Toedliche Worte
»Haben Sie diese Frau gesehen?« Paulas Foto lag auf einem Stoß Morgenzeitungen. Ein Kopfschütteln. »Kennen Sie diesen Mann?« Das Videobild daneben. Ein Achselzucken.
»Wie soll ich das wissen? Das könnte ja jeder sein. Sie könnten es selbst sein«, sagte er unverschämt.
»Sind Sie der Besitzer dieses Hauses?«
»Nein, ich habe nur den Laden gemietet.«
»Nur den Laden? Was ist mit den oberen Stockwerken?«
»Wohnungen. Hab nichts damit zu tun.«
»Okay. Ich brauche Namen, Adresse usw. Ihres Vermieters.«
Der Ladenbesitzer machte ein finsteres Gesicht. »Was geht Sie das an? Gibt es ein Problem?«
»Ja, es gibt ein Problem, aber wahrscheinlich ist es nicht Ihres. Kann ich Ihr Hinterzimmer sehen?«
Plötzlich mischte sich Ängstlichkeit in seine großen Töne. »Warum wollen Sie das sehen? Es ist doch nur ein Lagerraum.«
Jan hatte keine Lust, sich herumzustreiten, und lehnte sich an den Ladentisch. »Hören Sie, es ist mir völlig wurscht, ob Sie da hinten von einer Wand bis zur anderen alles voll mit geschmuggelten Zigaretten haben, danach suche ich nicht. Lassen Sie mich nur mal reinschauen, okay? Dann gehe ich. Andernfalls rufe ich das Zollamt an, jetzt gleich, mein Freund.«
Er starrte sie an, hob dann aber die Klappe des Ladentischs an und ließ sie durch. »Ich kann das erklären …«
Und in den Büros der Bradfielder Stadtverwaltung ermittelte Sergeant Phil MacLeod. Er stand als Leiter einer Gruppe von fünf Beamten an der Anmeldung des hiesigen Finanzamts. Die Frau hinter dem Schreibtisch sah skeptisch drein. »Es ist Samstag«, sagte sie. »Wir schließen heute um zwölf.«
»Nein, heute nicht. Es geht hier um Ermittlungen in einem Mordfall.«
Sie sah verwirrt und erschrocken aus. »Ich weiß nicht, wie man da vorgeht«, sagte sie.
»Es geht um die offiziellen Akten. Sie brauchen mir nur die städtischen Steuerlisten für diese Straßen zu zeigen.« Sergeant MacLeod legte ihr eine Liste der Straßen von Temple Fields vor.
»Da muss ich meinen Chef holen.«
»Was immer. Tun Sie es einfach«, schnauzte MacLeod.
Und in einem Haus, aus dessen ehemaligem viktorianischen Prunk man ein Sammelsurium möblierter Zimmer gemacht hatte, stand DC Laura Blythe. Sie klopfte an eine Tür. Keine Antwort. Sie ging einen Korridor hinunter, in dem es nach Curry und Kohl roch, und klopfte an die nächste Tür. Ein verschlafener junger Mann in Boxershorts und einem T-Shirt machte auf.
Blythe zeigte ihren Ausweis. »DC Blythe, Polizei Bradfield. Wir suchen eine Frau, die entführt worden ist. Ich würde mir gern kurz Ihre Wohnung ansehen.«
»Was?« Er war völlig entgeistert.
»Ich muss mich nur vergewissern, dass sie nicht hier ist.«
»Sie glauben, dass ich jemanden entführt habe?« Argwohn und Verwirrung.
»Nein, aber sie ist hier ganz in der Nähe verschwunden, und es ist meine Aufgabe, die Anwohner aus unseren Ermittlungen auszuschließen. Kann ich also kurz nachsehen?«
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
Blythe sprach jetzt leiser und verlegte sich aufs Drohen. »Verlangen Sie nicht, dass ich einen besorge. Ich habe einen total schlechten Tag.« Sie zog Paulas Foto heraus. »Ich bin an nichts anderem interessiert. Nur an ihr.«
Er schüttelte verwirrt den Kopf und stieß die Tür auf, hinter der das schäbige Chaos in der Wohnung zum Vorschein kam. »Sie ist nicht mein Typ, Süße«, sagte er ironisch.
Carol stand an der Tür von Tonys Büro in Bradfield Moor. Es sah genauso aus wie überall, wo er je gearbeitet hatte – so vollgestopft mit Büchern und Unterlagen, dass es unmöglich war, irgendwelche architektonischen Grundstrukturen zu erkennen. Er war wie ein Eichhörnchen, das jedes Jahr wieder das gleiche Nest baute. »Du hast eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen? Es klang dringend.«
Er sah von seinem Computer auf und lächelte. »Danke, dass du gekommen bist. Ich dachte, du würdest nur anrufen.«
»Ich war sowieso schon auf dem Weg aus der Stadt raus. Ich suche Paulas Eltern auf.« Sie trat ein und setzte sich.
»Aha.«
»Ja. Also, was hast du für mich?«
»Tyler hat gesprochen«, sagte Tony.
»Das kann ja nicht wahr sein«, rief sie aus.
»Reg dich nicht zu sehr auf.« Er wiederholte die Unterhaltung und sah Carol dann erwartungsvoll an.
Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Die Viper? Das war’s?«
Er nickte eifrig. »Ich hab dir ja gesagt, Derek Tyler hat nicht genug Grips, um selbst solche gut organisierten Verbrechen wie dieses zu
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