Toedliche Verfolgung
dafür nicht lange brauchen. Selbst wenn wir uns befreien können und sofort loslaufen, werden wir nicht schnell genug in der Zivilisation sein, um ihr helfen zu können. Außerdem wissen wir nicht, wohin sie überhaupt fliegen.«
Erin blickte ihn mit brennenden Augen an. »Also geben wir auf und überlassen Lissa ihrem Schicksal?«
»Nein. Wir werden uns von den Fesseln befreien und dann loslaufen, egal, ob das sinnvoll ist oder nicht.«
Mit Tränen in den Augen lächelte Erin ihn an. »Danke.«
Noch einmal spannte Ross seine Muskeln an, dann gab es einen Ruck und er atmete befriedigt auf. Mit einem Stöhnen hob er seinen Arm.
»Du hast es geschafft!«
»Noch nicht ganz.« Ross fing an, den Strick, der sie zusammenband, mit einem Messer zu durchtrennen.
»Wo hast du denn das Messer her?«
»Von Lissa.«
Entsetzt blickte sie ihn an. »Sie hat ein Messer bei sich gehabt und es uns gegeben, anstatt sich selbst damit zur Wehr zu setzen?«
»Ja.«
Verzweifelte Wut stieg in ihr auf. »So eine Idiotin! Erinnere mich daran, dass ich ihr sage, was ich von dieser Aktion halte, wenn ich sie das nächste Mal sehe.«
»Das werde ich.«
Seine ruhige Antwort ließ bei Erin alle Dämme brechen. Tränen liefen über ihre Wangen und tropften ins Gras.
Ross legte das Messer zur Seite und strich mit seiner freien Hand über ihre Haare. Sein breiter Körper hüllte sie tröstend ein. Als nach einiger Zeit die Tränen versiegten, lehnte sie ihre Stirn erschöpft an seine Brust.
»Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie ein Leben ohne Lissa aussehen würde. Wir sind seit dem Sandkasten die besten Freundinnen. Wenn dieser Verbrecher ihr etwas antut …«
»Ich weiß. Hoffen wir, dass Jack und sein Freund auf ihrer Spur sind.«
»Und sollte dieser Tease nicht alles Menschenmögliche tun, um Lissa zu retten, werde ich ihm höchstpersönlich die Eingeweide herausreißen.«
»Das wäre sicher interessant.«
Die Vorstellung, wie Erin auf den mindestens dreißig Zentimeter größeren Trucker losgehen würde, wäre amüsant gewesen, wenn die Situation nicht so ernst wäre. Ross nahm das Messer wieder auf und bearbeitete damit weiter die Fesseln. Behindert durch seinen kribbelnden und schmerzenden Arm und die für die festen Stricke denkbar ungeeignete Klinge, dauerte es einige Minuten, bis ihre Körper voneinander getrennt waren. Während Erin sich zur Seite rollte, um ihm nicht weiter im Weg zu sein, bearbeitete Ross das Seil, mit dem seine Beine gefesselt waren.
Schließlich hatte er es geschafft und streckte sich erleichtert. Es war ein gutes Gefühl, wieder die Kontrolle über seinen Körper zu haben. Rasch kniete er sich neben Erin und begann damit, sie ebenfalls aus ihrer unbequemen Lage zu befreien. Er ignorierte das Stechen in Armen und Beinen, als sich langsam sämtliche Muskeln, Sehnen und Bänder wieder meldeten und gegen die vorherige schlechte Behandlung protestierten. Vor allem seine Schultergelenke schmerzten höllisch, vermutlich von dem Sturz auf die nach hinten gebundenen Arme.
Nach dem Aufprall hatte er kurz das Bewusstsein verloren, aber Erins liebevolle Bemühungen hatten ihn schnell wieder zum Leben erweckt. Selbst jetzt konnte er noch ihre Lippen auf seinen spüren, den Druck ihres Körpers an all den richtigen Stellen. Wahrscheinlich sollte es ihm peinlich sein, dass er in einer Situation wie dieser überhaupt an so etwas dachte, aber er konnte nicht anders. Wenn er nicht schon vorher gewusst hätte, dass er nie über Erin hinweggekommen war, konnte er es nun nicht mehr leugnen. Leider hatten sie keine Zeit, sich über ihre Beziehung zu unterhalten, da es in wenigen Stunden dunkel werden würde. Bis dahin sollten sie zurück in der Zivilisation sein oder doch zumindest einen geeigneten Unterschlupf gefunden haben, in dem sie die Nacht verbringen könnten. Hier draußen würde es bald ziemlich ungemütlich werden, da sie Wind und Wetter ungeschützt ausgesetzt waren.
So schnell er konnte, säbelte Ross die Fesseln an Erins Händen und Füßen durch und fing an, ihre tauben Muskeln zu massieren. Nach und nach kehrte das Gefühl zurück und ließ Erin gequält aufstöhnen. Mit zusammengebissenen Zähnen kämpfte sie sich nach einer Weile auf die Füße. Sie konnte immer noch in Selbstmitleid baden, wenn sie wusste, dass Lissa wieder heil aus dieser Sache herausgekommen war. Bis dahin würde sie alles tun, um ihr irgendwie zu helfen, auch wenn das fast unmöglich war.
»Du hast nicht zufällig dein
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