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Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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einen Blick in Michaels Zimmer werfen wollen, um nach ihm zu sehen, aber sie sah ihm an, wie angespannt er war. Sie betrat das Zimmer und schloss die Tür. »Kannst du nicht schlafen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Machst du dir Sorgen um deine Mom?«
    Er nickte. »Ich warte auf ihren Anruf. Sie hat gesagt, sie würde sich melden, sobald sie in den Staaten angekommen sind.«
    »Sie weiß doch, wie spät es hier ist.«
    »Sie ruft an. Sie hat’s versprochen.«
    »Sie möchte bestimmt nicht, dass du vor lauter Sorge nicht schlafen kannst. Leg dich ins Bett, ich wecke dich, sobald sie anruft.« Sie trat zu ihm an den Sessel. »Das war ein dummer Vorschlag. Wenn man etwas möchte, heißt das noch lange nicht, dass es auch klappt.«
    »MacDuff hat auch so was gesagt«, erwiderte Michael zaghaft. »Du brauchst nicht hierzubleiben. Es geht mir gut. Und ich möchte dir keine Umstände machen.«
    »Du machst mir keine Umstände.« Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. »Fürchtest du dich davor einzuschlafen, Michael?«
    »Manchmal. Aber heute nicht. Ich mache mir nur Sorgen um Mom.«
    »Das hast du sie aber nicht merken lassen, und das war sehr tapfer. Ich habe genau gesehen, wie stolz sie auf dich ist.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich mache ihr viel zu viel Mühe.«
    Es wäre unklug, sich auf eine Diskussion mit ihm einzulassen. Er war ein kluger Junge, und er würde jede Lüge durchschauen. »Das bedeutet noch lange nicht, dass sie keinen Grund hat, stolz auf dich zu ein. Außerdem macht sie sich gern die Mühe um dich.«
    »Weil sie halt meine Mutter ist. Niemand anders würde so denken.« Er schaute sie an. »Du auch nicht, stimmt’s?«
    Es war Zeit, Klartext zu reden. Sie hatte damit gerechnet, dass der Zeitpunkt kommen würde. Michael hatte sie akzeptiert, weil er es damit seiner Mutter leichter machte, aber jetzt mussten sie beide miteinander zurechtkommen. »Ich wäre nicht hier, wenn ich nicht so dächte.«
    »Du kanntest mich ja nicht mal«, entgegnete er schnippisch. »Wieso bist du hergekommen? Weil MacDuff es dir befohlen hat?«
    »MacDuff hat mir überhaupt nichts zu befehlen.« Michael schaute sie immer noch an. Er brauchte eine Antwort. »Ich bin gekommen, weil ich wusste, dass du mich brauchst. Als ich klein war, hatte ich keine Mom wie du, und ich war ziemlich einsam. Dann ist eine Frau gekommen und hat mich bei sich aufgenommen, und das hat mein Leben verändert. Die Frau heißt Eve Duncan. Sie und Joe haben mir ein Zuhause gegeben und mir meine Einsamkeit genommen. Die beiden haben mir beigebracht, dass Menschen einander helfen müssen. Ich dachte, indem ich mich um dich kümmere, könnte ich vielleicht ein bisschen von dem zurückgeben, was Eve und Joe mir gegeben haben.«
    »Du hattest Mitleid mit mir?«, fragte er argwöhnisch. »Ich brauche kein Mitleid.«
    »Natürlich habe ich Mitleid mit dir. Du hast ein Problem, und ich möchte dir helfen, es zu überwinden. Das heißt aber nicht, dass ich dich für bedauernswert halte. Du bist ziemlich zäh, Michael. Ich weiß nicht, ob ich das aushalten würde, was du durchmachst.« Eine Weile musterte er schweigend ihr Gesicht. Er brauchte noch deutlichere Worte, und die musste sie ihm sagen, auch wenn es weh tat. Sie versuchte zu lächeln. »Du bist so zäh, dass ich MacDuff seine Bitte beinahe abgeschlagen hätte. Erst als er mir deinen Namen genannt hat, habe ich es mir anders überlegt.«
    Er runzelte die Stirn. »Hä?«
    »Er hat mir gesagt, dass du Michael heißt. Ich kannte mal einen kleinen Jungen namens Michael, bevor Eve mich bei sich aufgenommen hat. Er war jünger als ich, und wir haben ihn Mikey genannt. Ich war für ihn so etwas wie eine große Schwester. Wir sind zusammen aufgewachsen.«
    »Bin ich ihm ähnlich?«
    »Nein, er war ein netter Junge, und ich mochte ihn sehr, aber du bist viel tapferer und selbständiger.« Sie räusperte sich. »Aber Mikey kann ich nicht mehr helfen, und deswegen helfe ich jetzt einem anderen Michael.«
    »Ist dein Mikey fortgegangen?«
    »Ja.« Sie wandte sich ab. »Er ist fortgegangen.« Sie stand auf. »Lässt du mich dir helfen? Es wird mir guttun. Willst du mein Freund sein und zulassen, dass ich dir und deiner Mutter helfe?«
    Nach langem Zögern nickte er. »Ich möchte gern dein Freund sein.«
    »Kann ich dich dann überreden, ins Bett zu gehen, damit ich deine Mutter anrufen und ihr sagen kann, dass ich meine Sache gut gemacht habe?«
    Er lächelte. »Also gut.« Er stand auf und ging zum Bett.

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