Toedliche Verfolgung
Telefon noch dabei?«
Ross blickte vom Boden auf, wo er gerade Steine zusammentrug. »Nein, das hat der Kerl mir abgenommen. Außerdem würde es hier sicher nicht funktionieren.«
Resigniert hockte sich Erin neben ihn. »Du hast vermutlich recht. Was machst du da eigentlich?«
»Ich lege einen Pfeil. Wenn Lissa befreit wird, schickt sie bestimmt gleich jemanden los, der uns sucht. Wenn sie wissen, in welche Richtung wir gegangen sind, finden sie uns schneller.«
»Klingt logisch.«
Ross verzichtete auf eine Antwort. Natürlich würde es bei Tageslicht funktionieren, aber im Dunkeln war die Sache aussichtslos. Rasch legte er die Steine und ihre Stricke zu einem großen Pfeil zusammen, dann stand er auf und wischte die Hände an seiner Hose ab. Er hatte schon früher längere Wanderungen gemacht oder im Freien übernachtet, aber er hatte immer darauf geachtet, die nötige Ausrüstung dabei zu haben. Hier aber hatten sie weder etwas zu essen und trinken noch wärmere Kleidung oder einen Schutz, sollte das Wetter plötzlich umschlagen, wie es in den Bergen schnell passieren konnte. Aber es half nichts, sich darüber Gedanken zu machen, es war besser, die Energie für die vor ihnen liegenden Strapazen aufzusparen. Schweigend verschränkte Ross seine Finger mit Erins und marschierte nach Süden, wo sie hoffentlich irgendwann auf Häuser oder eine Straße treffen würden – sofern sie die schneebedeckten Gipfel überwinden konnten, die zwischen ihnen und der Zivilisation lagen.
37
Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto unruhiger wurde Lissa. Wie sollte sie es schaffen, George so lange aufzuhalten, dass Jack und Hawk die Möglichkeit hatten, sie zu retten? Er würde sich nicht viel länger von ihr hinhalten lassen, sondern seine Drohungen bald wahr machen. Immerhin war es ihr gelungen, Erin und Gladstone aus seiner Reichweite zu entfernen. Hoffentlich waren sie nicht verletzt und konnten irgendwo Schutz suchen. Entschlossen hob Lissa das Kinn. Sie musste irgendwie versuchen, das hier zu überstehen.
»Ich habe meinen Teil der Abmachung eingehalten, Ihre Freunde sind frei. Wo haben Sie die Datenspeicher versteckt?«
»Zwischen Ouray und Silverton.«
»Geht es auch etwas genauer?«
»Das werde ich Ihnen sagen, sobald wir dort sind.«
George durchbohrte sie mit seinem Blick. »Glauben Sie nicht, dass Sie mit mir spielen können. Ich mag vielleicht harmlos aussehen, aber ich werde sicher nicht zögern, alles zu tun, um mein Eigentum zurückzubekommen.«
Lissa unterdrückte ein Schaudern. Dass er ohne Gewissensbisse über Leichen ging, um das zu bekommen, was er wollte, hatte er bereits mehrfach bewiesen. »Ich würde es Ihnen genauer sagen, wenn ich es selbst wüsste. Leider gibt es dort keine Straßennamen, daher kann ich den genauen Standort jetzt noch nicht sagen. Aber ich werde die Stelle sofort wiedererkennen, wenn ich die Gegend sehe.«
»Hoffen wir es – für Ihre Gesundheit.«
Lissa bemühte sich, die Drohung zu ignorieren. Wenn sie sich jetzt von Gibson einschüchtern ließ, dann wäre sie nicht mehr in der Lage, klar zu denken. Und mit der Aussicht, Jack wiederzusehen und mit ihm den Rest ihres Urlaubs zu verbringen, hatte sie einen gewaltigen Anreiz zu überleben. Auch die Vorstellung, George für seine Taten büßen zu lassen, hielt sie aufrecht. Für Hochverrat würde er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen müssen oder sogar die Todesstrafe erhalten. Es war ihr ein Rätsel, wie sich jemand, der eigentlich dafür ausgebildet war, sein Land zu schützen, um hundertachtzig Grad wenden und alles verraten konnte, wofür er bisher gearbeitet hatte. Vermutlich war es wirklich nur eine Frage des Geldes, um jemanden wie George dazu zu bringen. Eine schreckliche Vorstellung.
Die Minuten schienen sich zu Stunden auszudehnen, während Lissa fieberhaft einen Ausweg aus ihrer nahezu aussichtslosen Lage suchte. Schweiß durchtränkte ihr T-Shirt und ließ ihre Haare unangenehm an Stirn und Nacken kleben. Ihr Herzschlag dröhnte im Gleichtakt mit den Rotoren in ihren Ohren. Mit jeder vergangenen Sekunde zog sich die Schlinge um ihren Hals ein wenig fester zu.
Schließlich erkannte Lissa, dass sie sich bereits über der Straße befanden, die sie direkt zu der verlassenen Mine führen würde. Ein Blick auf die Uhr bestätigte, wie schnell sie zu ihrem Ziel gelangt waren, obwohl es ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen war. Doch jetzt, wo sie sich unaufhaltsam Richtung Silverton bewegten, wünschte sie sich
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