Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
darfst aber niemals irgendjemandem verraten, dass du das weißt, okay?«
Ein Anflug von Neugier huschte über Tonis Gesicht.
»J.D. hat Graden erzählt, dass du es bist, die immer irgendwann einen Rückzieher macht.«
Toni lehnte sich entgeistert zurück. »Oh.« Sie runzelte die Augenbrauen in dem Versuch, diese Information mit ihren Erfahrungen in Einklang zu bringen. » Ich soll diejenige sein, die einen Rückzieher macht?«
Ich spreizte die Finger. »Behauptet er .«
Toni wirkte verwundert, aber auch nachdenklich. »Kaum zu glauben, dass ich ihn so vollständig missverstehen sollte.«
»Vielleicht nicht vollständig«, gab ich zu bedenken. »Vielleicht handelt es sich bloß um ein Interpretationsproblem. Er hat etwas an dir wahrgenommen, das aus seiner Sicht darauf hindeutet, dass du einen Rückzieher machst, und wurde nervös. Du hast dann wiederum seine Nervosität wahrgenommen und dachtest, er sei auf dem Absprung.«
Toni nickte langsam.
»Die meisten Menschen sind sich ihrer Beziehung so wenig sicher, dass sie sich im Zweifelsfall immer auf die negativste Erklärung stürzen«, fügte ich hinzu.
Toni lächelte mich schief an. »Hab verstanden, Sigmund Freud.« Sie wackelte mit dem Kopf, wie nur sie es verstand. »Vollkommen infiziert von diesem analytischen Zeug.«
»Anna Freud, bitte«, sagte ich. »Sigmund hatte selbst Probleme.«
Toni verdrehte die Augen. »Wie auch immer«, sagte sie. »Bist du sicher, dass Graden da nicht irgendetwas missverstanden hat? Vielleicht hat ihm seine Fantasie einen Streich gespielt.«
»Männer haben keine Fantasie.«
Toni grinste verschmitzt. »Zumindest nicht, wenn es um Psychokram geht.«
Wir lachten, und ich hob mein Glas.
»Auf den anderen Kram«, sagte ich.
Wir stießen an und tranken.
27
D a ich nichts tun konnte, solange ich nicht mit dem Staatsanwalt oder dem ermittelnden Beamten im Mordfall Zack Bayer gesprochen hatte, musste ich eine Menge Zeit totschlagen. Samstagabend traf ich mich mit Graden zu einem spontanen Dinner in unserem Lieblingslokal, dem Pacific Dining Car – einem ehemaligen Speisewagen, den man zu einem eleganten Restaurant mit fantastischem Essen und einer der besten Bars der Stadt umgebaut hatte. Dort hatten wir unser erstes Date gehabt, und so war es für uns nun »unser Lokal«. Am Sonntag drängten mich meine flatternden Nerven dazu, wenigstens irgendetwas zu tun, das mich in dem Fall weiterbringen würde, und so entwarf ich eine To-do-Liste. Ein paar Stunden später stellte ich frustriert fest, dass ich nicht weiterkam, und beschloss, meinen bedauernswerten Hintern, der schon schlaff herabzuhängen begann, endlich mal wieder ins Fitnessstudio zu schleppen.
Montagmorgen war ich das reinste Nervenbündel, weil mir klar war, dass jeden Moment Videos mit Lilah auf YouTube erscheinen könnten. Als ich mir gerade eine vollkommen überflüssige dritte Tasse Kaffee eingeschenkt hatte, klingelte mein Handy. Die Nummer auf dem Display sagte mir nichts.
»Hier ist Larry Gladstein. Eine gewisse Rachel Knight hatte mich angerufen.« Die Stimme klang barsch und reserviert.
Gleich am Montagmorgen ein schlecht gelaunter Staatsanwalt, wer wollte da nicht von Glück sprechen!
»Hallo, Larry. Vielen Dank, dass Sie zurückrufen …«
»Warten Sie, lassen Sie mich gleich etwas sagen«, unterbrach er mich. »Ich habe zu dem Fall nichts mehr mitzuteilen. Wenn Sie Informationen brauchen, fragen Sie bei Media Relations nach. Oder bei dem ermittelnden Polizeibeamten.«
Bei der Chefin der Medienagentur, Sandi Runyon, mal nachzufragen war gar keine schlechte Idee. Sie war ziemlich scharfsinnig und hatte sicher brauchbare Einsichten, warum der Fall versandet war. Und den ermittelnden Beamten, Rick Meyer, würden Bailey und ich ohnehin aufsuchen. Keiner von beiden konnte mir aber die juristische Perspektive vermitteln, und die brauchte ich unbedingt.
»Larry, ich wollte nicht darüber reden, was Sie getan haben und was schiefgelaufen ist«, sagte ich, da mir schon klar war, dass ihm die Besserwisser vermutlich die Bude eingerannt hatten. »Ich habe angerufen, weil wir einen weiteren Mord haben, der mit Ihrem Fall in Zusammenhang zu stehen scheint. Wir brauchen Hintergrundinformationen.«
Einen Moment herrschte Schweigen, dann bat mich Larry, die Sache zu erläutern. Ich erzählte ihm vom Mord an Simon Bayer. Larry schwieg so lange, dass ich mich schon fragte, ob die Verbindung zusammengebrochen war.
»Tut mir leid, das zu hören«, sagte er
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