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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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und die Fraktion der Ehrbaren überflügelten.
    Jedenfalls war das Geschäft an diesem Sonntagnachmittag im Spätherbst recht gut besucht. Zwei junge Mädchen kicherten ungläubig beim Anblick zweier überdimensionaler Dildos, aber die übrigen sechs Kunden widmeten verschiedenen anderen Artikeln wie z.B. Cockringen, Hilfsmitteln für Analsex, Hand- und Fußfesseln, aufblasbaren Sexpuppen und Penispumpen ein weit ernsthafteres Interesse.
    Als die Teenager weitergingen, um sich eine Reihe Liebeskugeln zu betrachten, nahm jemand anders ihren Platz bei den Dildos ein. Eine Hand im schwarzen Lederhandschuh griff nach einem der ausgestellten Muster, einem grässlichen, knallroten Latex-Penis. Starke Finger testeten die Biegsamkeit und legten ihn zufrieden wieder an seinen Platz. Die Hand nahm den gleichen, noch verpackten Artikel, brachte ihn zum Ladentisch und nahm dazu im Vorbeigehen noch ein Paar Fuß- und Handfesseln mit.
    Das an der Kasse abgewickelte Geschäft war keineswegs fragwürdig und hätte bei dem Verkäufer keinen Verdacht erregt. Allerdings war dieser auch mehr an den Aussichten für Bradfield Victoria im ersten Spiel der Saison, das am Abend stattfinden sollte, interessiert als an dem mutmaßlichen Sexleben seiner Kunden. Für seinen Seelenfrieden war es wohl auch besser, keine Ahnung davon zu haben, dass innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden seine Waren zum Handwerkszeug eines Mörders werden sollten.
    Die restlichen Besorgungen wurden in einem vollen Supermarkt zwei Straßen weiter getätigt. Fünfzehn Minuten später gab eine geistesabwesende Kassiererin mit leerem Blick die Preise der Waren aus dem Einkaufswagen ein. Ein Laib dunkles Brot. Ein halbes Dutzend bester Schweinswürstchen. Vier Rollen Toilettenpapier. Eine Flasche Wodka. Und drei Päckchen Rasierklingen.
    Die Stimme war bereit.

    Carol betrachtete die aufgestapelten Kartons, und aller Mut wollte sie verlassen. Damals hatte sie es für eine gute Idee gehalten, für ihre neue Wohnung Möbel von einem großen Anbieter übers Internet zu bestellen. Aber jetzt sah sie sich zwei Dutzend flacher Kartons gegenüber und ahnte, dass ein langer Abend mit abgebrochenen Fingernägeln und leisen Flüchen bevorstand. Trotzdem würde sich die Mühe lohnen, sagte sie sich. Die Handwerker hatten gute Arbeit geleistet und aus den Kellerräumen eine schöne Wohnung gemacht. Der beißende Geruch frischer Farbe hing noch in der Luft, aber das war ein kleiner Preis dafür, jetzt wieder ein eigenes Heim zu haben.
    Carol zog den Korken aus einer Flasche Viognier, schüttete etwas in ein Glas und ließ den kühlen, frischen Wein genüsslich durch die Kehle rinnen. Sie hatte sich dieses vertraute Ritual nach der Arbeit angewöhnt. Sobald Michael und Lucy zu Bett gegangen waren, hatte sie sich ans Fenster gesetzt, wo Nelson sich an ihre Beine schmiegte. Mit der Flasche und ihrem Glas als stille Begleiter ging sie dann die fruchtlosen Aktivitäten des Tages durch und bemühte sich, nicht an ihre persönlichen Abgründe zu denken. Sie wusste, dass sie sich zu sehr auf Trost durch den Wein verließ. Aber als einzige Alternative hätte sich Heilung durch eine Gesprächstherapie angeboten, und sie hatte wenig Zuversicht, einen Therapeuten zu finden, dem sie so viel Respekt und Vertrauen entgegenbringen konnte.
    Natürlich hätte sie mit Tony sprechen können. Aber sie brauchte seine Freundschaft zu sehr, als dass sie ihn zu ihrem Therapeuten machen wollte.
    Sie leerte das Glas, füllte nach und machte sich an die Arbeit. Zuerst das Bett. Dann würde sie wenigstens etwas haben, auf dem sie zusammenbrechen konnte, wenn der Frust sie überwältigte, weil immer eine Schraube fehlte oder ein Stück Holz übrig war.
    Carol mühte sich ab, die Latten des Bettrosts einzupassen, als es an ihrer Tür klingelte. Sie lächelte. Es war wichtig, gleich zu Anfang die grundlegenden Regeln abzuklären. Sie ging durchs Wohnzimmer und öffnete ihre Tür nach draußen. Tony stand am Fuß der Treppe und hielt eine Flasche Sekt in der Hand. »Ich hätte Blumen gebracht, aber ich wusste nicht, ob du eine Vase hast«, sagte er.
    Sie trat zurück und ließ ihn herein. »Zwei sogar. Sie sind in der Küche – voll mit so viel Lilien, dass man fast nichts mehr vom Farbgeruch merkt.«
    Er reichte ihr die Flasche. »Willkommen in deinem neuen Zuhause.«
    Carol legte ihm eine Hand auf die Schulter und küsste ihn auf die Wange. Seit Monaten waren sie sich nicht näher gekommen als in diesem

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