Toedliche Traeume
weit bin ich noch nicht. Und du benimmst dich ziemlich dickköpfig. Wie geht’s Michael?«
»Er hatte letzte Nacht einen Anfall, aber ich konnte ihn sehr schnell wecken.«
»Verdammt. Es wird überhaupt nicht besser. Sag ihm, ich komme morgen und gehe mit ihm in den neuen Science-Fiction-Film, den er so gern sehen wollte. Oder, wenn er will, können wir auch ins Chuck E. Cheese’s gehen.«
»Jock, ich gehe mit ihm ins Kino. Er braucht keinen großen Bruder. Fahr nach Hause.« Sie holte tief Luft. »Sein Vater hat sich nach dir erkundigt.«
»Gut so. Ein bisschen Eifersucht um die Zuneigung des Jungen bringt ihn vielleicht zur Besinnung. Bei der Wahl deines Ehemanns hast du wirklich keinen besonders guten Geschmack bewiesen. Ein Wunder, dass Michael so ein netter Junge ist.«
»Dave hat viele gute Eigenschaften.«
»Aber mir ist aufgefallen, dass er sich mehr für das große Geld interessiert als für seinen Sohn.«
»Sicher, Dave legt großen Wert auf Geld, aber Michael ist ihm auch wichtig.«
»Lass uns nicht darüber streiten.« Jock wechselte das Thema. »Ich war bei Sanbornes Fabrik. Die sind dabei, alles, was nicht niet- und nagelfest ist, in Umzugswagen zu verstauen. Vielleicht hast du Sanborne ein bisschen nervös gemacht. Nervöse Menschen sind unberechenbar. Wir müssen reden. Lad mich auf eine Tasse Tee ein, wenn ich Michael nach Hause bringe.«
»Den Teufel werd ich tun.«
»Wenn ich’s mir recht überlege, komme ich lieber gleich rüber. Ich muss dich noch ein bisschen bearbeiten. Du wirst von Tag zu Tag sturer.«
»Ich werde dich nicht reinlassen. Flieg zurück nach Schottland.«
Sie hörte ihn leise lachen, ehe er auflegte.
Kopfschüttelnd stand sie auf. Ihre Erleichterung war völlig unangebracht. Es war Jock gegenüber nicht fair, ihn in ihrer Nähe zu behalten, also würde sie es auch nicht tun. Stattdessen würde sie MacDuff anrufen und ihn bitten, Jock noch mehr unter Druck zu setzen. Auf sie hörte der Kerl ja nicht.
Morgen.
Es war schon spät, und sie hatte um acht Uhr früh eine Besprechung.
Sie ging noch einmal ins Kinderzimmer, um nach Michael zu sehen.
Bitte, schlaf tief und gut, mein Schatz. Jede durchschlafene Nacht ist ein Geschenk.
Sachte schloss sie die Tür, dann ging sie in die Küche und programmierte die Kaffeemaschine für den nächsten Morgen. Neuerdings konnte sie nur noch mit Hilfe von starkem Kaffee durchhalten.
Als sie das Licht im Schlafzimmer einschalten wollte, legte sich ihr ein Arm um den Hals.
»Wenn du schreist, brech ich dir das Genick, du Miststück.«
O Gott.
Sie schrie nicht. Sie rammte ihrem Angreifer einen Ellbogen in die Magengrube und trat ihn gleichzeitig mit aller Wucht vors Schienbein.
Er stöhnte auf, und sein Griff lockerte sich.
Sie riss sich los und stürzte zu ihrem Nachttisch, um die Pistole zu holen, die Jock ihr gegeben hatte.
Auf halbem Weg erwischte er sie und riss sie zu Boden, setzte sich rittlings auf sie und legte ihr die Hände um den Hals.
Schmerz.
Sie bekam keine Luft.
Verzweifelt versuchte sie, seine Finger von ihrem Hals zu lösen.
Gott, sie durfte jetzt nicht sterben.
Michael …
Sie spuckte dem Mann ins Gesicht.
»Du Miststück!« Er schlug ihr ins Gesicht.
Sie drehte den Kopf und biss ihn in die Hand.
Sie schmeckte Blut, während er vor Wut und Schmerzen aufschrie.
Es gelang ihr, sich unter ihrem Angreifer wegzudrehen, doch ehe sie sich aufrichten konnte, packte er sie an den Haaren.
Etwas Metallisches blitzte in seiner Hand auf.
Ein Messer.
Tod.
Nein!
Sie sah sein verzerrtes Gesicht, als sie versuchte, sich zu befreien. Hässlich. So hässlich.
»Angst?«, keuchte er. »Recht so. Sie hätten es sich leichter gemacht, wenn Sie –« Seine Augen weiteten sich, sein Oberkörper bog sich nach hinten. »Was –«
Dann sah sie die Dolchspitze aus seiner Brust ragen.
Seine Augen wurden glasig, dann sackte er langsam nach vorn. Doch er wurde von dem Mann, der hinter ihm stand, zur Seite geschoben. Jock?, fragte sie sich benommen.
»Hat er Sie mit dem Messer verletzt?«
Nein, das war nicht Jock, schoss es ihr durch den Kopf. Groß, muskulös, kurze, dunkle Haare. Sein Ton war ebenso ausdruckslos wie sein breites Gesicht.
»Hat er Sie mit dem Messer verletzt?«, wiederholte der Mann. »Sie sind voller Blut.«
Sie betrachtete ihre blutgetränkte Bluse. »Nein, das muss sein Blut sein.«
Der Fremde warf einen Blick auf den Toten. »Wahrscheinlich. Wer ist das?«
Sophie zwang sich, das Gesicht des
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