch Verbitterung, und auch ihre Miene spiegelte nichts dergleichen wider. Sie schien nicht an sich selbst zu denken.
Hester sah sie voller Respekt an.
Perdita bemerkte es, und das gab den letzten Anstoß.
»Wollen wir hinaufgehen und es Gabriel sagen?«, schlug sie vor. »Dann müssen Sie sich aber wirklich aufwärmen, Mr. Monk. Sie fühlen sich bestimmt ganz abscheulich.«
»Natürlich«, pflichtete er ihr bei. Er wollte gern miterleben, wie Gabriel reagierte; vorher hätte er ohnehin keine Ruhe gefunden. Er folgte Perdita und Hester hinauf in den ersten Stock.
Perdita stürmte in Gabriels Zimmer. »Es ist wahr!« rief sie, ohne auch nur eine Sekunde abzuwarten. »Er hat sie gefunden! Sie sind hier!«
Gabriel sah Monk mit leuchtenden Augen an.
Monk nickte. »Sie sind in der Küche. Martha macht sie ein wenig sauber und gibt ihnen etwas zu essen.« Gabriel
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