Toedliche Traeume
nicht die Absicht habe, Sie betrunken zu machen.«
»Das habe ich auch nicht angenommen.«
»Nein?« Seine Mundwinkel zuckten. »Ich habe den Eindruck, dass Sie prinzipiell argwöhnisch sind, egal, was ich sage oder tue. Ich bin vielleicht impulsiv, aber ich werde nicht über Sie herfallen.«
»Weil Sie mich brauchen, um an Sanborne und Boch heranzukommen.«
»Sie haben es erfasst.« Er lächelte. »Sonst hätten Sie keine Chance.«
Sie setzte sich an den Tisch und nahm ihre Gabel in die Hand. »Da täuschen Sie sich gewaltig. Jock war ein hervorragender Lehrer.«
Er lachte in sich hinein. »Dann werde ich mich tunlichst zurückhalten.« Er trank einen Schluck Wein. »Es heißt, Jock ist ein wahres Wunder.«
Sie blickte auf und runzelte die Stirn. »Sie sind ja ganz – Ich kann mich gar nicht erinnern, Sie schon mal lachen gesehen zu haben.«
»Vielleicht versuche ich ja, Sie in Sicherheit zu wiegen, damit ich zuschlagen kann.«
Sie musterte ihn. »Tun Sie das?«
Er zuckte die Achseln. »Könnte auch sein, dass Kelly mich endlich angerufen hat und ich weiß, dass er noch lebt. Mir ist bewusst, dass Sie mich für einen gefühllosen Scheißkerl halten, aber die Vorstellung, dass jemand, den ich auf eine Mission schicke, ins Gras beißen könnte, macht mich ziemlich nervös.«
»Aber Sie haben ihn trotzdem geschickt.«
»Ja.« Er schaute sie über sein Glas hinweg an. »Genauso wie ich Sie schicken würde.«
»Gut.« Sie schob sich ein Stück Hähnchenfleisch in den Mund. »Was hat Kelly denn gesagt?«
»Dass er die Unterlagen noch nicht gefunden hat und es weiter versucht. Er wird mich am späten Abend noch mal anrufen.«
»Womöglich sind die Unterlagen gar nicht im Aktenraum. Sanborne könnte sie auch im Safe bei sich zu Hause verstaut haben.«
»Kann sein. Aber ich wette, er bewahrt sie an einem Ort auf, wo sie am sichersten untergebracht sind, und das ist nun mal die Fabrik.«
»Aber auch dort liegen sie wahrscheinlich in einem Safe.«
»Wenn Kelly genug Zeit hat, knackt er so gut wie jeden Safe.«
Sie musste daran denken, wie leicht es Royd gefallen war, das Schloss an ihrem Haus aufzubrechen. »Wie praktisch. Aber selbst wenn Kelly die Unterlagen findet, erkennt er vielleicht nicht die richtige CD«, fuhr Sophie ruhig fort. »Es sei denn, er hat Chemie studiert. Sanborne hat alle seine wichtigen CDs mit Code-Nummern beschriftet. Und die Formel ist extrem kompliziert. Kelly wird Hilfe brauchen.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Könnte Kelly mich in die Fabrik einschleusen?«
Royd antwortete nicht gleich. »Auf keinen Fall«, sagte er schließlich.
»Er kann mich auf keinen Fall einschleusen? Oder wollen Sie auf keinen Fall, dass ich es tue?«
»Beides.«
»Fragen Sie ihn, ob es ihm möglich ist.«
Royd fluchte vor sich hin. »Ausgerechnet jetzt, wo wir versuchen, Sie vor Sanborne zu verstecken, damit er Ihnen nicht die Kehle durchschneidet, wollen Sie sich in die Höhle des Löwen begeben?«
»Wir brauchen diese CD. Das ist eins unserer wichtigsten Ziele. Das wissen Sie ebenso gut wie ich.«
»Die kriegen wir schon.«
»Aber womöglich läuft Ihnen die Zeit davon. Sie sagten, es würde schwieriger werden, falls es Sanborne gelingt, die gesamte Produktionsstätte nach Übersee zu verlegen.«
»Nein«, sagte Royd bestimmt. »Den Job überlassen wir Kelly.«
»Fragen Sie ihn, wie ich da reinkomme. Da er im Videoüberwachungsraum arbeitet, weiß er, wo die Sicherheitskameras angebracht sind. Wenn er nicht wüsste, wie er diese Kameras deaktivieren kann, wäre er nie auch nur in die Nähe der streng vertraulichen Akten gekommen.«
»Aber in die Räume mit den Unterlagen gelangt man nur, nachdem man sich mittels Überprüfung des Daumenabdrucks als zugangsberechtigt ausgewiesen hat.«
»Das weiß ich. Aber um an die Informationen über mich zu kommen, muss es Kelly gelungen sein, sie zu umgehen.«
»Er hat seinen Daumenabdruck im Computer mit dem eines wissenschaftlichen Mitarbeiters vertauscht, der gerade ein paar Tage Urlaub hatte. Und er musste diesen Austausch noch am selben Tag rückgängig machen.«
»Wenn es ihm einmal gelungen ist, kriegt er das auch noch mal hin. Fragen Sie ihn.«
»Es ist unnötig, dass Sie dahin gehen. Beschreiben Sie mir Sanbornes Codierungssystem.«
Sie schwieg.
»Wir müssen zusammenarbeiten, Sophie.«
»Es sei denn, Sie sind derjenige, der allein arbeiten will«, entgegnete sie trocken. »Sie würden mich ohne mit der Wimper zu zucken im Regen
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