Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
Vom Netzwerk:
hätte gewonnen. Ich habe eine Stelle an der Universitätsklinik in Atlanta angenommen und versucht, das Ganze als erledigt zu betrachten.«
    »Ohne Beweis dafür, dass Sanborne sich an die Abmachung hält?«
    »Ich hatte Freunde in Sanbornes Labor, und ich hab mich darauf verlassen, dass sie mich informieren würden, falls er es nicht tut.«
    »Darauf verlassen?«
    »Gut, ich war naiv. Ich hätte mich sofort an die Medien wenden sollen. Aber ich hatte jahrelang Medizin studiert und auf dem Gebiet geforscht, ich wollte nicht, dass alles umsonst war. Sanbornes Anwälte hätten mir meine Karriere und mein Leben ruiniert.« Sie holte tief Luft. »Auf jeden Fall wurden die Experimente eingestellt. Ein halbes Jahr lang habe ich regelmäßig bei meinen Freunden nachgefragt und erhielt jedes Mal die Information, das Projekt wäre eingestellt.«
    »Und nach dem halben Jahr?«
    Ihre Hände umklammerten die Kaffeetasse. »Danach brauchte ich mir keine Sorgen mehr zu machen, dass mein Leben zerstört werden könnte. Das war bereits geschehen. Irgendwann bin ich mit meinen Eltern zum Angeln rausgefahren. Jock hat Ihnen ja erzählt, was passiert ist. Mein Vater ist durchgedreht. An dem Tag war er völlig normal und liebenswürdig, und dann erschießt er aus heiterem Himmel die Frau, die er sein Leben lang geliebt hat. Wenn ich mich nicht dazwischengeworfen hätte, hätte er auch noch meinen Sohn erschossen. Die Kugel hat ihn zwar getroffen, aber sie hatte zuerst meinen Körper durchdrungen und war abgelenkt worden. Einen Tag später bin ich dann im Krankenhaus aufgewacht. Ich erlitt einen Nervenzusammenbruch, als ich erfuhr, was passiert war. Das alles ergab überhaupt keinen Sinn. So etwas konnte einfach nicht passieren.« Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. »Ich war völlig entkräftet. Dave hat mir nicht mal gesagt, dass Michael Probleme hatte. Trotzdem hätte ich für ihn da sein müssen.«
    »Das waren doch nur zwei Monate, Sophie«, sagte Jock ruhig. »Außerdem hattest du mit deinen eigenen Problemen genug zu tun.«
    »Aber ich bin kein Kind«, entgegnete sie unwirsch. »Ich bin eine Mutter, und ich hätte bei meinem Sohn sein müssen.«
    »Sehr rührend«, bemerkte Royd. »Aber ich würde gern noch mal auf Sanborne zurückkommen.«
    Himmel, der Typ war wirklich knallhart. »Verzeihen Sie, dass ich Ihre wertvolle Zeit vergeude. Das war kein Versuch, Ihr Mitgefühl zu erregen. Wobei ich bezweifle, dass Sie zu so was wie Mitgefühl überhaupt fähig sind. Eigentlich haben wir das Thema Sanborne nie fallen lassen.« Sie hob ihre Tasse an die Lippen. »Während meines Aufenthalts in der psychiatrischen Klinik dachte ich, ich kann nur überleben, indem ich zu begreifen versuche, was geschehen war. Ich konnte einfach nicht glauben, dass mein Vater plötzlich den Verstand verloren hatte … Er war … ein großartiger Mensch. Liebenswürdig und völlig normal.« Sie trank einen Schluck Kaffee. »Er war nie krank, bis auf die Schlafstörungen, unter denen er seit seiner Kindheit gelitten hatte. Aber selbst diese Störungen hatten in den vorangegangenen Monaten nachgelassen, und zwar seit er von einem neuen Arzt behandelt wurde, einem Spezialisten namens Dr. Paul Dwight. Ich hatte mich über den Mann erkundigt und herausgefunden, dass er großes Ansehen genoss. Mein Vater suchte ihn wesentlich häufiger auf als seinen vorherigen Therapeuten, und alles schien gut zu laufen. Er schlief fast immer durch und wurde kaum noch von nächtlichen Angstattacken heimgesucht. Meine Mutter war überglücklich. An jenem letzten Tag wirkte er entspannter, als ich ihn je erlebt hatte. Dann, während ich in der Klinik über diese ganze Geschichte nachgrübelte, ist mir eingefallen, wie unglaublich entspannt die Probanden in Amsterdam immer nach der REM-4-Therapie gewirkt hatten.« Sie schüttelte den Kopf. »Anfangs hielt ich es für an den Haaren herbeigezogen, hab mir eingeredet, ich würde Gespenster sehen und Zusammenhänge herstellen, wo es keine gab. Aber es hat mir keine Ruhe gelassen, ich musste es unbedingt wissen. Denn wäre das nicht die einfachste Möglichkeit gewesen, mich loszuwerden? Ich bin fest davon überzeugt, dass mein Vater auch noch auf mich geschossen hätte, wenn ich nicht schon die Kugel abbekommen hätte, die für Michael gedacht war. Man hört ja immer wieder von Verrückten, die erst ihre ganze Familie und dann sich selbst umbringen. Es wäre eine ganz normale Familientragödie gewesen. Kein mysteriöser Täter, nach

Weitere Kostenlose Bücher