Toedliche Traeume
Küche auf dich.«
Während sie zehn Minuten später die Kaffeemaschine in Gang setzte, versuchte sie, ihre Fassung wiederzugewinnen. Herrgott, sie zitterte dermaßen, dass sie keine Tasse in der Hand halten konnte, ohne den Inhalt zu verschütten. Wahrscheinlich war das die Schockreaktion. Sie würde sich gleich wieder im Griff haben, redete sie sich ein. Sie schloss die Augen und holte tief Luft. Nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie sich monatelang nicht unter Kontrolle gehabt. Aber mittlerweile hatte sie ihre alte Stärke wiedererlangt, und der Mann bedeutete für sie nichts weiter als eine Bedrohung.
Blut, das aus der Wunde spritzte. Sinnlos. Sinnlos. Sinnlos.
Nein, sie würde nicht die Kontrolle verlieren. Es ging ihr wieder gut.
»Sophie?« Jock kam in die Küche.
Sie öffnete die Augen und nickte. »Alles in Ordnung. Das alles hat wohl einfach ein paar schlimme Erinnerungen geweckt.«
»Was denn für Erinnerungen?«, fragte Royd, als er nach Jock die Küche betrat.
Sie schaute ihn kühl an. »Das geht Sie einen feuchten Kehricht an.«
»Geh ins Bad und zieh dich um.« Jock reichte ihr eine weiße Bluse. »Ich dachte, du möchtest jetzt sicher nicht so gern in dein Schlafzimmer gehen.«
»Danke.« Sie nahm die Bluse entgegen. Royd stand in der Küchentür, und sie gab acht, ihn beim Rausgehen nicht zu berühren. Trotzdem spürte sie seine Anspannung und seine leidenschaftliche Wut. Diesen heftigen Gefühlen wollte sie sich nicht aussetzen, solange sie sich nicht im Griff hatte. Sollte Jock sich um Royd kümmern. Sollte Jock zusehen, wie er den Kerl aus dem Haus bekam.
Sie wusch sich, zog die frische Bluse an und kämmte sich die Haare. Dann ließ sie sich noch einen Augenblick Zeit und versuchte, das Bild von dem Toten in ihrem Zimmer auszublenden. Es gelang ihr nicht. Warum versuchte sie es überhaupt? Sie musste sich mit dem, was vorgefallen war, auseinandersetzen, und sie musste mit Royd umgehen. Also Schluss mit dem Gejammere.
Als sie nach unten kam, saßen Jock und Royd am Küchentisch. Royd wirkte so entspannt wie ein Tiger, der versuchte, auf einem Barhocker zu balancieren. Tiger. Ja, diese Beschreibung passte zu ihm.
»Ich hab dir Kaffee eingeschenkt.« Jock zeigte auf den Stuhl neben sich. »Komm, setz dich. Wir müssen mit Royd reden.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Setz dich«, wiederholte Jock. »Du hast schon genug Sorgen, du musst dich jetzt nicht auch noch mit Royd anlegen.«
Zögernd setzte sie sich. »Hast du den Mann im Schlafzimmer erkannt?«
Er schüttelte den Kopf. »Und Royd kennt ihn auch nicht. Aber wir werden vielleicht bald erfahren, wer er ist. Royd hat mit seinem Handy ein Foto gemacht und es an seinen Mann bei Sanborne geschickt.«
Sie erstarrte. »Seinen Mann?«
»Er hat einen Mann unter falschem Namen in die Firma eingeschleust, um an Sanbornes geheime Unterlagen ranzukommen. Er bedient die Überwachungsbildschirme im Sicherheitszentrum des Werks.«
»Wieso?«
»Weil er was gegen Sanborne hat«, erwiderte Jock trocken. »Ich würde sagen, er hasst ihn mit derselben Inbrunst wie du.«
»Und warum?« Sie sah Jock forschend an, während sie sich an alles erinnerte, was Royd im Schlafzimmer zu ihr gesagt hatte. Zudem hatte Jock was davon gesagt, dass sie auf dieselbe Schule gegangen waren. Plötzlich wurde ihr übel. »Noch so einer wie du, Jock?«
Jock nickte. »Andere Umstände, aber so ziemlich dasselbe Ergebnis.«
»O Gott.«
»Es geht hier nicht um mich«, schaltete Royd sich ein. »Ich habe bisher noch nichts gehört, was mich davon überzeugt, dass sie nicht mit Sanborne unter einer Decke steckt, Jock.«
Jock schwieg eine Weile. »Vor zwei Jahren hat ihr Vater ihre Mutter erschossen und versucht, ihren Sohn zu töten, auf sie geschossen und sich dann selbst eine Kugel in den Kopf gejagt. Völlig grundlos. Der Angriff kam aus heiterem Himmel.«
Royds kühler Blick wanderte zu Sophie. »Eins Ihrer Experimente, das schiefgelaufen ist?«
»Nein.« Ihr drehte sich der Magen um. »O mein Gott, nein.«
»Das ist grob, Royd«, sagte Jock. »Zu grob.«
Royd sah Sophie unverwandt an. »Aber möglich. Woher wollen wir das wissen?«
Sophie schüttelte den Kopf. »Ich hätte niemals – Ich habe ihn geliebt. Ich habe meine Eltern geliebt.«
»Und Sie waren natürlich für nichts verantwortlich. In Sanbornes Unterlagen über die anfänglichen Experimente mit REM-4 steht Ihr Name ganz oben, aber das hat selbstverständlich nichts zu bedeuten.«
»Das habe ich
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