Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
murmelte Hellmer, »macht euch jetzt endlich vom Acker.«
Donnerstag, 16.25 Uhr
W ider Erwarten hatte Elisabeth Meurer keine Einwände gegen ein weiteres Gespräch der Kommissarinnen mit Helene Markov erhoben.
»Ich muss aber um halb fünf zu einem Seminar«, war ihre einzige Einschränkung gewesen.
»Wir sind schon unterwegs«, hatte Sabine gesagt, »aber wir wissen nicht, wie rasch wir durchkommen.«
»Dann bereite ich alles so weit vor, Sie kennen sich ja aus, nicht wahr? Bitte, Frau Kaufmann, behandeln Sie meine Patientin ebenso mit Glacéhandschuhen wie Ihre Mutter, wenn sie eines ihrer Tiefs hat.«
»Natürlich.« Sabine hatte ihr geflissentlich verschwiegen, dass die Möglichkeit einer Verhaftung nicht auszuschließen war. Mit einem resignierten Seufzer war das Handy wieder in ihrer Tasche verschwunden.
Julia Durant parkte auf demselben Parkplatz wie bei ihrem ersten Besuch, die beiden überquerten den schmalen Fußweg, vorbei am Wachhäuschen und der rot-weißen Schranke, bis sie das Gebäude erreichten. Helene Markov würde in der Cafeteria warten, so die Information von Dr. Meurer, und Julia entdeckte die beiden an einem Vierertisch vor der großen Panoramascheibe in Richtung des Innenhofes. Die Ärztin erhob sich und eilte auf sie zu.
»Gott sei Dank«, schnaufte sie, »ich dachte schon, wir würden uns nicht mehr begegnen. Frau Markov ist bereit, mit Ihnen zu sprechen, sie hat heute einen guten Tag, wie es scheint. Trotzdem bitte ich Sie um Fingerspitzengefühl.«
»Wir werden sehen«, nickte Julia und schaute an Dr. Meurer vorbei in Richtung ihrer Patientin. Helene Markov blickte gedankenverloren aus dem Fenster und spielte mit einem silberfarbenen Teelöffel. Vor ihr stand eine Porzellantasse, über deren Rand die Schnur eines Filterbeutels lag.
»Hören Sie«, kam es mit energischem Unterton von Dr. Meurer, und Julia blickte sie fragend an. Die Ärztin fuhr fort: »Wenn ich mich nicht darauf verlassen kann, dass Sie Frau Markov äußerst rücksichtsvoll behandeln, rühre ich mich hier nicht von der Stelle.«
Bevor Julia etwas erwidern konnte, ergriff Sabine bereits das Wort. »Ich garantiere Ihnen, dass wir uns angemessen verhalten werden. Sie können sich darauf verlassen.«
»Nun gut, ich nehme Sie beim Wort. Adieu.« Mit einem kühlen Lächeln nickte Dr. Meurer Julia zu, drehte sich um und tippelte eilig davon. Die beiden Kommissarinnen tauschten einen schweigenden Blick, dann wandten sie sich Helene Markov zu, die sich nicht für die beiden zu interessieren schien. Erst als Julia und Sabine sich ihr gegenüber an den Tisch setzten, reagierte sie.
»Guten Tag.« Sie lächelte matt, doch ihre Augen schienen hellwach.
»Hallo«, nickte Julia knapp, während Sabine ihr lächelnd die Hand entgegenstreckte. Frau Markov erwiderte die Geste.
»Wie geht es Ihnen?«, erkundigte Sabine sich. »Ich habe den Eindruck, Sie sähen etwas besser aus als vorgestern.«
»Danke, aber das täuscht. Ich fühle mich zumindest nicht besser.«
»Aber Sie lesen doch die Tageszeitung«, setzte Julia an und deutete schräg hinter sich, wo ein Drahtaufsteller mit der aktuellen Tagespresse unübersehbar neben der Ausgabe des Kiosks stand. »Sind Sie nicht erleichtert darüber, dass Karl von Eisner nun tot ist?«
»Wie meinen Sie das?«, gab Frau Markov kühl zurück.
»Immerhin stempelt die öffentliche Meinung ihn als Mörder Ihrer Tochter ab.«
»Ach, deshalb. Nein, ich bin nicht erleichtert. Sie haben sich doch mit Frau Meurer über mich unterhalten, hat sie Ihnen denn so wenig über mich erzählt? Ich bin sehr gläubig, genau genommen ist es im Augenblick Gott allein, der mich noch an meinem Leben festhalten lässt. Viel mehr«, fügte sie tonlos hinzu, »ist mir ja nicht geblieben.«
»Ich glaube auch an Gott«, nickte Julia mit einem kühlen Lächeln, »aber er bestimmt nicht mein Gefühlsleben. Manchmal wünsche ich es mir zwar, denn Emotionen lassen uns Menschen viel zu oft gegen unsere Vernunft handeln, aber ich habe gelernt, dass Gott uns einen recht großen Handlungsspielraum anvertraut hat. Würde ich das nicht akzeptieren, könnte ich wohl kaum in diesem Beruf bestehen«, seufzte sie. »Das bringt mich zurück zu Ihnen. In den Medien taucht Karl von Eisner auf, dazu dieses Foto – ich kann Ihnen nur versichern, dass es nicht aus dem Präsidium an die Öffentlichkeit gelangt ist. Es wird berichtet, dass wir ihn verhört, aber nicht in Gewahrsam genommen haben.«
»Was ja auch stimmt«,
Weitere Kostenlose Bücher