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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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er wach wird, und selbst dann muss er sich zwingen, die Augen aufzumachen. Er fühlt sich wie jemand, der sein Gehirn mit Valium traktiert hat. Sein Kopf ist dumpf, und es dauert einen Moment, bis er weiß, wo er ist. Zu Hause in seinem eigenen Bett, zusammengekuschelt wie ein Baby. Aber an diesem Morgen steckt ein anderer Mensch in seinem Körper.
    Er ist kein Schwächling mehr, den alle auslachen. Er hat es getan. Er hat genau das getan, was er tun sollte. Genau wie die Stimme es ihm befohlen hat. Und er hat seine Belohnung bekommen – das Geld, obwohl er ihr versichert hat, dafür würde er es nicht tun. Sondern weil er es begriffen hat. Nicht das Geld gibt ihm das Gefühl, es endlich geschafft zu haben, sondern die Stimme, die ihn lobt. Und weil er weiß, dass er etwas getan hat, das sonst kaum jemand schaffen würde. Etwas Besonderes.
    Gott sei Dank ist es ihm gelungen, seine wahren Gefühle für sich zu behalten, als er den entscheidenden Moment erreichte. Er ist aufgewühlt gewesen, erregt und wäre fast wie ein Teenager einfach zu früh gekommen. Aber als es dann so weit war, als er immer wieder das Ding in sie hineinstecken musste, war er schlaff geworden. Es war nicht sexy. Es war eine blutige, schreckliche, grausige Angelegenheit. Er weiß, es war richtig, es zu tun, aber ganz am Ende war es gar nicht aufregend. Bloß scheußlich und traurig.
    Aber die Stimme hat das nicht so gesehen. Die Stimme hat nur gesehen, dass er getan hatte, was er tun sollte, und dass er es richtig gemacht hatte.
    Als er vollends wach wird, spürt er einen Kraftstrom in seinen Adern. Es ist Stolz, aber auch Angst. Sie werden ihn suchen. Die Stimme hat versprochen, dass ihm nichts passieren werde. Aber vielleicht irrt sie sich.
    Vielleicht ist er doch nicht so schlau gewesen, wie er gedacht hat.

    Tom Storey sah durchs Fenster den Blättern nach, die von den Bäumen fielen und von der frischen Brise, die gegen Mittag aufgekommen war, herumgewirbelt wurden. Er saß bewegungslos da, mit dem verbundenen Stumpf in seiner gesunden Hand. Tony beobachtete ihn gut zehn Minuten, aber Storey zeigte keine Regung.
    Schließlich ging er zum Tagesraum hinüber und setzte sich auf einen Stuhl neben Tom Storey. Er bemerkte den blauen Fleck unter seinem Wangenknochen. Der Pfleger, der Tony hereinführte, hatte so nebenbei gesagt, einer der anderen Patienten hätte während der Gruppentherapie auf Storey eingeschlagen. »Sogar für die verrückten Kerle hier ist bei Kindermördern Schluss«, sagte der Mann beiläufig.
    »Wir haben alle zwei Persönlichkeiten, wissen Sie«, sagte Tony im Plauderton. »Eine in jeder Gehirnhälfte. Eine hat das Sagen und hält die schwächere in Schach. Aber wenn man die diplomatischen Verbindungen unterbricht, kann man nie wissen, was die untergeordnete Hälfte tun wird, wenn sie erst mal auf den Geschmack der Macht gekommen ist.«
    Storey saß immer noch reglos da. »Ich kann sie immer noch spüren«, sagte er. »Es ist wie ein böser Geist. Sie lässt mich nicht in Ruhe. Nehmen wir an, Sie finden heraus, dass ich einen Gehirntumor habe. Und nehmen wir an, ich überlebe es. Dann wird dieser Streit in meinem Kopf trotzdem weitergehen, oder?«
    »Ich werde Sie nicht anlügen, Tom«, sagte Tony. »Eine schnelle Heilung ist nicht möglich. Also, die linke Seite Ihres Gehirns ist die dominante Hälfte. Sie ist verantwortlich für Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Und dann haben Sie die rechte Hälfte. Sie kann nicht lesen, versteht aber Formen, Stereometrie und Musik. Ich könnte mir denken, dass sie enttäuscht ist, sich nicht direkt auf die Art und Weise ausdrücken zu können, die Menschen im Allgemeinen zur Verständigung brauchen. Deshalb rastet sie aus, wenn die linke Seite nicht mehr die Kontrolle über sie hat. Aber das ist ja noch nicht das Ende.«
    »Nur mit mir ist es zu Ende«, sagte Tom bitter.
    »Das muss nicht unbedingt so laufen. Das Gehirn ist wirklich ein erstaunliches Organ. Wenn es beschädigt wird, bringt es anderen Segmenten bei, die Aufgaben zu übernehmen, die vorher von der jetzt passiven Hälfte ausgeführt wurden. Und man kann einiges tun, um den widerspenstigen Teil Ihres Gehirns zu trainieren. Ich kann Ihnen helfen, Tom.«
    Storey holte tief Atem und zog die Schultern hoch. »Meine Kinder können Sie aber nicht zurückholen, oder?«
    Tony schaute aus dem Fenster auf die herumwirbelnden gelben und roten Blätter. »Nein, das kann ich nicht. Aber ich kann Ihnen helfen, mit diesem

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