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Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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dir mir nicht gefallen dürften. Musik und … Kunst. Ich will Bücher lesen und Filme gucken und an Orte reisen, die ich noch nie gesehen habe. Ich will aufs College gehen und … Ich werde Kleider entwerfen, ich kann unheimlich gut nähen …
    »Sie hat recht«, flüstere ich.
    Esther sieht mich an. »Wie bitte?«
    »Sie hat großes Talent.«
    Esther geht zum Bett und nimmt eines der Kissen in die Hand. »Vielleicht hätten wir ihr das gar nicht erlauben dürfen«, sagt sie peinlich berührt.
    »Manchmal ist man gegenüber einer so großen Leidenschaft machtlos.«
    Sie sieht unglaublich traurig aus, wie sie so mit dem Kissen dasteht. »Wir heißen diese Farben nicht gut, und Sadie ist viel zu stolz auf ihre Quilts. Sie ist halsstarrig und kann sehr respektlos sein.« Sie drückt die Nase in das Kissen und saugt den Duft ihrer Tochter ein, die ihr so furchtbar fehlt.
    Die Worte, der Vorwurf, den sie ausdrücken, rufen mir ein amisches Sprichwort ins Gedächtnis, das ich als Teenager oft von meiner Mamm gehört habe, wenn ich mich bockig wegen meiner Pflichten im Haushalt anstellte. »Stolz auf die Arbeit macht den Tag zur Freude«, flüstere ich.
    Tränen schießen in Esthers Augen. Sie drückt sich das Kissen ins Gesicht, als schäme sie sich deshalb, und sieht mich über den Rand hinweg an. »Sie ist ein besonderes Mädchen mit einem guten Herz. Einem großen Herz.« Sie lacht freudlos. »Vielleicht einem zu großen Herz.«
    »Ich werde alles tun, um sie zu finden.«
    Sie sinkt in die Knie, als könnten ihre Beine sie nicht länger tragen. Tränen laufen jetzt ungehindert über ihre Wangen, sie vergräbt das Gesicht in den Händen und beginnt zu schluchzen.
    Ich drücke kurz ihre Schulter, dann sehe ich mich im Zimmer um. Es gibt nur wenige Stellen, wo ich suchen kann, denn das Zimmer eines amischen Teenagers hat nicht viel gemeinsam mit dem ihres englischen Pendants. Ich fange mit dem Nachttisch an, in dem eine Ausgabe von Es Nei Teshtament liegt, eine zweisprachige Bibel in Pennsylvaniadeutsch und Englisch. In der zweiten Schublade finde ich eine Haarbürste und einen Kamm, eine Kerze, einen geschnitzten Holzbär.
    Als Nächstes suche ich in der Kommode. Die oberste Schublade ist voller Baumwoll-BH’s und -schlüpfer von Walmart, einer altmodischen Schlupfhose und einer Wintermütze, die geflickt werden muss. In der mittleren Schublade liegen mehrere handgenähte amische Kleider, und in der unteren ist ganz hinten eine zusammengerollte Blue Jeans versteckt, die man nur findet, wenn man auch sucht.
    Ich trete einen Schritt zurück und sehe mich im Zimmer um. Mein Blick fällt auf den schwarzen Sweater am Holzhaken, ich gehe hin und fasse in die Taschen, doch da ist nichts. Ich sehe unter dem Bett nach, fahre mit der Hand in ihre Sneaker und Lederschuhe.
    »Komm schon, Sadie«, murmele ich.
    Wonach ich suche, kann ich nicht sagen – ein Heft mit dem Namen ihres Freundes, ein Stück Papier mit der Handynummer oder Adresse. Einen Brief mit hilfreichen Informationen, ein Tagebuch. Ich hebe die Matratze an und fahre mit der Hand über den stoffbezogenen Federkernunterteil – und stoße an Papier. Sekunden später halte ich eine Illustrierte in der Hand – eine Cosmopolitan  – und starre auf ein vollbusiges Model im tief ausgeschnittenen roten Kleid, dessen Anblick mir ein trauriges Lächeln entlockt.
    »Wo bist du?«, flüstere ich.
    Und ich stecke die Illustrierte zurück in ihr Versteck.

14.
    Kapitel
    Ich bin zurück im Polizeirevier und stehe mit Sheriff Rasmussen vor dem Konferenzraum.
    Angi McClanahan und ihre Mutter sitzen am Tisch und bedenken uns mit bösen Blicken. Auf dem übernächsten Stuhl sitzt Matt Butler, daneben sein Vater Andy. Andy drückt ungeduldig und offensichtlich verärgert auf seinem BlackBerry rum, sein Sohn Matt ist über sein eigenes Gerät gebeugt, inbrünstig textend und grinsend. Ihnen gegenüber sitzt Lori Westfall und versucht, tough auszusehen. Trotz der zu engen Jeans, dem schwarzen Lidstrich und den gepiercten Augenbrauen gelingt ihr das nicht besonders gut.
    »Wir müssen sie trennen«, sage ich dem Sheriff, »und mit ihnen einzeln reden. Das können wir in meinem Büro machen, die anderen lassen wir solange hier weiterschmoren.«
    Er nickt. »Welche ist die Freundin?«
    Ich zeige auf Lori Westfall. »Ich weiß nicht, wie dick sie miteinander sind, aber damals auf der Brücke war sie bei Sadie.«
    »Wissen Sie, wo ihre Eltern sind?«, fragt Rasmussen. »Sie sollten

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