Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
verklinkert, das nächste undefinierbar gemischt, bis sie schließlich ein Fachwerkhaus erreichten, dessen Türschild und Hausnummer ihnen verriet, dass sie richtig waren.
»Mal sehen, was wir herausfinden werden«, murmelte Julia und presste den Klingelknopf tief in die kupferne Mulde.
»Sie schon wieder«, begrüßte Stefan Löbler die Kommissare mit einem schmalen, freudlosen Lächeln. »Na, ich hatte ehrlich gesagt mit Ihrem Besuch gerechnet«, fügte er freundlicher hinzu. »Bitte, kommen Sie herein, passen Sie etwas auf, das Haus ist uralt, und man kann sich leicht den Kopf stoßen oder auf Bodenstufen treffen.«
»Danke«, nickte Julia und folgte ihm in Richtung Küche.
Julia und Frank nahmen am Küchentisch Platz, wo Löbler offenbar bereits länger gesessen hatte. Es gab mehrere runde Ränder, die darauf hindeuteten, dass seine Kaffeetasse häufig bewegt worden war, außerdem wirkte die Zeitung zerlesen, also mindestens einmal durchgeblättert.
»Kann ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee? Tee? Wasser?«, erkundigte Löbler sich.
»Kaffee, gerne«, antwortete Julia, und auch Hellmer nickte zustimmend. Löbler holte zwei weitere Porzellanbecher aus einem Hängeschrank, sie waren kleiner als seiner, und füllte sie an einem kräftig brummenden Vollautomaten aus glänzendem Edelstahl.
»Die Zeiten der Filtermaschine sind wohl bald vorbei«, stellte Julia beiläufig fest.
»Gut so«, kommentierte Löbler, der sich mit den gefüllten Bechern zum Tisch umdrehte. »Kaffeebohnen müssen frisch gemahlen werden und dürfen anschließend nur kurz mit dem Wasser in Kontakt kommen. Alles andere ist Geschmacksverirrung, das ist zumindest meine Überzeugung. Aber Sie sind sicher nicht wegen meines Kaffees zu mir gekommen, oder?«
»Nein, sicher nicht«, erwiderte Hellmer. »Ihr Büro teilte uns gestern mit, dass Sie sich freigenommen haben und wo Sie sind, wir wollten schon früher mit Ihnen sprechen, aber dann kam etwas dazwischen.«
»Das hier nehme ich an.« Löbler deutete mit dem Finger auf jene Zeitungsseite, die von Eisners Konterfei zierte, und die Kommissare nickten.
»Schlimme Geschichte«, fuhr Löbler fort.
»Kannten Sie Herrn von Eisner denn?«, wollte Hellmer wissen.
»Ja, recht gut sogar. Wir waren Geschäftspartner, Sie wissen ja, wir sind beide Finanzdienstleister, ich bin allerdings nicht mehr im selben Gebäude. Unsere Kontakte waren aber nach wie vor eng.«
»Hm. Haben Sie auch Silvester zusammen gefeiert?«
Julia Durant hatte vollkommen andere Fragen im Kopf gehabt, sie interessierte vor allem der mutmaßliche Suizid von Löblers Frau, doch sie ließ sich zunächst auf die Gesprächsrichtung ein, die Hellmer eingeschlagen hatte und der Löbler offenbar bereitwillig folgte.
»Ja, natürlich, wie jedes Mal in den letzten sieben, acht Jahren«, bestätigte Löbler. Dann, nach kurzem Nachdenken, fügte er hinzu: »Warten Sie, da waren der zweite Irak-Krieg und dann die NEMAX50-Krise. Also 2003, ja, da waren wir zum ersten Mal am Feiern.«
» Daran denken Sie, wenn Ihnen ein Jahr nicht auf Anhieb einfällt?«, fragte Julia erstaunt. »Mir fallen da ganz andere Dinge ein. Für uns war es das erste Jahr nach unserem Umzug ins neue Präsidium, zugegeben, sonst müsste ich auch erst mal überlegen. Ach ja, ich bin auch vierzig geworden in diesem Jahr, aber das tut nichts zur Sache. Genau!«, erinnerte sie sich plötzlich. »Ein paar Tage nach meinem Geburtstag ist Arnold Schwarzenegger nämlich Gouverneur geworden. Sehen Sie? Ich denke nicht in Krisen oder Kriegen, nicht ausschließlich jedenfalls.«
»Wobei ich mich nicht erinnern kann, dass dich auch nur einer der drei genannten Umstände vor Freude hätte jubilieren lassen«, fiel Hellmer ihr in den Rücken. Dann aber nahm er den Faden auf und wandte sich an Löbler: »Ich muss meiner Kollegin aber grundsätzlich zustimmen. Denken Sie in Ihrer Branche tatsächlich in solchen Dimensionen?«
»Einer muss es ja schließlich tun, oder?«, gab Löbler trocken zurück. »Jammern hilft niemandem, weder über Krieg noch über Kurseinbrüche. Unsere Anleger und Klienten vertrauen darauf, dass ihre Investitionen krisenfest sind. Wir sind nicht verantwortlich dafür, dass die USA mit lockerem Finger am Abzug durch die Dritte Welt marschierten, und auch nicht für die anderen Krisen, die entstehen, wenn ein Warlord den anderen um die Ecke bringt. Aber hier zu Hause«, er hämmerte mit Nachdruck die Kuppe seines manikürten Zeigefingers auf die Tischplatte,
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