Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
sowie § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO wurde nicht oder nicht in genügendem Maße nachgekommen.« Er hob seinen Blick und fuhr mit einem weiteren Satzfragment fort: »… wurde mein Mandant durch deutliche Drohgebärden von Kommissarin Durant massiv eingeschüchtert …«
»So ein Arsch!«, war es aus Julia herausgeplatzt. »Wer hat sich denn in seinem Sessel geaalt, überheblich seine Macht demonstriert und mich dazu aufgefordert, gleich zur Sache zu kommen?«, empörte sie sich weiter und schlug wütend gegen die Wand. Den stechenden Schmerz im Handballen überspielend, war sie kopfschüttelnd davongeeilt. Soll Hellmer sich dieses Mal in die Nesseln setzen, wenn es nicht läuft, hatte sie in jenem Moment beschlossen. Aber beginnen werde ich.
Nun saßen sie in dem fensterlosen Raum, in dem die Kommissare schon so viele Befragungen durchgeführt hatten. Doch anders als in den meisten Fällen zeigte sich der Befragte selbstsicher und wenig beeindruckt von der tristen, beklemmenden Atmosphäre.
»Herr von Eisner«, eröffnete Julia formell das Gespräch. »Wir wissen alle, worum es hier geht. Erlauben Sie, dass ich noch einmal zusammenfasse?«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können.«
»Gut. Es geht um die Umstände von Lara Emmels’ Tod. Sie wurde augenscheinlich misshandelt und ohne Bewusstsein, vielleicht sogar längst tot, auf dem Grundstück Ihres Büros abgelegt. Sie belastende Fakten sind zum einen die Handykontakte, darüber hinaus haben wir Sperma im Vaginaltrakt der Toten gefunden. Es ist Ihre DNA, somit vernehmen wir Sie als Beschuldigten, der Tatvorwurf könnte bis hin zu Mord reichen. Wenn Sie Ihren Anwalt konsultieren möchten, bitte sehr, und Sie dürfen natürlich außerdem von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Andererseits«, lockte die Kommissarin dann, »läge es durchaus in Ihrem Interesse, wenn Sie mit uns kooperierten. Vielleicht war es ja kein Mord, vielleicht gibt es etwas, was Sie uns erklären möchten?«
»Betrachten wir das Ganze doch einmal ganz nüchtern«, setzte Karl von Eisner in geschäftigem Ton an, und Julia Durant meinte zu begreifen, wie sich ein Geschäftspartner der Eisner Group fühlen musste, der dem Direktor auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Das Gefühl behagte ihr ganz und gar nicht, trotzdem ließ sie sich darauf ein.
»Gerne«, nickte sie mit einem aufgesetzten Lächeln.
»Sie haben meinen Anwalt ja bereits kennengelernt«, fuhr von Eisner fort, »ich korrigiere: einen davon. Im Bedarfsfall steht mir natürlich die gesamte Kanzlei zur Verfügung.«
»Natürlich«, nickte die Kommissarin. Großkotz, dachte sie sich dabei im Stillen, dann klinkte Hellmer sich ein.
»Klingt beinahe so, als würden Sie davon ausgehen, eine ganze Kanzlei zu Ihrer Verteidigung zu brauchen?«, provozierte er, tat dies aber wie beiläufig und in einem gelassenen Tonfall.
»Ach, wissen Sie«, von Eisner lehnte sich zurück, und die Stuhllehne dehnte sich knarrend nach hinten, »das liegt letzten Endes ganz bei Ihnen.« Er grinste selbstgefällig und knackte mit den Fingerknöcheln. »Aber wollten wir nicht sachlich bleiben? Mein Anwalt steht Gewehr bei Fuß, er ist zudem ein guter Freund und kennt mich schon seit vielen Jahren. Wir haben uns im Vorfeld natürlich beratschlagt, also all die Rechte wahrgenommen, über die ich auch ohne polizeiliche Aufklärung informiert bin.«
Julia Durant biss sich auf die Unterlippe und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
»Wir müssen das hier nicht wie im Kindergarten handhaben«, fuhr von Eisner fort, »meine Beschwerde hatte auch nichts mit Trotz zu tun. Aber ich erwarte von Ihnen, dass Sie den Fall unvoreingenommen und ohne das übliche Taktieren untersuchen. Ich bin immerhin ein nicht unbedeutender Steuerzahler, springen Sie also bitte nicht mit mir um, als wäre ich einer Ihrer üblichen bösen Jungs, dessen Strafakte dicker ist als das Telefonbuch.«
»Wir haben da eigentlich ganz andere Bedenken gehabt«, entgegnete Hellmer.
»Ach?«
»Als so bedeutender Steuerzahler, wie Sie ja eben von sich selbst gesprochen haben, liegt da nicht eher der Gedanke nahe, dass uns aus allen möglichen Ecken und Winkeln unserer Stadtväter Steine in den Weg geworfen werden? Wissen Sie, Herr von Eisner, das ist die Kehrseite der Medaille. Ihre Sorge ist, dass wir übermäßig streng sind, unsere Sorge ist, dass man es uns übermäßig schwermachen wird.«
»Wie gut, dass wir unsere Befindlichkeiten nun ausgetauscht haben«,
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