Toedliche Verfolgung
meins.«
Der Hubschrauber schwebte etwa zwei Meter über dem Talboden. »Machen Sie die Schiebetür auf und werfen Sie sie raus.«
»Sie werden sich sämtliche Knochen brechen!«
»Raus mit ihnen oder ich fliege weiter.«
Lissa presste die Lippen zusammen und trat vor die Tür. Mit einem Ruck schob sie sie weit auf.
»Und keine Tricks, sonst wird es Ihnen leid tun.«
Lissa warf den Kopfhörer wieder auf den Sitz und kniete sich neben Gladstone. »Könnt ihr euch irgendwie bis zur Tür rollen? Ich werde versuchen, den Fall ein wenig aufzuhalten, aber ich weiß nicht, ob mir das gelingen wird. Es tut mir leid.«
»Schon in Ordnung.« Gladstone drehte den Kopf, sodass seine Nasenspitze fast Erins berührte. »Du musst versuchen, deine Muskeln ganz locker zu lassen.«
»Leicht gesagt, ich bin eine einzige Verspannung. Aber wenigstens sind meine Arme und Beine eingeschlafen, vielleicht fühle ich dann nichts beim Aufprall.«
In der dunklen Ecke hinter Georges Sitz zog Lissa einen Gegenstand aus der Hosentasche und drückte ihn Gladstone in die Hand, der keine Miene verzog. »Wir sind in den Bergen nordöstlich vom Mesa Verde National Park. Passt auf euch auf.«
»Mach dir um uns keine Sorgen.« Es war erstaunlich, aber selbst in dieser Situation klang die Stimme des Detektivs noch ruhig.
»Also gut, rutscht bis vor die Luke.«
Gemeinsam gelang es ihnen, die Beine über den Rand hängen zu lassen, während sich die Oberkörper noch im Hubschrauber befanden.
»Okay, bei drei. Eins … zwei …«
Der Helikopter schaukelte und katapultierte Erin und Gladstone hinaus. Lissa verlor das Gleichgewicht, rollte über den Boden und stieß mit voller Wucht gegen die Wand. Für einen kurzen Moment blieb sie benommen liegen, dann rappelte sie sich wieder auf. Sie musste sehen, ob ihre Freunde den Sturz gut überstanden hatten! Doch bevor sie sich der offenen Tür nähern konnte, schloss sich Georges Hand schmerzhaft um ihren Oberarm.
»Schließen Sie die Schiebetür und setzen Sie sich wieder hin.«
»Aber …«
»Sofort!«
36
Erin rutschte über den Boden des Hubschraubers und fiel ins Leere. Ein Schrei bildete sich in ihrer Kehle, erstarb jedoch auf ihren Lippen, als sie hart aufschlug. Ihr Kinn stieß schmerzhaft gegen Ross’ Schulterknochen, ihr Brustkorb fühlte sich an, als wäre er von Stahl umgeben. In einem hatte sie allerdings recht behalten: Ihre Arme und Beine waren von den engen Fesseln mittlerweile so taub, dass sie den Aufprall damit kaum spürte.
Einen Moment hielt Erin inne, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich noch lebte, dann öffnete sie die Augen. Grelles Sonnenlicht empfing sie, das nach Stunden im dunklen Laderaum des Hubschraubers in ihren Augen schmerzte. Sie blinzelte einige Male, bis sie schließlich wieder etwas erkennen konnte. Jetzt wusste sie auch, warum der Boden so sonderbar weich war – sie lag auf Ross. Von Kopf bis Fuß war sie an ihn gepresst. Seine Lider waren geschlossen, er rührte sich nicht. Ängstlich suchte sie nach einem Lebenszeichen. War er ernsthaft verletzt, oder sogar tot?
»Ross?« Keine Antwort. Kein Muskel zuckte in seinem Körper. Erin brachte ihren Mund dicht an sein Ohr. »Ross!« Erneut keine Reaktion. Ihre Angst verstärkte sich. Sie war darauf angewiesen, dass er mit ihr zusammenarbeitete, um lebend aus dieser Situation herauszukommen.
In diesem Moment erkannte sie, dass es keinen Zweck hatte, sich weiter selbst zu belügen. Ross bedeutete ihr immer noch etwas, und sie wollte mit ihm zusammen sein. Gestern hätte sie noch geschworen, dass sie ihn nie wiedersehen wollte, aber im Laufe der vergangenen Stunden war ihr klar geworden, dass das nicht stimmte. Ihn wiederzusehen hatte die alten Gefühle für ihn wieder aufleben lassen. Den Hass, aber auch die Liebe. Und nun könnte es sein, dass sie ihn noch einmal verlieren würde – diesmal endgültig.
»Komm schon, wir haben keine Zeit zu verlieren!«
Ein Zittern lief durch ihren Körper. Hier oben war es wesentlich kühler als unten im Tal. In ihrem T-Shirt und der dünnen Hose war sie absolut unpassend gekleidet. Die Nacht würden sie sicher nicht ohne ernsthafte Unterkühlungen überstehen. Ein Blick zum Himmel zeigte ihr, dass es inzwischen bereits nachmittags war. Nicht mehr lange, und die Sonne würde hinter den hohen Gipfeln verschwinden und das Tal in eine frühe Nacht tauchen. Der Hubschrauber war nicht mehr zu sehen, der Verbrecher hatte keine Zeit damit verschwendet, zu überprüfen, ob sie
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