Toedliche Traeume
bedacht.« Sie runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht. Es ist eine echte Zwickmühle.«
»Welches Risiko würdest du denn lieber eingehen?«
»Cholera«, antwortete sie spontan. »Wir wissen nicht, welche mentalen Schäden dieses hochwirksame REM-4 anrichten kann. Aber vielleicht finde ich eine Möglichkeit, die Fässer zu vernichten, ohne dass wir die Anlage in die Luft jagen müssen.«
»Riskier das lieber nicht. Die werden dich nicht aus den Augen lassen. Solange sie glauben, sie hätten etwas gegen dich in der Hand, werden sie dir gewisse Freiheiten lassen, aber sobald du auch nur den geringsten Verdacht erregst, werden sie dich umbringen.«
Sie holte tief Luft. »Ich muss rausfinden, ob es eine andere Möglichkeit gibt. Keine Sorge, ich werde weder dich noch sonst jemanden in Gefahr bringen.«
»Das klingt fast albern. Schließlich bist du diejenige auf dem Hochseil.«
»Dann lass es mich auch auf meine Weise tun. Und ich bin nicht diejenige, die sie töten, wenn sie dich an der Küste oder auf dem Weg zur Aufbereitungsanlage erwischen. Du setzt dich einer viel größeren Gefahr aus als ich.« Sie zuckte mit den Schultern. »Egal. Wir werden das durchziehen, so oder so. Hauptsache, ich weiß, dass Michael in Sicherheit ist.« Sie sah Royd eindringlich an. »Er ist doch in Sicherheit, oder?«
Er wandte sich ab. »Das habe ich dir doch schon mehrmals versichert.«
»Und warum kann ich dann nicht mit ihm sprechen?«, fragte sie ungehalten. »Okay, du hast mir gesagt, es wäre gefährlich, weil man den Anruf zurückverfolgen könnte, aber warum kann ich nicht wenigstens mal ganz kurz seine Stimme hören?«
Er schüttelte den Kopf. »Es geht jetzt einfach nicht, Sophie.«
Sie schwieg eine Weile. »Mich macht das vollkommen verrückt, Royd.«
»Das sehe ich.« Er wich ihrem Blick noch immer aus. »Vertraust du mir nicht?«
»Ich wäre nicht hier, wenn ich dir nicht vertrauen würde.«
»Das ist das reinste Wunder. Ich habe dir mal gesagt, ich würde alles tun, um Sanborne und Boch zu kriegen. Seit dem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet sind, habe ich nicht nur dein Leben, sondern auch das deines Sohnes wiederholt in Gefahr gebracht.«
»Trotzdem habe ich immer noch einen freien Willen. Ich entscheide selbst, welche Risiken ich eingehe.« Sie schluckte. »Ich vertraue dir. Sag mir noch mal, dass Michael in Sicherheit ist.«
»Deinem Sohn wird nichts geschehen.« Er wandte sich zum Gehen. »Ich gehe auf die Brücke und sage Kelly, er soll Kurs auf Caracas nehmen.«
Sophie schaute ihm mit einem unguten Gefühl nach. Seit sie die USA verlassen hatten, war er still und kurz angebunden. Vielleicht war das normal unter den gegebenen Umständen. Sie selbst war auch ziemlich angespannt, und es fiel ihr nicht leicht, die Panik zu unterdrücken, die sie jedes Mal zu überkommen drohte, wenn sie an das dachte, was vor ihr lag. Aber was sie an Royd wahrnahm, war keine Panik. Immer wieder spürte sie, wie er sie aus dem Augenwinkel ansah, wie er sie beobachtete.
Boch und Sanborne zu vernichten bedeutete ihm alles. Er war regelrecht besessen von seinem Vorhaben. Fürchtete er etwa, sie könnte im letzten Augenblick einen Rückzieher machen?
Sie wusste es nicht. Neuerdings war er ihr ein komplettes Rätsel, und sie hatte einfach nicht die Energie, das Rätsel zu lösen. Das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um jede seiner Stimmungen zu analysieren. Sie hatte ihm gesagt, dass sie ihm vertraute, und das war die Wahrheit. Ihre Nervosität hatte nichts mit Royd zu tun, sondern mit dem, was sie in den nächsten Tagen erwartete. Sie musste ihm einfach vertrauen.
Caracas
Sophie nahm den tragbaren DVD-Player aus dem Umschlag und schob die DVD ein.
»Mom?«
Noch ehe das Bild erschien, hörte sie Michaels Stimme.
Himmelherrgott.
Er hatte einen blauen Fleck an der linken Wange, und seine Oberlippe war gerissen und geschwollen. Er wirkte völlig verängstigt.
Mit einem tapferen Lächeln sagte er: »Es geht mir gut, Mom. Mach dir keine Sorgen um mich. Und lass dich nicht von diesen Leuten überreden, irgendwas zu tun, was du nicht willst.«
Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen traten.
»Ich muss jetzt Schluss machen.« Michael schaute zu jemandem hinüber, der nicht auf dem Bildschirm zu sehen war. »Was ich gesagt hab, hat ihm nicht gefallen, aber ich hab es ernst gemeint. Lass dich nicht von denen –«
Die Videokamera wurde ausgeschaltet, und der Filmclip war zu Ende.
Sie musste sich auf den Tisch
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