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Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Fingerspitzen gestreichelt hätte. Er war so hart, so angespannt, doch sie wusste, dass sie diese Anspannung in ihm lösen konnte. Von dem Machtgefühl, das sie dabei überkam, wurde ihr beinahe schwindlig.
    Adam und Eva und der verdammte Apfel. Was sie empfand, war absolut primitiv.
    »Keine Bange.« Er musterte ihr Gesicht. »Ich werde nicht über Sie herfallen, bloß weil Sie sich ein bisschen schwach fühlen. Das ist nicht der Grund, warum ich Sie hierher gebracht habe.«
    Am liebsten hätte sie abgestritten, dass sie sich schwach fühlte. Aber sie konnte nicht lügen. So schwach hatte sie sich in ihrem ganzen Leben noch nicht gefühlt. »Warum haben Sie mich denn hierher gebracht?«
    Er runzelte die Stirn. »Weil Sie sich entspannen müssen. Ich wollte Sie ausnahmsweise mal ohne Sorgenfalten erleben.« Er biss in sein Sandwich. »Und ich wollte Ihnen sagen, dass … ich ziemlich ruppig mit Ihnen umgesprungen bin. Ich wollte nicht, dass Sie mich begleiten, und da bin ich eklig geworden.«
    »Ja.«
    Er zuckte die Achseln. »Ich hab das nicht so gemeint. Es ist mir durchaus nicht gleichgültig, ob Sie am Leben bleiben oder nicht.«
    Er wirkte wie ein verlegener kleiner Junge, der etwas ausgefressen hatte. Sie hob die Brauen. »Na, das ist ja überaus tröstlich. Dann war das also gelogen, als Sie behauptet haben, Sie wollten mich eigentlich nur flachlegen?«
    »Also, es war insofern gelogen, als ich gesagt hab, es wäre mein einziger Beweggrund gewesen.« Er grinste. »Aber wichtig war es mir schon.« Er wurde ernst. »Und das ist es immer noch. Aber ich will Sie nicht drängen.« Er aß sein Sandwich fertig, streckte sich auf dem Rücken aus und schloss die Augen. »Noch nicht.«
    Sie betrachtete ihn mit einer Mischung aus Entgeisterung und Belustigung. Typisch Royd, sie erst zu provozieren und dann zu ignorieren.
    »Essen Sie Ihr Sandwich und entspannen Sie sich«, sagte Royd, ohne die Augen zu öffnen, »denn das ist vielleicht vorerst Ihre letzte Chance. Man sollte die guten Zeiten genießen, solange man kann.«
    »Ich weiß.« Sie schob sich den letzten Bissen in den Mund und blieb noch eine Weile nachdenklich sitzen. Gott, er schien tatsächlich einzuschlafen. Er scherte sich überhaupt nicht darum, wie nervös und angespannt sie war. Ach, das war auch egal.
    Sie lehnte sich gegen den Felsen, vor dem sie saß. »Aber falls ich einschlafe, sollten Sie mich lieber wecken, bevor die Flut mich überrollt. Ich werd nicht gern unsanft geweckt.«
    »Das ist doch manchmal gar nicht schlecht. Ein kleiner Schrecken macht munter. Ich werd’s Ihnen irgendwann mal zeigen …«
    »Ich will nicht –« Am besten, sie hielt einfach die Klappe. Jedes Wort, das er sagte, rief Erinnerungen wach. Wie Royd in jener ersten Nacht nackt im Bett gelegen hatte. Wie ihr Herz gerast hatte, als er sie so intensiv angesehen hatte. »Ich kann mich nicht entspannen, wenn Sie die ganze Zeit mit mir reden.«
    »Gutes Argument. Sie sind eben eine kluge Frau. Und das ist eins meiner Probleme. Sie sehen gar nicht aus wie eine Ärztin.«
    »Wie sieht eine Ärztin denn Ihrer Meinung nach aus?«
    »Jedenfalls nicht wie Sie. Wenn Ihre Haare frisch gewaschen sind, sind sie ganz lockig und luftig wie bei einem Kind. Sie tragen meistens kaum Make-up, und Sie sehen immer so unschuldig und weich und strahlend aus …«
    Himmelherrgott, ihr wurde schon wieder ganz heiß und mulmig.
    »Das klingt ja, als wär ich Shirley Temple.« Sie hatte Mühe, mit fester Stimme zu sprechen. »Ich wünschte, ich wäre unschuldig, aber an mir ist nichts Kindliches.« Sie schloss die Augen. »Ich habe selbst ein Kind, erinnern Sie sich?«
    »Wie könnte ich das vergessen? Es ist das Wichtigste in Ihrem Leben.«
    »Da haben Sie allerdings recht.«
    Aber im Moment schien Michael ganz weit weg zu sein. Es war schon ziemlich lange her, dass sie sich anstatt wie eine Mutter einfach ganz wie eine Frau gefühlt hatte. Sie war sich ihres Körpers und ihrer Muskeln intensiv bewusst, spürte, wie ihre Brust sich beim Atmen hob und senkte. Obwohl sie die Augen geschlossen hatte, sah sie vor ihrem geistigen Auge das Meer, den Sand und Royd ganz deutlich vor sich.
    »Das ist in Ordnung«, sagte Royd leise. »So sollte es auch sein. Ich wollte dem nicht widersprechen. Aber Sie sind ein Mensch, Sophie. Wenn Sie mich brauchen, bin ich für Sie da.«
    Sie brachte kein Wort heraus. Dieser Mistkerl. Rau und grob, aber manchmal war er so sanft, dass sie ihn am liebsten in die Arme nehmen

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